Auf seinen Namensvetter ist George Soros nicht gut zu sprechen. George W. Bush, der 43. Präsident der Vereinigten Staaten, «gefährdet unsere Sicherheit, verletzt unsere vitalen Interessen und untergräbt amerikanische Werte», donnerte der 74-jährige Soros kürzlich in einem Interview. Der Spekulant und Wohltäter belässt es indes nicht bei harschen Worten, nein, er greift auch zur Brieftasche. Einen zweistelligen Millionen-Dollar-Betrag hat sich das Mitglied der demokratischen Partei sein Lieblingsprojekt «Abwahl von Bush» bislang kosten lassen. Vor einer Woche schaltete er ausgerechnet im «Wall Street Journal» eine zweiseitige Anzeige mit der Schlagzeile «Warum wir George Bush nicht wiederwählen dürfen». Inzwischen tingelt Soros durch Amerika. In den Bundesstaaten, wo es bei der Präsidentenwahl Anfang November auf jede Stimme ankommt, lädt er zu privaten Wahlkampfauftritten ein.

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Soros ist reich. Sehr reich. Nach Berechnungen des Wirtschaftsmagazin «Forbes» beläuft sich sein persönliches Vermögen auf mindestens 7 Mrd Dollar. Das reicht trotzdem nur für Platz 24 im internationalen Club der Milliardäre. Unabhängig vom Vermögen: Wer sich in Amerika so offen gegen den Präsidenten stellt, darf sich nicht wundern, wenn ihm Kritik, zuweilen offener Hass entgegenschlägt. Dennis Hastert, Sprecher der Republikaner im Repräsentantenhaus, unterstellte Soros, in Drogengeschäfte verwickelt zu sein. «Wissen Sie», sagte Hastert während einer Sendung des Murdoch-Fernsehsenders Fox, «ich weiss nicht, wie Soros an sein Geld kommt. Ob von Übersee, aus Drogengeschäften oder sonstwo her». «Eine Unverschämtheit», grollte Soros, mehr fiel ihm nicht ein. Was sollte er auch sagen. Seit ihn ein Gericht in Paris vor zwei Jahren wegen eines Insidervergehens aus dem Jahr 1988 zu einer Geldstrafe von 2,2 Mio Euro verurteilte, hat seine weisse Weste Flecken bekommen.

Ein Kommentar in der «New York Post» die gehört ebenfalls dem konservativen Medienmogul Rupert Murdoch war mit der Schlagzeile «Soros Wahlkampf-Beschiss» versehen worden. Der Autor, John Carlisle vom konservativen National Legal and Policy Center, höhnte, dass Soros' mit grossem Spektakel angekündigte Wahlkampftour quasi unter Ausschluss der amerikanischen Öffentlichkeit stattfinde. Gerade einmal 100 Zuhörer hätten sich in die Universität von Pittsburgh verirrt, um dem «Heuchler» zuzuhören. Soros werfe Bush vor, die Freiheit zu untergraben aber ihn lasse er aus dem Saal werfen, ereiferte sich Carlisle, der bei der Soros-Veranstaltung vor die Tür gesetzt wurde.

Freiheit treibt ihn an

Dabei hat die Freiheit an sich Soros ein Leben lang angetrieben. Am 12. August 1930 wurde er in Budapest geboren. Den Holocaust überlebte der Jude Soros nur, weil sein Vater, ein wohlhabender Rechtsanwalt, der Familie rechtzeitig falsche Pässe besorgte. Nach der Machtübernahme durch die Kommunisten floh Soros als 17-Jähriger nach London. An der London School of Economics machte er 1952 sein Examen.

Soros blieb zunächst in Grossbritannien und schlug sich als Verkäufer von Modeschmuck durch. Das Börsenhandwerk lernte er schliesslich beim Investmenthaus Singer & Friedlander. Doch schon vier Jahre später zog es ihn in die Vereinigten Staaten. Dort arbeitete er bei verschiedenen Brokern, bevor er sich 1969 im Alter von 39 Jahren selbstständig machte. Mit einem Partner kaufte der inzwischen Eingebürgerte einen in Curacao registrierten Offshore-Fonds, benannte ihn in «Quantum» um und verwandelt ihn in einen Hedge-Fonds.

Sichere Ahnung

Fortan zockte Soros mit dem Geld wohlhabender Kunden. Wer mitmachen wollte, musste schon damals mindestens 1 Mio Dollar mitbringen. Der Finanzmagier setzte auf «makroökonomische Trends». Mit schlafwandlerischer Sicherheit ahnte er voraus, welche Richtung Währungen, Aktien und Anleihen einschlagen würden. Schon damals verkaufte Soros Aktien auf Pump, zu einer Zeit, als noch nicht jeder sein Glück als so genannter «Shortseller» versuchte. Quantum wurde das erfolgreichste Produkt seiner Art. In den ersten 30 Jahren erwirtschaftete der Fonds jedes Jahr ein Plus von durchschnittlich 30%. Das verwaltete Vermögen schwoll an: Von 12 Mio Dollar im Jahr 1974 auf 23 Mrd Dollar 1998. Die auf sieben Fonds gewachsene Produktfamilie wird von der Soros Fund Management verwaltet, deren Chef und Verwaltungsratspräsident der 74-Jährige noch immer ist.

Eine Art Weltruhm erlangt Soros, als er 1992 «die Bank von England sprengte». Obwohl eine Börsenweisheit besagt, dass man nie gegen eine Notenbank spekulieren solle, wettete Soros, dass das Pfund Sterling zu hoch bewertet sei. Er katapultierte damals nicht nur das englische Pfund aus dem europäischen Währungssystem, sondern verdiente nebenbei damit mehr als 1 Mrd Dollar. So steht es jedenfalls in den Archiven.

Die Linke hat Soros trotz seiner Wahlkampfhilfe für die Demokraten nie lieb gewonnen. Soros schere sich nicht um die Folgen seiner Spekulationen. Während er Millionen scheffele, hätten Tausende von Menschen unter den vom ihn initiierten Kursstürzen an der Börse zu leiden. Solche Kritik ficht Soros nicht an. Seine PR-Manager heben dagegen den Wohltäter hervor. Über Stiftungen unterstützte er nicht nur die Anti-Apartheitsbewegung in Südafrika, sondern vor allem die Freiheitsbewegungen in Osteuropa.

Nebenbei schrieb er Bücher. Noch vor zwei Jahren warnte er, der Meister der globalen Spekulation, vor den Gefahren der Globalisierung. Sein jüngstes Buch, das achte, widmet sich frei übersetzt der «amerikanischen Blase» und soll «den Missbrauch amerikanischer Macht korrigieren» helfen. Schon als Kind hat Soros einmal über sich selbst gesagt, habe er ein ausserordentliches Sendungsbewusstsein gespürt.

Generationenwechsel: Mehr Macht

Die beiden ältesten Söhne von Financier George Soros, Robert (41) und Jonathan (34), sollen mehr Verantwortung in der Hedge-Funds-Gesellschaft übernehmen: Robert ist bereits im letzten Monat zum Chief Investment Officer für die Investitionsentscheidungen beim 8-Mrd-Dollar-Flaggschiff Quantum Endowment Fund berufen worden. Jetzt werden er und Jonathan Co-Vizechefs der Soros Fund Management LLC. Vater Soros bleibt Chef der Gesellschaft, die 12,8 Mrd Dollar betreut. (hz)