Für den Bauherrn bedeutet der Entscheid zum Gesamtleistungswettbewerb, dass er eine gesamtheitlich optimierte, langfristige Immobilie erwarten kann und erhalten wird, ohne selber Projektmanagementleistungen in den Schnittstellen zwischen Marketing, Planung und Ausführung erbringen zu müssen. Er kann sich auf seine strategischen Aufgaben und das Controlling beschränken. Der Vorteil für den Totalunternehmer (TU) liegt darin, dass er das Produkt beeinflussen kann, indem er seine Erfahrungen aus der Projektumsetzung und falls vorhanden aus den Bereichen Marketing und Planung einbringen kann.
Erfolgreich im Gesamtleistungswettbewerb sind somit nicht die Anbieter mit dem tiefsten Preis, sondern jene mit den besten Ideen, mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Dass dennoch nicht mehr Gesamtleistungswettbewerbe durchgeführt werden, hat verschiedene Gründe: Das Verfahren ist anspruchsvoll und verlangt sowohl auf Besteller- als auch auf Unternehmerseite entsprechend hohe Kompetenz und Einsatz. Ebenso gehen nicht wenige Bauherren davon aus, Vorteile zu erreichen, wenn sie Marketing-, Planungs- und Ausführungsleistungen separat vergeben. Dabei profitieren sie hauptsächlich vom Verhalten von Planern und Generalunternehmern, die ohne Bedingungen zu stellen mit grossem Einsatz an Wettbewerben und Submissionen ihr Angebot unterbreiten. Dass dabei sehr viel Zeit und Geld investiert wird, ohne einen gesicherten Ertrag zu erzielen, ist für einzelne Betriebe volkswirtschaftlich problematisch. Und ob die Summe von günstigen Einzelleistungen auch gesamtheitlich betrachtet ein optimales Resultat bringt, ist zu bezweifeln. Daraus zu folgern, reine Planungswettbewerbe und GU-/TU-Submissionen brächten keine guten Projekte hervor, ist falsch. Aber es gibt zahlreiche Bauaufgaben, bei denen die Durchführung eines Gesamtleistungswettbewerbes bessere Resultate ermöglicht. Zum Vorteil aller Beteiligten setzt man ein der Aufgabenstellung angemessenes Verfahren an, basierend auf klaren, transparenten Grundlagen.
Erfolg durch klare Rahmenbedingungen
Von grossem Vorteil sind Gesamtleistungswettbewerbe vor allem dort, wo seitens Bauherrschaft klare finanzielle und wirtschaftliche Rahmenbedingungen gesetzt werden. Diese können sowohl in limitierten Gesamtkosten als auch bei minimalen Renditevorgaben bestehen. Der Bauherr kann davon ausgehen, dass er auf relativ direktem Weg wirtschaftlich und technisch umsetzbare Projektvorschläge erhält. Auch Bauaufgaben mit sehr spezifischen Nutzeranforderungen können über Gesamtleistungswettbewerbe entwickelt werden, wobei in diesen Fällen das spezifische Know-how entweder vom Bauherrn oder von zuziehenden Spezialisten eingebracht werden muss.
Gerade die Beispiele von Spitalbauten, die auf Grund von Gesamtleistungssubmissionen vergeben wurden, zeigen, dass ohne eine enge Zusammenarbeit zwischen Spezialisten, Bauherr und Totalunternehmer kaum Erfolge zu erzielen sind. Je nach Komplexität der Bauaufgabe ist es notwendig, das Wettbewerbsverfahren zweistufig anzulegen. Die erste Stufe dient dabei der Auswahl der geeigneten Bewerber auf Grund von Referenzen oder von ersten Ansätzen zur Lösung der Bauaufgabe.
Bauherr: Präzise Ziele formulieren
Um optimale Projektvorschläge zu erhalten, diese bewerten und vergleichen zu können, müssen die Anforderungen der Bauherren möglichst präzise formuliert werden. Gemeint ist damit nicht, dass die Bauherrschaft generell sehr detaillierte Beschreibungen abgibt, sondern vor allem die wichtigsten Ziele, die erreicht werden müssen, definiert. Wenig hilfreich sind dabei Anforderungskataloge, die sämtliche Aspekte als wichtig bezeichnen, von der Wirtschaftlichkeit über die Architektur, von der Nachhaltigkeit bis zu den geringen Unterhaltskosten. Prägnante und für den Bauherrn schlussendlich werthaltige Lösungen können erreicht werden, wenn die Anforderungen auf die wichtigsten Aspekte beschränkt werden, die dann aber sehr präzise formuliert sind.
Damit der Bauherr keine finanziellen Risiken eingeht, wird zum Projekt eine Kostendachgarantie abgegeben.
Interessante Wettbewerbsansätze können aber auch darin liegen, dass der Bauherr eine bestimmte zu garantierende Rendite oder einen zu erzielenden Landertrag fordert, ohne aber weitere Vorgaben bezüglich Nutzungen, Gestaltung usw. vorzugeben. Dem Bewerberteam bietet sich mit dieser Ausgangslange ein sehr grosser und motivierender Spielraum für die Findung der optimalen Resultate. Der Bauherr wird mit derart offenen Vorgaben einen breiten Strauss an verschiedenartigen Lösungsvorschlägen erhalten.
Die Bewertung dieser Resultate ist einerseits einfach, da die Einhaltung der wichtigsten Anforderungen überprüft werden kann, anderseits anspruchsvoll, da aus den besten Lösungsvorschlägen diejenigen ausgewählt werden müssen, die auch die übrigen Aspekte gut erfüllen. Der Bauherr kommt nicht darum herum, sich Fachkompetenz anzueignen oder zuzuziehen, um die Lösungsansätze adäquat zu prüfen und zu bewerten.
Somit wird das Auswahlverfahren für die Teilnehmer an Gesamtleistungswettbewerben berechenbarer und belohnt jene, die sich ernsthaft mit den Anforderungen des Bauherren auseinander setzen. Bei einer hohen Zahl von nicht gewichteten Anforderungen fällt dies natürlich schwer, und so kommen immer wieder Entscheide zu Stande, die aus Sicht der Anbieter nicht nachvollziehbar sind.
Win-Win-Situation für sämtliche Beteiligten
Aus einer gesamtheitlichen Optik schlussendlich auch aus gesamtwirtschaftlichen Überlegungen spricht vieles für den Gesamtleistungswettbewerb. Der Bauherr erhält ein wirtschaftliches, auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot. Dem Totalunternehmer bietet sich die Chance, sein gesamtes Wissen einbringen zu können und so eine höhere Wertschöpfung zu generieren.
Durch den Gesamtleistungswettbewerb ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Bauherr und Totalunternehmer notwendig. Basis für diese Zusammenarbeit in der Phase der abschliessenden Angebotsdefinition sind Offenheit, Transparenz und Vertrauen.
Philipp Peikert, dipl. Architekt ETH/SIA, Gesamtleiter, Peikert Contract AG, Zug.