Er präsentiert sich als Bildband, der die Geschichte einer grossen Reise auf dem indischen Ganges erzählt. Er kommt als mit Zahlen bedruckte Papiertasche daher, der die Geschichte einer erfolgreichen Detailhandelskette illustriert. Er hat das Format eines Taschenbuchs und rapportiert in eindrücklichen Bildern die Geschichte von Bauwerken am Zürichsee, in Luzern und Vernier GE.

Die Rede ist von drei Geschäftsberichten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und doch eines gemeinsam haben: Sie sind die schönsten im Schweizer Geschäftsberichte-Universum. Kuoni, Migros und Implenia wurden im diesjährigen BILANZ-Geschäftsberichte-Rating von der Gestaltungsjury als Sieger gekürt. Kuoni brillierte wie schon letztes Jahr mit einer Perfektion, die alle anderen in den Schatten stellte. Klare Typografie, stilvolles Layout, schöne Bilder, packende Storys und eine überzeugende Gesamtschau in den drei Teilen des Geschäftsberichts haben die Jury einmal mehr überzeugt: Kuoni ist in Sachen Kreativität derzeit nicht zu schlagen. Ein Detail sorgfältigen Schaffens: Die drei Bände werden in einer individuell nummerierten Kartonschachtel geliefert, deren Innenseite mit der Fotografie eines exotischen Strandes illustriert ist. Dies kommentiert Jurypräsident Peter Vetter von Coande Communication and Design mit den Worten: «Gegenüber dem letzten Jahr hat Kuoni sich nochmals klar verbessert.»

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In Schönheit sterben. Die Migros liegt bei der Gestaltung auf Platz 2. Der orange Riese ist immer wieder für eine Überraschung gut. Er findet sich seit Jahren konstant unter den Schönsten. Letztes Jahr gewann er Bronze, 2008 gar Gold. Überzeugt hat Migros die Jury in diesem Jahr mit einer überaus originellen Idee. Statt der Printversion des Geschäftsberichts hat sie die wichtigsten Kenndaten auf eine Einkaufstasche und eine Postkarte gedruckt. Der detaillierte Geschäftsbericht – aufgewertet mit Zusatzinformationen – ist nur im Internet abrufbar. «Bei Migros», sagt Vetter, «bewertete die Jury nicht die gedruckten Berichte allein, sondern würdigte die innovative konzeptionelle Gesamtleistung.» Bei der medienübergreifenden Bewertung, die neben der Gestaltung auch die Website berücksichtigte, eroberte Migros gar den ersten Rang.

Ein Neuankömmling unter den Prämierten ist der Bau- und Immobilienkonzern Implenia. Überzeugt hat die Jury die Gesamtkonzeption des Geschäftsberichts. Die Ästhetik des Deckblatts ist einfach, klassisch und schön. Die belletristische Anmutung verführt zu irrigen Annahmen. Dass es sich um den Geschäftsbericht handelt, ist erst auf den zweiten Blick ersichtlich. «Implenia», so die Jury, «hat einen eigenständigen, originellen und anspruchsvoll gestalteten Bericht vorgelegt.»

Implenia schaffte es bei der Gesamtwertung nicht in die Top 20. Beim Value Reporting ist der Bauriese nicht einmal unter den ersten 50 aufzufinden, so schlecht schnitt Implenia ab. Und die Migros fiel – ohne schriftlichen Geschäftsbericht – ohnehin aus den Rängen. Im Value Reporting scheint der orange Riese gar nicht auf.

Bei der Gesamtwertung 2010 waren zwei Geschäftsberichte schon im vergangenen Jahr auf dem Podest: Kuoni und Credit Suisse. Neu dazugekommen ist Sarasin. Wie schon im letzten Jahr wählte die Gesamtjury, diesmal unter dem Vorsitz von Stephan Howeg von Adecco, unter den 20 Favoriten in zwei Schritten die drei Sieger aus. Jedes Jurymitglied stellte in einer ersten Runde nach einem Kriterienkatalog eine persönliche Shortlist zusammen, die in einer gemeinsamen Diskussion bereinigt wurde. Aus dieser Shortlist wurden dann in langen und intensiven Diskussionen die ersten drei gewählt. Es gab wie immer keine Abstimmung, die Jury musste sich im Konklave einigen. «Es war eine lebhafte Diskussion und ein konstruktiver Dialog», sagt Howeg. Alle Mitglieder der Juy seien bestens vorbereitet gewesen.

Spitzentrio hebt ab. Dass Kuoni den Sieg davontragen würde, war von vornherein offensichtlich. Der Reisekonzern ist derzeit einfach nicht zu überbieten. So heisst es in der Laudatio von Thomas Truttmann von McDonald’s Schweiz, «dass es Kuoni geglückt ist, das letztjährige Siegerkonzept in allen Belangen qualitativ noch einmal deutlich zu steigern». Dabei habe der Bericht nichts an Transparenz, Klarheit und Eleganz eingebüsst.

Silber holte sich die Grossbank Credit Suisse – wie schon im vergangenen Jahr. Dabei ist der Bericht übers Jahr deutlich besser geworden. Gemäss der Jury ist es gelungen, «ein bewährtes Konzept in Details zu verfeinern und interessant zu halten». Hervorgehoben hat die Jury auch die Bildgestaltung, die Leserfreundlichkeit des umfangreichen Berichts wie auch die Wahl der Schriften, der Typografie und der grafischen Elemente.

Neu zum Triumvirat der Gesamtsieger gesellt hat sich die Bank Sarasin. Bei den Schönsten ist sie auf den 8. Platz vorgerückt, bei den Informativsten fiel sie vom 10. auf den 31. Rang zurück. «Sie hat mit dem Geschäftsbericht 2009 einen ganz grossen Schritt nach vorne gemacht», sagt Lukas Marty von der Beratungsfirma KPMG in seiner Laudatio. Der Geschäftsbericht vermittle die an sich nicht sonderlich farbige Private-Banking-Landschaft auf eine ansprechende Art und Weise. Insbesondere das Geschäftsmodell werde einfach und verständlich erklärt. Jurymitglied und Kommunikationsberater Andreas Jäggi lobt: «Bei Sarasin kann man viel über die Branche lernen.» Andere Jurymitglieder meinten, es seien nicht alle Geschichten so top.

Sarasin – der Aufsteiger. Viele sind es nicht, die es jeweils neu in die Topliga schaffen. «Es etablieren sich immer ungefähr dieselben Geschäftsberichte in den oberen Rängen», notieren auch die Mitglieder der verschiedenen Jurys. Darunter befinden sich die grossen Konzerne, die Banken, die Pharma, SBB, Swisscom, die Grossverteiler und einzelne Versicherer. Selten genug ist auch ein Industriebetrieb dabei wie Sulzer, Sika, Straumann oder Georg Fischer. Im Fünf-Jahres-Vergleich hat es jedenfalls nur Straumann zweimal unter die Top 3 geschafft – beide Male als Sieger –, während Credit Suisse und Novartis gleich dreimal im Siegertrio waren.

Dennoch hat sich einiges getan bei den 50 Schönsten. Zwar finden sich sechs alte unter den ersten zehn, zu verzeichnen sind aber auch drei Neuzugänge (Implenia, Sarasin und Suva). Straumann wiederum verbesserte sich von Rang 14 auf 9. Unter den ersten 20 figurieren 6 neue Firmenberichte, bei den Top 50 sind es gar 19. Von den schon 2009 gelisteten Firmen hat die Gestaltungsjury 3 auf demselben Platz eingereiht wie im Vorjahr, 19 sind abgestiegen, 9 aufgestiegen. Konstant in den Spitzenrängen finden sich Kuoni, Migros, Credit Suisse, Valora, Bank Coop und die Basler Kantonalbank. Abgestiegen sind die Basellandschaftliche Kantonalbank, Swisscom, Orell Füssli, Swiss Life, BKW FMB Energie oder Givaudan (siehe Tabelle «Die 50 Schönsten» im Anhang).

Beim Value Reporting sind die Rochaden weniger intensiv. Von den 50 besten Berichten sind nur 9 neu dazugekommen, darunter Sonova (Platz 2), Daetwyler (15), Die Post (17), Charles Vögele (19), Panalpina (33) oder Kaba (49). 16 Geschäftsberichte haben den Aufstieg geschafft, 3 sind auf demselben Platz geblieben, 22 sind abgestiegen. Straumann ist von Rang 8 auf den obersten Podestplatz vorgerückt, die Credit Suisse vom 27. auf den 3.  Rang. Im Ranking der Informativsten konstant an der Spitze befinden sich Straumann, Georg Fischer, Roche und Sika. Stark verbessert haben sich CS, ZKB, Swisscom, Tecan, Kuoni und Galenica. Tecan etwa ist vom 46. auf den 10. Platz vorgerückt, Swisscom von Platz 24 auf Platz 8, und die ZKB hat 5 Ränge auf Platz 6 gutgemacht (siehe Tabelle «Die 50 Informativsten» im Anhang).

«Die Vielfalt der Geschäftsberichte ist immer wieder überaus eindrücklich», sagt Professor Rudolf Volkart, Präsident der Jury Value Reporting. Von nüchterner Pflichterfüllung bis hin zu Unternehmen, die eine richtige Kür lieferten und die Investoren mit zusätzlichen, freiwilligen Informationen versorgten, fänden sich sämtliche Schattierungen. Immerhin hat er festgestellt, dass die Berichte über alles gesehen höher einzustufen sind als vor einem Jahr. Markant besser geworden sind sie gemäss Jury in den Bereichen der Management-Diskussion, der Analyse des Jahresabschlusses und bei der wertorientierten Unternehmensführung.

CS top im internet. Straumann, der diesjährige Sieger beim Value Reporting, erfüllte die Anforderungen der Jury in hohem Masse. Die Medizinaltechnik-Firma liegt mit der Note 5,19 deutlich an der Spitze. Der Geschäftsbericht ist besonders übersichtlich und zeichnet sich durch eine sehr transparente Aufbereitung der relevanten Sachverhalte aus. «Die Möglichkeiten eines Geschäftsberichts werden hier optimal genutzt, um die Equity-Story und die Charakteristika der anspruchsvollen Produkte an den Adressaten zu bringen», sagt Volkart. Straumann benutzt schön illustrierte Märchen der Gebrüder Grimm, von Hans Christian Andersen und aus «1001 Nacht» als Transportmittel für die Präsentation ihrer Produkte.

Den zweiten Platz bei den Informativsten belegt der Hörgerätehersteller Sonova. «Der Geschäftsbericht», sagt Volkart, «besticht durch sehr gute Informationen in allen Kategorien, wobei die besten Noten bei nichtfinanziellen Sachverhalten erzielt wurden.» Den dritten Platz belegt Credit Suisse, die vorab im Bereich Risikomanagement und in der damit verbundenen Glaubwürdigkeit besonders positiv heraussticht.

Abgeräumt hat die CS auch bei der Kür der Internetsites. Die Grossbank gefiel der Jury unter Bernhard Schweizer von der Kommunikationsagentur Sensus «durch eine gute Balance von Informationsmenge und Gestaltung». Allerdings betont die Jury, dass die bestrangierten drei Websites alle sehr nah beieinanderlagen. Der Vorjahressieger, Georg Fischer, überzeugte die Jury durch eine vom Informationsgehalt her mustergültige Website, während die UBS auf dem dritten Rang beim Informationsgehalt und bei der Navigation viele Punkte sammelte.

Bei der Online-Bewertung gab es die grössten Rochaden. Unter den Top Ten finden sich sieben neue. Neben Sieger Credit Suisse haben es nur Georg Fischer und Nobel Biocare wieder in die Topliga geschafft. Hinausgekippt sind unter anderem Schwergewichte wie Roche, Novartis und Sonova.

Insgesamt ist der neuste Jahrgang der Geschäftsberichte gegenüber dem Vorjahr nochmals besser geworden, wie Jurymitglieder einhellig berichten. Verbesserungspotenzial ist allemal vorhanden. Dies belegt das Beispiel Novartis im gestalterischen Bereich. Seit sechs Jahren pflegt der Pharmakonzern dasselbe Konzept – eine zwar hervorragend gestaltete Bildstrecke aus dem Gesundheitsbereich. Aber: «Hier fehlt es ein wenig an Innovation», sagt Peter Vetter von der Gestaltungsjury. Auch inhaltlich liegt noch einiges im Argen, wie Rudolf Volkart von der Inhaltsjury sagt: «Viele Unternehmen haben im Sustainability Reporting, bei der Offenlegung der Zielvorgaben, bei den Daten zur Wertschaffung oder in der Mitarbeitersituation Nachholbedarf.» Lediglich 25 Prozent der Geschäftsberichte erreichten bei der Nachhaltigkeit eine genügende Note. Volkarts Fazit: «Das ist eindeutig zu wenig.»