Die Insel Gruppe ist zweifellos ein gutes Beispiel für gelebte Diversität und Pluralität: Die 12 000 Mitarbeitenden stammen aus über hundert Nationen und aus ganz unterschiedlichen sozioökonomischen Milieus. Sie sind in den Spitälern in sehr vielfältigen Berufsfeldern tätig.
Privat versuchen sie, ihre individuellen Lebensentwürfe zu verwirklichen, die ein breites Spektrum unserer pluralistischen Gesellschaft abdecken. Was zumindest beruflich alle vereint, ist das Bestreben, Menschen eine umfassende Gesundheitsversorgung zu bieten.
«Diversität, Gleichstellung und Mutterschutz sind für uns deshalb wichtige Themen; wir haben dafür schon viel investiert, und wir werden auch in Zukunft in diese Bereiche weiterhin viel investieren», sagt Michèle Bürgi-Hadorn, Leiterin HR Entwicklung und Gewinnung. Das Unternehmen will seinen Anspruch, bei der Gleichstellung zu den führenden Unternehmen der Schweiz zu zählen, also weiter untermauern.
Fachstelle Gleichstellung
Für die operative Umsetzung der Bemühungen ist die 2018 geschaffene Fachstelle Gleichstellung verantwortlich. Sie agiert auch als vertrauliche Anlaufstelle und bietet allen Mitarbeitenden persönliche Beratung. Der Katalog der von der Spitalgruppe in den vergangenen Jahren ergriffenen Massnahmen, mit denen Gleichstellung verwirklicht werden soll, ist bereits lang, und er wird laufend erweitert.
Er umfasst unter anderem neue Arbeitsmodelle mit Jobsharing- und Topsharing-Möglichkeiten, eine Kampagne gegen sexuelle Belästigung und den Ausbau der Kindertagesstätte. Bei Mutter-/Vaterschaft gewährt die Insel Gruppe unbezahlten Urlaub für Frauen und Männer von bis zu sechs Monaten. Ausserdem bezahlt sie einen Vaterschaftsurlaub von drei Wochen.
Verschiedene Initiativen der Spitalgruppe zielen darauf ab, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu fördern, zum Beispiel ein mit der FHNW lanciertes Projekt für Ärztinnen und Ärzte. Oder das «Sportcamp Kinder», mit dem während der Sommerferien die Eltern entlastet werden.
Die heute bereits erreichte Form von Gleichstellung zeigt sich auch in Auszeichnungen wie dem Swiss LGBTI-Label, mit dem die Insel Gruppe seit 2019 zertifiziert ist. Weiter ist sie Mitglied von Trans Welcome und engagiert sich bei der EqualVoice-Initiative. Die mittlerweile strategische Bedeutung von Gleichstellung beweisen die verschiedenen Kennzahlen, mit denen das Thema regelmässig systematisch erfasst und analysiert wird.
Daraus geht deutlich hervor, dass die Spitalgruppe in Bezug auf Lohngleichheit schon weit fortgeschritten ist, was auch durch das Zertifikat VCGL (Verein für Chancen- und Lohngleichheit) bestätigt wird. Aus der regelmässigen Auswertung der Lohndaten durch eine externe Firma lässt sich herauslesen, dass Frauen in der Insel Gruppe aktuell bei gleicher Arbeit «nur» noch 2,4 Prozent weniger als Männer verdienen.
Diversitäts-Initiative
Im Sommer 2021 hat der Verwaltungsrat der Insel Gruppe beschlossen, den Gleichstellungsmotor weiter zu beschleunigen. Er hat zu diesem Zweck intern eine entsprechende Initiative lanciert. Die Gleichstellungsziele werden darin nochmals genauer definiert. Die Rede ist aktuell von inklusiver Unternehmenskultur, gleichen Rechten, chancengleichen Karrieremöglichkeiten, Lohngleichheit und einem respektvollen Umgang zwischen allen Mitarbeitenden in den Spitälern. Der Verwaltungsrat hat eine «Kommission für Diversität» nominiert, die nun die übergeordneten Ziele und Handlungsfelder präzisieren und einen Aktionsplan erarbeiten soll. Es gehe im Unternehmen letztlich um die Verwirklichung einer Vision, heisst es. «Wir sind als Alle-Generationen-Unternehmen demografisch so breit aufgestellt, dass der Kulturwandel sprichwörtlich alle Facetten des menschlichen Lebens umfassen und alle gesellschaftlichen Realitäten widerspiegeln sollte», sagt HR-Managerin Michèle Bürgi-Hadorn.
Wichtige Dimension
Fachleute im Gesundheitswesen sind wie kaum eine andere Berufssparte mit der soziokulturellen Vielfalt der Bevölkerung unmittelbar konfrontiert. Ihre Institutionen sind logischerweise für jeden und jede offen. Auch das Bundesamt für Gesundheit BAG setzt sich deshalb dafür ein, dass ihre Kompetenzen im Umgang mit Diversität gestärkt werden.
Denn Fachleute im Gesundheitswesen müssen damit rechnen, dass die Verständigung mit Patientinnen und Patienten nicht immer problemlos funktioniert. Aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Lebenssituation haben sozial benachteiligte Personen (insbesondere in der Schweiz lebende Migrantinnen und Migranten) mitunter spezifische Bedürfnisse hinsichtlich Gesundheit und Krankheit. Diesem Umstand sollten die medizinische Versorgung und die Ausbildung von Fachleuten gerecht werden, damit eine gute Versorgungsqualität und die Patientensicherheit gewährleistet sind. Auch diese Dimension ist wichtig beim Bemühen um mehr Diversität im Gesundheitswesen.
Die Toleranzschwelle des Bundes liegt bekanntlich bei einem Lohnunterschied von über 5 Prozent. Stellt man bei der Lohnauswertung gar auf die Bemessungskriterien des GAV der Berner Spitäler ab, sinkt die gesicherte Lohndifferenz auf 1,0 Prozent. «Dieses erfreuliche, aber noch nicht ‹ausgeglichene› Ergebnis stärkt uns im Bemühen, die Lohngleichheit weiter voranzutreiben», so Bürgi-Hadorn.
Auch in Bezug auf die Frauenanteile beim Personal steht die Spitalgruppe grundsätzlich gut da.
Das ist zwar nicht sonderlich überraschend, wenn man an die vielen «klassischen Frauenberufe» im Gesundheitswesen denkt. Das positive Bild relativiert sich allerdings beim Blick auf die Spitalhierarchie.
Derweilen in den untersten Stufen und Funktionen die Frauen in der Überzahl sind, sinkt deren Anteil, je weiter es auf der Kadertreppe nach oben geht. Im mittleren Kader auf Stufe Oberärztinnen liegt der Frauenanteil zwar bereits bei über 50 Prozent.
Er sinkt aber im oberen Kader auf Stufe Leitender Arzt/Leitende Ärztin auf 27 Prozent. Im Topkader, also bei den Chefärztinnen und -ärzten, bleiben die Männer mit einem Anteil von 84 Prozent weiterhin mehrheitlich unter ihresgleichen. Das Ziel der ausgeglichenen Vertretung von Frauen auf sämtlichen Kaderstufen sei zwar noch nicht erreicht, räumt Bürgi-Hadorn ein.
«Aber die Insel Gruppe befindet sich mit laufend steigenden Frauenanteilen in der Ärzteschaft insgesamt und in den mittleren Führungsfunktionen auf gutem Weg», heisst es weiter.
Erweiterter Geschäftsbericht
Damit die Diversitätskultur im Spitalalltag gelebt wird, ist sie sowohl im Code of Conduct wie auch in den Führungsgrundsätzen der Insel Gruppe länger schon fest verankert. «Wir fördern diese Kultur aktiv und wir definieren sie als strategische Führungsaufgabe, die alle Aspekte des Miteinanders durchdringen muss», betont Bürgi-Hadorn.
«Wie bei jedem Kulturwandel ist es auch beim Thema ‹Gleichstellung und Diversität› wichtig, hartnäckig zu bleiben»
Michèle Bürgi-Hadorn, Leiterin HR Entwicklung und Gewinnung
Entsprechend wird das Management gezielt zu Aspekten wie Unconscious Bias oder auch zu arbeitsrechtlichen Implikationen geschult. Offene Stellen sind gemäss verbindlichem Sprachleitfaden gendergerecht auszuschreiben.
Auch die bereits erwähnte Kampagne gegen sexuelle Belästigung ist Teil der Massnahmen, die Diversitätskultur fördern sollen. Weiter gehört dazu, dass neuerdings im Geschäftsbericht im Kapitel «Nachhaltigkeit, Diversität & Soziales» über die jeweiligen Fortschritte genau Rechenschaft abgelegt wird.
Solche Transparenz, auch gegenüber Eigentümern, ist für alle Firmen wichtig. Sie signalisiert, dass das Thema nicht mehr als ein «Schönwetter-Thema» oder ein «weiches Thema» behandelt wird, sondern als geschäftskritisch gesehen wird.
«Wie bei jedem Kulturwandel ist es auch beim Thema ‹Gleichstellung und Diversität› wichtig, hartnäckig zu bleiben», meint Bürgi-Hadorn. Um alle Veränderungen nachhaltig im Bewusstsein zu verankern, benötige man viel Zeit und Beharrlichkeit.