Wie alle Firmen im Reisemarkt ist auch das Schweizer Online-Tourenportal Getyourguide stark von der touristischen Baisse betroffen. Zwar glaubte das Unternehmen noch im Mai, ohne Entlassungen über die Runden zu kommen.

Doch die damalige Botschaft «Zero business, zero layoffs» funktionierte nicht. Jüngst wurde bekannt, dass sich die Tech-Firma mit Hauptsitz Berlin von neunzig Mitarbeitenden trennen muss, knapp einem Sechstel der Belegschaft.

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Jetzt macht das Unternehmen, dem letztes Jahr noch über 400 Millionen Euro Frischgeld zuflossen, einen ungewöhnlichen Schritt: Getyourguide stellt eine Excel-Liste mit Namen, Fähigkeiten und beruflichen Wunschstandorten entlassener Mitarbeitender frei zugänglich ins Internet.

Ex-Getyourguide-Angestellte Anisha etwa, heute in Berlin tätig, würde ihr Marketingwissen gern in ganz Europa einsetzen; Gemma, als Destination-Manager in Barcelona aktiv, könnte sich auch London oder Amsterdam als Ort ihres Business-Wirkens vorstellen. Die Liste lässt sich über das Linkedin-Profil von Getyourguide einsehen.

Schnelle Hilfe für eine neue Stelle

Die Absicht der Firma hinter dieser Online-Öffentlichkeitsmachung: den Abgebauten zu helfen, möglichst bald eine neue Stelle zu finden. Die Teilnahme auf der Liste sei für die Ex-Mitarbeitenden freiwillig gewesen, sagte ein Getyourguide-Sprecher dem «Handelsblatt», einige hätten sich dagegen entschieden.

Die Liste auf Linkedin

Sie mussten bei Getyourguide gehen: 68 Stellenprofile, jeweils mit Name, Vorname, Expertise, Anstellungsort, umfasst die sogenannte «GetYourGuide Alumni Directory», die das Unternehmen per Linkedin geteilt hat.

 

Der grosse Teil der neunzig Abgebauten aber figuriert auf dem «Getyourguide Alumni Directory», 68 Köpfe umfasst die Ad-hoc-Online-Stellenbörse, jeweils mit Name, Vorname, Expertise, Anstellungsort.

Dass eine Firma die Namen entlassener Fachkräfte öffentlich macht, habe er «noch nie erlebt und noch nie gesehen», sagt Personalexperte Matthias Mölleney. Die Grundidee, den Ex-Angestellten mittels Schaffung von Öffentlichkeit schnell zu einer neuen Anstellung zu verschaffen, findet Mölleney «grundsätzlich super». Mit einer Einschränkung. «Man müsste die Leute gezielter vermitteln.

Also etwa Fachkräfte mit Verkaufsexpertise nur an Empfänger weitergeben, die auf diesem Gebiet tätig sind.» Wenn man eine Gesamtliste öffentlich mache, so Mölleney, führe das dazu, «dass unnötig Daten geteilt werden».

Anders sieht das Claudia Bolliger-Winkler, Chefin der Digital-Stellenvermittlung Lionstep: Weil «die Stellenprofile und Skills teilweise etwas allgemein formuliert» seien, helfe es bei der Vermittlung, gleich alle Köpfe beisammen zu haben. Würde man die Namen nur nach Spezialisierung veröffentlichen, könnte das die Wahrscheinlichkeit einer Besetzung schmälern.»

Keine Stellenvermittlerkonkurrenz

Bolliger-Winkler kennt den Ansatz der Öffentlichkeitsmachung von entlassenen Personen aus den USA; zu diesem Mittel hätten dortige Tech-Firmen seit Corona-Ausbruch schon öfters gegriffen. Zum Beispiel Airbnb hat zu dieser Methode gegriffen, als sie Mitarbeiter entassen mussten (hier), auch Tripadvisor, Linkedin und der E-Zigarettenhersteller Juul, der sich kürzlich wieder aus der Schweiz zurückgezogen hat.

Eine Konkurrenz zu herkömmlichen Stellenvermittlern sei das nicht, sagt Bolliger-Winkler. Im Gegenteil, es sei eher eine Steilvorlage zur eigenen Vermittleraktivität: «Als wir die Liste gesehen haben, sind wir gleich aktiv geworden. Die ersten Jobinterviews finden in den nächsten Tagen statt.»

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