Für die Raiffeisen-Gruppe hat das Jahr 2018 im Zeichen der Aufarbeitung der Ära des früheren Konzernchefs Pierin Vincenz gestanden. Die Neubewertung der unter Vincenz aufgebauten Beteiligungen führte zu einem starken Rückgang des Gruppengewinns.
Die Kunden liessen sich aber offenbar nicht vergraulen: Die Bankengruppe konnte im Hypothekargeschäft konnte die Gruppe auch im vergangenen Jahr deutlich wachsen und verzeichnete auch einen weiteren Neugeldzufluss.
Die Ende Januar angekündigte Überprüfung sämtlicher Beteiligungen von Raiffeisen Schweiz auf deren Werthaltigkeit führte zu Sondereffekten in der Höhe von 270 Millionen Franken, wie Raiffeisen nun am Freitag mitteilte. Der Gruppengewinn sackte in der Folge um 41 Prozent auf 541 Millionen Franken ab. In den Sondereffekten enthalten sind auch Rückstellungen über 69 Millionen für die vor Monatsfrist angekündigte vollständige Übernahme der IT-Tochter Arizon.
Trotz der zahlreichen Negativ-Schlagzeilen um die Bankengruppe im vergangenen Jahr stieg die Anzahl Kunden und der Genossenschaftsmitglieder im vergangenen Jahr weiter an. Erfreut zeigte sich Raiffeisen in der Mitteilung auch über den weiteren Geldzufluss im Umfang von 6,3 Milliarden Franken. Bereinigt um den Verkauf der Privatbank Notenstein La Roche seien die Kundeneinlagen um knapp 3 Prozent auf 165,7 Milliarden Franken angestiegen, heisst es.
Marktanteil ausgebaut
Im Hypothekarmarkt konnte die Raiffeisen-Gruppe mit einem Anstieg der Kreditforderungen um 4,0 Prozent auf 179,6 Milliarden Franken weiter deutlich wachsen und damit die Marktposition sogar noch leicht ausbauen. Der Marktanteil von Raiffeisen im Hypothekarmarkt erhöhte sich laut Angaben der Bankengruppe auf 17,6 Prozent nach 17,5 Prozent im Vorjahr.
Im wichtigsten Geschäft der Gruppe, dem Zinsengeschäft, ging der Ertrag um 0,9 Prozent auf 2,23 Milliarden Franken zurück. Der Grund waren aber etwas angestiegene Wertberichtigungen für gefährdete Kredite. Rückläufige Zahlen weist Raiffeisen auch im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft aus (-8,8 Prozent auf 451 Millionen Franken), was allerdings auf den Verkauf der Vermögensverwaltungstochter Notenstein La Roche zurückzuführen sein dürfte.
Die Sonderfaktoren aus der Vincenz-Ära drückten auch auf das Kosten-Ertrags-Verhältnis. Im Vergleich zur Vorperiode verschlechterte sich dieses auf 64,9 Prozent von vorher 60,8 Prozent.
Jahr der Aufarbeitung
Insgesamt sei 2018 für Raiffeisen ein «Jahr der Aufarbeitung und des Neustarts» gewesen, schreibt die Gruppe. Raiffeisen hatte für zahlreiche Negativschlagzeilen gesorgt, nachdem der 2017 zurückgetretene frühere Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz wegen dem Vorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung von der Zürcher Justiz in Untersuchungshaft gesetzt worden war. In der Ära des umtriebigen Vincenz hatte Raiffeisen Schweiz zwischen 2012 und 2015 durch Zukäufe von Beteiligungen neue Geschäftsbereiche im Wert von über eine Milliarde Franken aufgebaut.
In der Folge der Verhaftung des früheren CEO traten im Jahresverlauf der Raiffeisen-Verwaltungsratspräsident Johannes Rüegg-Stürm wie auch zahlreiche weitere Verwaltungsräte zurück, und auch Vincenz-Nachfolger Patrik Gisel musste den Hut nehmen. Heftigen Tadel für die Amtsführung unter Vincenz gab es zudem von der Finanzmarktaufsicht Finma.
Mit der eigenen unabhängigen Untersuchung zur Ära des früheren Konzernchefs Vincenz sowie der personellen Erneuerung der Bankspitze sei «der Grundstein für die Weiterentwicklung gelegt» worden, gibt sich Raiffeisen nun überzeugt. Mit dem Verkauf der Privatbank Notenstein La Roche an Vontobel habe Raiffeisen Schweiz die Entflechtung der Unternehmensstrukturen «fast abgeschlossen».
2019 soll für die Gruppe nun ein «Jahr des Übergangs» werden. Man werde die Massnahmen zur Erneuerung «grösstenteils abschliessen», um sich verstärkt bankstrategischen Fragestellungen widmen zu können, kündigt das Institut an. Im Fokus stehe dabei der weitere Ausbau der Beratungsdienstleistungen und -kompetenzen.
(awp/mlo/tdr)