Ivan Glasenberg, der CEO von Glencore, hat vor der Generalversammlung den Gegnern des vielfach kritisierten Rohstoffmultis die Stirn geboten - via Presse. Er lud Journalisten in sein Büro ein. Neue Vorwürfe zu Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen, die NGOs am Dienstagabend veröffentlichen, wies er bei dieser Gelegenheit als haltlos zurück.
Es ist vier Jahre her, seit Ivan Glasenberg den heimischen Medien letztmals Rede und Antwort stand. Damals ging es um die Fusion mit dem Zuger Bergbaukonzern Xstrata. Am Montagabend am Hauptsitz von Glencore in Baar öffnete er wieder einmal die Türen und zeigte sich sehr betroffen über den schlechten Ruf des Konzerns in der Schweiz und die immer neuen Anschuldigungen.
«Wir sind keine Spekulanten»
«Wir sind eine verantwortliche Firma, wir sind keine Spekulanten», sagte Glasenberg. Neben dem Handel sei Glencore mit seinen 155'000 Mitarbeitenden einer der grössten Förderer und Verarbeiter von 90 Rohstoffen wie Kupfer, Kobalt, Kohle, Öl bis Zink.
Seit der Fusion mit Xstrata, die viele Minen in armen rohstoffreichen Ländern eingebracht hatte, steht Glencore noch stärker unter Beschuss der Nichtregierungsorganisationen (NGO). Die neuste Kritik stammt einem Schattenbericht über Glencores Operationen in Lateinamerika, der Dienstagabend veröffentlicht werden soll und den die internationale NGOs über fünf Jahre recherchiert haben. Unter den NGOs befinden sich die Schweizer Multiwatch und die Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien.
Neue konkrete Vorwürfe
Der Bericht enthält eine detaillierte Auflistung von Umwelt- und Gesundheitsschäden sowie Menschenrechtsverletzungen, die Glencore in und um Minen in Kolumbien, Argentinien, Peru und Bolivien verursacht haben soll. Das Fazit des Berichts: Glencore lege die wirklichen Auswirkungen des Bergbaus und die negativen Konsequenzen der Operationen auf die betroffenen Gemeinschaften nicht offen.
Glasenberg liess die Nachhaltigkeitschefin Anna Krutikov auf den Bericht eingehen. Viele der Vorwürfe, wie derjenige der Wasserverschmutzung, betreffen laut Krutikov nicht Glencore. Andere Firmen seien dafür verantwortlich. Die NGOs hätten die Komplexität der Lage nicht erfasst.
Wie die Gegenseite zitiert sie Studien, die Glencore Recht geben sollen. Glasenberg betont: «Wir arbeiten in keiner unserer Minen unethisch.»
Glencore hält an der Schweiz fest
Auf die Frage der sda, ob er demnach die Schweizer Konzernverantwortungs-Initiative befürworte, die Firmen, wie letztlich auch Glencore, für Auslandsoperationen zur Verantwortung ziehen will, liess Glasenberg die Stakeholder-Chefin Marie Roth antworten. «Glencore findet die Konzernverantwortungs-Initiative grundsätzlich gut, aber wir glauben sie nützt nichts», sagte Roth.
Glasenberg bekundete zwar Mühe mit Glencores Ruf in der Schweiz. Trotzdem hielt er am Hauptsitz in Zug fest. «Das Umfeld in Zug ist gut, es gibt keinen Grund Zug zu verlassen», sagt er.
Goldgrube E-Revolution
Im Weiteren leuchtete der Konzernchef und Miteigentümer von Glencore Chancen aus, welche durch den Boom der Elektroautos entstehen. Für die Herstellung eines Elektroautos brauche es 160 Kilogramm Kupfer und zusätzlich je 11 Kilogramm Kobalt und Nickel. Glencore ist als marktführender Förderer dieser Rohstoffe laut Glasenberg bestens positioniert, um den Rohstoffhunger für die E-Revolution zu stillen.
An der Generalversammlung vom Mittwoch muss der Milliardär keinen Gegenwind befürchten. Nach einem Gewinneinbruch im Vorjahr kehrte Glencore 2016 in die Gewinnzone zurück. Der Aktienkurs erholte sich die letzten Monate deutlich.
(sda/chb)