Viele multinationale Unternehmen sind wegen Standortfaktoren wie attraktiven Steuermodellen und einem liberalen Arbeitsrecht in die Schweiz gekommen. Diese sehen nun viele gemäss einer Studie des Unternehmensberaters KPMG in Gefahr. Vor allem die zähe Umsetzung der Unternehmenssteuerreform III (USR) bedrohe die Standortqualität für global tätige Firmen.

Rund 14 Prozent des Schweizer Bruttoinlandprodukts wird von internationalen Unternehmen erwirtschaftet, erklärt Martin Naville, CEO der Swiss-American Chamber of Commerce, vor den Medien anlässlich der Veröffentlichung der Studie am Dienstag. Neben der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative und der Regulierung des Arbeitsmarktes sei vor allem eine rasche Umsetzung der USR III von fundamentaler Bedeutung.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Zentraler Faktor: Unternehmensbesteuerung

Die Steuerplanung sei für multinationale Unternehmen untrennbar mit der Wahl des Standorts verbunden. Über zwei Drittel der befragten Unternehmen geben an, dass attraktive Steuermodelle ein Ansiedlungsgrund sind; denn die meisten Firmen profitierten von einem speziellen Steuerstatus. «Rund 40 Prozent der internationalen Unternehmen wird in der Schweiz zumindest teilweise auf die erzielten Einkünfte besteuert», ergänzte André Güdel, Studienleiter und Head of Business Development bei KPMG.

Ein berechenbares und wettbewerbsfähiges Steuersystem sei daher zentral, um die Standortattraktivität zu erhalten. «Der Standortwettbewerb kann nicht durch Steuerwettbewerb gewonnen werden», so Güdel, «er kann dadurch nur verloren werden». Die aktuellen Steuerstrukturen seien demnach der Hauptgrund, warum internationale Unternehmen sich in der Schweiz ansiedeln, ergänzt Arturo Bris, Direktor des IMD World Competitiveness Center.

Die Vorhaben der USR III komme bei den multinationalen Unternehmen zwar gut an, ein Teil der Befragten zweifle aber an einer effektiven Umsetzung der Reform. Gerade mal 42 Prozent der ausländischen Firmen glaube, dass die Schweiz weiterhin ein wettbewerbsfähiges Steuersystem haben wird. Die restlichen Unternehmen sind der Meinung, dass in Zukunft restriktivere internationale Besteuerungsstandards der EU und der OECD übernommen werden, so die Studienautoren.

Hohe Lohnkosten im mittleren Kader

Das Lohnniveau sei zudem eine weitere Herausforderung für die Geschäftstätigkeit in der Schweiz. Rund 60 Prozent der Multis sehen das hohe Kostenniveau kritisch. Zwar seien die Löhne für Führungskräfte hierzulande im internationalen Vergleich auf ähnlichem Niveau, jedoch habe die Vergütung im mittleren Kader über die letzten Jahre im Vergleich zu anderen Wirtschaftsstandorten stärker zugenommen als die Arbeitsproduktivität.

Fast die Hälfte der Befragten ist der Ansicht, dass sich dieser kostenseitige Nachteil durch den starken Schweizer Franken verschärft. Rund 47 Prozent zeigen sich laut Studie besorgt über die Belastung der hiesigen Wirtschaft durch den hohen Wechselkurs. Trotzdem sehen die Unternehmen eine erneute Anbindung des Schweizer Franken an den Euro nicht als Option.

Die Befragung wurde von KPMG in Zusammenarbeit mit dem IMD World Competitiveness Center, Switzerland Global Enterprise und der Swiss-American Chamber of Commerce bei über 850 multinationalen Unternehmen durchgeführt. Zudem seien 94 Führungskräfte vorwiegend amerikanischer Konzerne befragt worden.

(awp/moh)