Im mit zahlreichen Fotos illustrierten Buch «Im Zeichen der Sonne», dessen Titel sich anlehnt an das Logo der Alusuisse, schildert Autor Adrian Knoepfli (62), Zürich, die spannende Geschichte des einstmaligen Vorzeigeunternehmens der Schweizer Industrie. Knoepfli arbeitet als Wirtschaftshistoriker und Wirtschaftsjournalist, dies mitunter auch für die «Handelszeitung». Seine Darstellung des Aufstiegs und Falls der Alusuisse setzt mit der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre ein, weil die Anfänge des Unternehmens vergleichsweise gut erforscht sind, und sie verfolgt die Ereignisse bis in die Gegenwart, weil die Geschichte der Alusuisse mit ihrem Untergang nicht einfach aufhörte. Die vorliegende Geschichte ist für viele Schweizer Unternehmen exemplarisch, denn die Vorgänge, die sich ab den 1990er-Jahren bei der Alusuisse abspielten, wiederholten sich seither unzählige Male.

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Von Neuhausen in die weite Welt hinaus

Alusuisse, 1888 von Zürcher Industriellen und deutschen Bankiers in Neuhausen am Rheinfall gegründet, wurde schon früh global tätig und wuchs nach dem Zweiten Weltkrieg vollends in internationale Dimensionen hinein. Von Bauxitgruben in Australien und Afrika bis zu Aluminium-Hütten in Island und Norwegen erstreckte sich das Reich «im Zeichen der Sonne».

In der Schweiz prägte die Alusuisse zunächst den Kanton Schaffhausen, dann das Wallis, wo sie die bedeutendste Arbeitgeberin war. Im Verwaltungsrat der Alusuisse sass, ähnlich wie bei Swissair oder Nestlé, die Schweizer Wirtschaftselite. Stand anfänglich die Produktion von Roh-Aluminium im Vordergrund, so wurde das Unternehmen mit der Zeit immer stärker auch in der Verarbeitung tätig. Um weniger vom Aluminium-Preis abhängig zu sein, suchte man zudem nach Diversifikationsmöglichkeiten. 1974 übernahm die Alusuisse die ebenfalls stark im Wallis verankerte Chemiefirma Lonza, und im gleichen Jahr beteiligte sie sich am Ingenieurunternehmen Motor-Columbus. Sie träumte davon, ein grosser Bergbaukonzern zu werden. Gleichzeitig trieb sie den Ausbau in den USA voran, wo sie in naher Zukunft 50 Prozent ihres Geschäftsvolumens abwickeln wollte. Mit gut 45 000 Personen erreichte die Alusuisse 1980 ihren beschäftigungsmässigen Höhepunkt.

In den 1970er-Jahren liefen Expansion und Diversifikation aber zusehends aus dem Ruder. Verschärft wurde die Entwicklung durch erste Einbrüche im Aluminium-Geschäft. In den USA erlebte die Alusuisse wie viele andere Schweizer Firmen ein Waterloo. Weil man den Ausbau, von den Grossbanken freudig unterstützt, überwiegend mit fremden Mitteln finanziert hatte, war das Unternehmen 1986 faktisch bankrott.

Jucker, Tschopp, Ebner und Blocher

Das Management um den allmächtigen Emanuel Meyer musste abtreten. Unter der Führung von Hans Jucker und Theodor Tschopp erholte sich die Alusuisse, unterstützt von einer freundlicheren Branchenkonjunktur. Der Konzern reduzierte seine Rohmetallkapazitäten massiv und forcierte in den 1990er-Jahren mit gewichtigen Zukäufen (Lawson Mardon, Wheaton) den Ausbau der Verpackungssparte. Noch einmal gerettet und wieder in guter Verfassung, geriet die Alusuisse ab 1997, unter dem CEO Sergio Marchionne, schrittweise in den Besitz von Martin Ebner und Christoph Blocher, die das Unternehmen, nachdem sie die Chemieperle Lonza herausgelöst hatten, 2000 an die kanadische Konkurrentin Alcan verkauften. Damit verlor die Alusuisse nach 112 Jahren ihre Selbstständigkeit, der Name verschwand. 2007 wurde Alcan vom Bergbauriesen Rio Tinto geschluckt. Weil sich Rio Tinto mit dem Kauf übernahm und die Finanzkrise die Schuldenlast noch drückender werden liess, hat sie in jüngster Zeit zahlreiche ehemalige Alusuisse-Gesellschaften an neue Besitzer verkauft.