Wer heute noch eine rentable Glockengiesserei betreiben will, der muss kreativ sein. Denn Kühe gibt es immer weniger; und solche, die noch bei jedem Schritt bimmelnde Glocken umgehängt haben, findet man nur noch auf einsamen Weiden weit weg von Wohnsiedlungen. René Berger, Chef der Glockengiesserei in Bärau, einer der letzten, hat diesen Wandel erfolgreich hinter sich gebracht, weil er seine Produkte auf ein erweitertes Zielpublikum ausgerichtet hat. Die Kunden reichen von den Bundesräten für einen Regierungsausflug liess sich Christoph Blocher eine Glocke mit Enzianprägung anfertigen bis zum Eidgenössischen Schwingfest, von Firmenjubiläen bis zu Hochzeiten. Das Glockensortiment ist gross: Je nach Geschmack können Motive und Schriften in die Glockenformen appliziert werden. Mittlerweile hängen mehr Berger-Glocken in Wohnstuben, als solche auf Weiden zu hören sind.

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Glocken für die gute Stube

Früher war das anders. Bis vor 30 Jahren war die Landwirtschaft unangefochtene Hauptabnehmerin. Heute hingegen zeigt das Sortiment des Verkaufsgeschäfts in dem alten Emmentaler Haus von 1853, dass die Glocken zum Präsent der Extraklasse aufgestiegen sind. Damit das Glockengeschenk immer mehr zum guten Ton gehört, hat der Familienbetrieb beispielsweise eine Holzschnitzerin engagiert, die auf den breiten Riemen den Beschenkten selbst oder dessen Lieblingsobjekte wie Töff, Pferd oder Auto in das Leder ritzt.

Wer in der bodenständigen Branche des Glockengusses Menschen vermutet, für die das Wörtchen Marketing immer noch ein Fremdwort ist, sieht sich getäuscht. Mit einer vor Jahren lancierten Website gelang es Berger, vor allem in den USA und in Kanada Kunden anzusprechen. Die ahnenforschenden und traditionsverliebten Amerikaner mit Schweizer Wurzeln werden sich wohl mit Staunen die Augen reiben, wenn sie auf dem Internet erfahren, dass die «Swisss Bell Foundry» seit 1730 durchgängig in Familienbesitz ist.

275 Jahre altes Unternehmen

Angefangen hat die Tradition vor 275 Jahren übrigens nicht mit Glocken, sondern mit Schalen für Wanduhren, die jeweils zur vollen Stunde schlugen. Die Giesserei war nur ein Nebenerwerb, und das blieb auch so, als mit der Revolutionierung der Käsewirtschaft im Emmental immer mehr zu Wohlstand gekommene Bauern ihre Kühe mit einer Glocke um den Hals auf die Weiden schickten und das Gebimmel der Glocken zum typischen Alpensound avancierte.

Seit zwei Generationen lebt die Familie nun ganz aus den Einkünften der Giesserei. Wer den Betrieb der Bergers besucht, der erhält einen eindrücklichen Einblick in eine Technik des Glockengiessens. Zunächst werden Motive und Schriften in den Tonsand der Glockengussform eingedrückt. Dann werden Kellen voll flüssiger Bronze, über 1000 Grad heiss, in das Glocken-Modell eingegossen.

Doch nur 60% der 25 t Kupfer, Zink und Zinn, die jährlich im Induktionschmelzofen landen, werden im vom Glockenmodell verdichteten Formsand gegossen. Giessermeister René Kern, der beim Industriekonzern Georg Fischer in Schaffhausen gelernt hat, versteht sich auch auf Industrie- und Kunstguss.

Flexibilität ist gefragt

Darum stellt Berger auch Gussteile für die Halter der Hochspannungskabel für die Sefag in Malters LU her. Dieses Unternehmen hat sich auf Stromversorgungssysteme spezialisiert. Der kleine Familienbetrieb Berger kann genau das bieten, was für die Sefag, Tochterunternehmen der Pfisterer-Gruppe, oberste Priorität hat: Rasche Lieferungen nach dem Just-in-Time-Prinzip. «Da zahlt sich die Flexibilität unseres Familienbetriebs aus. Wir können im Prinzip von heute auf morgen liefern», sagt Kern.

Gussteile für Xylophone

Der Familienbetrieb mit sieben Beschäftigten profiliert sich noch in anderen Nischen: Bei spezialgefertigten Gussteilen für die Xylophone des Musikinstrumenten-Herstellers Paiste in Nottwil. Hier werden mit Speziallegierungen und besonderen Formen Metallplatten als Stimmträger von ganz fein abgestuften Tönen gegossen. «Dass wir dies herstellen können, darauf bin ich wirklich stolz», sagt Berger. In diesen Nischen sieht er auch eine langfristige Zukunft für seinen Betrieb. Ob aber die Familientradition auch noch im 275. Jahr des Bestehens weitergeführt werden wird, das kann der Vater von zwei Söhnen nicht sagen.



Firmen-Profil

Name: Glockengiesserei Berger

Gründung: 1730 durch die Familie Berger

Umsatz: 800000 Fr.

Beschäftigte: 7

CEO: René Berger

Produkte: Glocken

Kunden: Landwirtschaft, Industrie

Internet: www.swissbells.com