Man muss kein grosser «Multi» sein, um in die USA zu expandieren. Wer mit einem Auge fürs «Helvetische» durch New York wandert, dem stechen als Erstes nicht etwa Namen wie Nestlé, UBS oder Novartis ins Auge. Vielmehr sind es viele kleinere Gesellschaften, deren Produkte in den amerikanischen Alltag Einzug gehalten haben. Auf einem Lieferwagen an der Ecke prangt der bekannte Schriftzug der Schindler-Aufzüge, am Kiosk ein paar Meter weiter werden Trident-Kaugummi und Ricola-Hustenbonbons verkauft. Im Lebensmittelgeschäft kommt Nostalgie auf mit Schokolade von Lindt & Sprüngli, Emmi-Joghurts oder Hero-Konfitüren. In den Haushaltsabteilungen fügen sich Brita-Wasserfilter, Zyliss-Haushaltgeräte und die Sigg-Getränkeflaschen nahtlos in das restliche Sortiment.

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Schweizer Unternehmen mit Ambitionen in den USA sehen sich mit allerlei Herausforderungen konfrontiert. Wie bringt man den Amerikanern zum Beispiel bei, dass das Bonbon eben Ricola heisst und nicht «Ricouhla»? «Tatsächlich besteht ein leichter Unterschied in der Betonung des Rufs, obwohl sämtliche Aktivitäten in elektronischen Medien den «Riiiicolaaaa»-Ruf kommunizieren», sagt Thomas Blaser, Chef von Ricola USA. Ungeachtet der Aussprache ist Ricola hier in vieler Munde, wenn auch mit etwas anderen Sorten als in der Schweiz. Von den bescheidenen Anfängen mit einem Vertreter Ende der achtziger Jahre, der Ricola in Spezialitätengeschäften unterbrachte, hat sich das Unternehmen auf den zweiten Rang im amerikanischen Husten- und Halsbonbon-Markt mit einem Anteil von rund 11% gekämpft.

«Damals gab es in den USA keine Kräuterbonbons, und Ricola hat dies als Marktlücke erkannt», erzählt Blaser. Anfang der neunziger Jahre erfolgte der klassische Markenaufbau mit TV-Spots und der Ausbau auf Massenkanäle in einem Land, in dem keine verbreitete «Kräuter-Kultur» besteht, wie Blaser dies nennt: «Deshalb wird Ricola hauptsächlich von Konsumenten gekauft, die natürliche Produkte bevorzugen.»

Eistee in Gourmetläden

Die Idee der gesunden, reinen Natur verkaufen andere in Flaschen. Bei Daniel Schnyder enthalten sie den Eistee der zur Migros gehörenden Bischofszell Nahrungsmittel AG. Derzeit findet sich der «Swiss Ice Tea» in den Regalen der exklusiveren Gourmetläden. Die Amerikaner sind grosse Eisteetrinker, für Schnyder daher ein gutes Argument, mit einem 100% natürlichen Produkt in diesen Markt vorzudringen. Im Gegensatz zu Ricola trifft Schnyder aber auf viel Konkurrenz mit Riesen wie Nestea und Lipton. Um in die grösseren Nahrungsmittelketten hineinzukommen, ist viel Zeit für Gespräche mit Einkäufern notwendig. Sie haben von Migros noch nie gehört.

Mit vielen Unbekannten kämpft auch ein anderes 100% natürliches Getränk, das seit Februar in Florida getestet wird, wo Rivella derzeit in 220 Filialen der Supermarktkette Publix angeboten wird. Bis Ende Jahr sollen es 350 sein. Der Umsatz ist gemäss Rivella-Sprecherin Monika Christener noch bescheiden, doch will man sich und dem Markttest bis Ende 2005 Zeit geben. «Das Problem ist, den Konsumenten das Produkt zu erklären», sagt Christener, «Rivella ist keine Frucht.»

Während die einen den US-Markt gezielt zur Erweiterung ihres Absatzgebietes suchen, geraten andere durch Zufall nach Amerika. «Wir hatten einen sehr guten Vertreter im Iran, der nach der Revolution 1979 nach Kalifornien auswanderte», erzählt Wolfgang Auwärter, Verwaltungsratspräsident von Kuhn-Rikon. Nach einiger Zeit kam die Anfrage aus Kalifornien, ob der ehemalige Vertreter in den USA «ein paar» Duromatic Dampfkochtöpfe verkaufen dürfe. Und so kam es, dass das Kochgeschirr von Kuhn-Rikon seit 1982 in den USA erhältlich ist, wo die Dampfkochtöpfe heute zwischen 10 bis 15% Marktanteil beanspruchen. 30% des konsolidierten Umsatzes bei Kuhn-Rikon werden heute in Amerika erzielt, die Hälfte davon mit in der Schweiz produzierten Gütern. Andere werden in den USA oder Südostasien eingekauft, aber ebenfalls unter der Marke Kuhn-Rikon im Top-Segment der Küchenausrüster und durch spezialisierte Händler in den USA vertrieben.

Dies hat nicht zuletzt mit den Unterschieden zwischen der Schweiz und den USA zu tun, erklärt Auwärter: «In den USA verkaufen wir zum Beispiel viele 12-Liter-Duromatic, die in der Schweiz niemand benutzt.» Gleichzeitig lässt sich das alltägliche Schweizer Kochgeschirr in den USA laut Auwärter kaum absetzen: «Das Problem ist, dass mit der Ausrichtung auf Glaskeramik die Schweizer Qualität für den US-Markt zu hoch ist, wo Spiralplatten und Gasherde noch zum Alltag gehören.»

Bescheiden, aber selbstbewusst

In den USA hohe Marktanteile zu erreichen, ist kein Ziel für Thomas Nägelin, Direktor Verkauf und Marketing der im solothurnischen Bellach beheimateten Fraisa. «Die Jagd auf US-Marktanteile würde unser Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 75 Mio Fr. und 402 Mitarbeitern überfordern», glaubt Nägelin. Deswegen wollte der Hersteller von Zerspannungswerkzeugen laut Nägelin dennoch nicht auf einen Anteil am enormen Potenzial verzichten: «Amerika ist ein riesiger und einheitlicher Markt mit einer einzigen Sprache. Die einzige Hürde ist die Distanz.» Und die unterschiedlichen Masseinheiten, an die die Produkte angepasst werden mussten. Marktrecherchen wurden betrieben, doch das meiste wurde durch Erfahrung gelernt, als die ersten Schritte 1998 in Zusammenarbeit mit Fischer Präzisionsspindeln aus Herzogenbuchsee unternommen wurden. «Klar, niemand hat auf uns gewartet», schmunzelt Nägelin, aber als man sich 2001 zur Gründung einer US-Tochtergesellschaft entschloss, war klar, dass das Fraisa-Konzept in den USA funktionierte. 3,5 Mio Fr. wurden in den Markteintritt investiert, in erster Linie für Produkte, Strukturen und Personal. Heute werden zwölf Mitarbeiter beschäftigt, und in diesen Wochen erreicht das Projekt USA laut Nägelin den Breakeven. Das Verkaufsargument im US-Geschäft, das 3 bis 4% zum Gesamtumsatz beisteuert, ist nicht die Schweizer Qualität: «Die genügt allein nicht mehr. Was wir bieten, ist ein besseres Verhältnis der Leistung zum Preis», beschreibt Nägelin den Ansatz. Die höhere Leistungsfähigkeit gegenüber anderen Produkten in den USA wird durch einen qualitativ hochstehenden Support abgerundet und senkt die Kosten der Kunden, so Nägelin. Die Kunden sind hauptsächlich Unternehmen mittlerer Grösse, unter anderem aus der Autozulieferbranche und dem Maschinenbau.

Vor Outsourcing und dem Verlust weiterer Arbeitsplätze in Gewerbe und Industrie in Amerika fürchtet sich Nägelin nicht: «Unser Marktanteil ist zu gering, als dass eine solche Entwicklung von der übrigens in Europa schon lange gesprochen wird schwer wiegende Folgen hätte», sagt der Fraisa-Verkaufschef. Die eigene Produktion wird weiterhin in Europa verbleiben, doch wird eine kleinere Service-Einheit ins Auge gefasst, die sich auf speziell georderte Kleinserien ausrichten soll.