Bis vor wenigen Jahren lösten Perlen Assoziationen aus wie Grossmutter, Hochzeit, teuer, rund und weiss», lacht Peter Fischer und breitet unterschiedlichste Perlenketten vor sich aus. «Heute ist die Auswahl an Perlen fast unendlich.» Der Leiter des Perlen-Grosshandels beim börsenkotierten Unternehmen Golay ist stolz auf die Spannbreite von elegant bis modisch, bunt bis klassisch. Und darauf, dass das Binnenland Schweiz im Perlengeschäft einen Spitzenplatz einnimmt. «Wir sind nicht das grösste Unternehmen im Perlenhandel, aber das einzige mit einem weltweiten Vertriebssystem.» Und weil Golay viele Manager ausbildet, sind viele Schweizer Fachleute im Perlenbusiness tätig.

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Wie andere Luxusbranchen, spürt auch Golay die globale Rezession. «Aber wir sind stabil», so Fischer. «1887 für den Handel mit Edelsteinen und Perlen gegründet, betreiben wir 18 Niederlassungen in 13 Ländern und beschäftigen 1600 Mitarbeitende. Unsere Niederlassungen befinden sich in Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Portugal, Hongkong, Japan, den Philippinen, Singapur, Malaysia, Thailand und den USA.»

Schweiz ein idealer Markt

Dass die Schweiz sowohl als Drehscheibe wie auch als Absatzmarkt eine wichtige Rolle spielt, begründet Fischer mit vorteilhaften Zollbestimmungen, dem hohen Einkommen der Schweizer Bevölkerung und einer interessanten Tourismusindustrie. «Golay-Perlen sind in 500 Schweizer Juweliergeschäften erhältlich.» Sagts und legt seine in perlenbesetzten Hemdmanschetten steckenden Arme auf den Tisch.

In alten Kulturen schmückten sich männliche Herrscher mit Perlen und trugen sie als Zeichen der Macht in Ketten, auf Kleidern aufgenäht oder auf Kronen appliziert. Bis vor 100 Jahren waren Perlen den Reichen und Privilegierten vorbehalten. Dies hat sich geändert, seit Perlen gezüchtet werden können. «Ein Joint Venture zwischen Natur und Mensch», freut sich Fischer. Den Japanern gelang es als ersten, Kerne in Austern einzupflanzen.

Jede Perle ist einzigartig. Sie hat ihre eigene Form, Farbe und Grösse. Perlen müssen nicht perfekt rund, weiss und gross sein. Denn Perlen sind ein Naturprodukt. Unregelmässigkeiten in der Beschaffenheit der Oberfläche und der Beschichtung sind die Regel. Trotzdem lassen sich Gemeinsamkeiten feststellen. Damit die Perlen den höchsten Standards an Qualität und Ästhetik entsprechen, hat Golay ein Qualitätslabel eingeführt und fünf Qualitätskriterien festgelegt.

Diese Garantie hat sich inzwischen bei mehr als 1000 Juwelieren in über 20 Ländern durchgesetzt. Zu jedem Schmuckstück erhält die Kundschaft ein Zertifikat, das über die Art und Beschaffenheit der Perlen Auskunft gibt.

Golay unterscheidet die Art der Perlen (weisse oder schwarze Südseeperlen, dunkle Tahitiperlen, Akoyaperlen, Süsswasserperlen und Keshiperlen) und kontrolliert die Oberfläche, die Beschichtung, den Lüster und die Farbzusammenstellung der Perlen. «Wir bringen Transparenz und Vertrauen ins Perlengeschäft», betont Fischer. «Form, Farbe und Grösse wurden ausgenommen von den Kriterien, da sie nichts aussagen über die Qualität.»

Perlen können silbrigweiss, rosa, pink, purpurrot, pfirsichfarben, pfauengrün, blau, cremefarben, gelb oder golden, aber auch tiefschwarz, braun oder grau glänzen. Der Farbton einer Perle wird geprägt von der Spezies und dem Lebensumfeld der Auster. Ihre Form kann von barock über tropfig und oval oder flach bis rund führen. Der Durchmesser variiert von wenigen mm bis zu 2 cm. Alle Grössen haben ihre Eigenart grösser heisst nicht zwingend besser. Oder, wie Fischer sagt: «Perlen sind nie zu gross für grossartige Persönlichkeiten und nie zu klein für diejenigen, die ihre wahre Schönheit erkennen. Perlen passen immer.»

Mit Liebe pflegen

Perlen sind Edelsteine, die organische Substanzen und Wasser enthalten. Behutsame Pflege bewahrt ihre Schönheit. Reinigungsmittel schaden ihnen. Ein weiches befeuchtetes Tuch genügt zum Abwischen der Perlen. Haarlack, Parfum (gehört hinter die Ohren, nicht an den Hals) und andere Substanzen sind Gift für sie. Um Kratzer zu vermeiden, sollten Perlen getrennt von Metallen, Diamant- und Edelsteinschmuck aufbewahrt werden. Am besten legt man sie in eine samtbesetzte Schatulle oder einen Satinbeutel. Notfalls lässt sich Perlenschmuck auch in ein Papiertuch wickeln.

«Perlen leben am längsten, wenn sie getragen werden. Sie brauchen Feuchtigkeit. In einem Safe trocknen sie aus», betont Fischer.

Auf Stahlschnur aufgereiht

Während sich solche Pflegetipps seit Jahren bewähren, hat sich die Arbeit der Goldschmiede verändert. Fischer blickt zurück: «Als ich vom Schmuck- in den Perlenbereich wechselte, wunderte ich mich, dass Perlen auf Seidenfäden aufgereiht wurden, obwohl diese reissen können. Es war zwingend, Perlenketten regelmässig neu knüpfen zu lassen. Dies schien mir sehr aufwendig. Und potenziellen Kunden wurden halbfertige Produkte auf einen Faden aufgezogene Perlen ohne Verschluss gezeigt. Das war auch nicht sehr kundenfreundlich.» Fischer, Betriebswirtschafter von Beruf, entwickelte für Golay mit Signed & Sealed eine dauerhafte Lösung. Basis des Colliers ist eine geschmeidige Stahlschnur, 39 Fäden chirurgischen Edelstahls zu einer Schnur vereint, komplettiert von einer auswechselbaren Schliesse in Gelb- oder Weissgold, pur oder mit Diamenten besetzt. Die Schliesse kann auch in eine Perle integriert werden. Zum Schutz der Perlen liegen winzige Kautschuk-Rondellen zwischen den Perlen. Der Goldschmied oder die Kundin kann also ein fertiges Produkt kaufen.

Fischers Argument: «Ursprünglich sollte das neue System nur den Wunsch nach Sicherheit und Dauer erfüllen. Wir waren froh, dass es nicht mehr möglich war, jemandem eine Perlenkette vom Hals zu reissen das System hält 15 kg Gewicht aus oder sie aufzuschneiden und Perlen auszutauschen. Inzwischen hat sich eine neue Kreativität ergeben. Golay ist eine wahre Innovation gelungen.» Sagts und hängt zwei Ketten aneinander.

Näher zum Konsumenten

Das neue System bringt Golay näher zum Bijoutier und zum Endkonsumenten. Durch die Kreation einer eigenen Perlen-Schmucklinie 19 Schmucksets mit Ringen, Ohrringen und Halsschmuck zu Preisen von 500 bis 26000 Fr. entstand eine noch breitere Palette.

Warum wird Golay zum Schmuckhändler? Fischer: «Für ein Perlenhaus ist es naheliegend, nicht nur mit Perlen zu handeln, sondern sie auch in schönen Schmuck zu fassen.»

Perlenzucht

Natur aus der Kultur

Kulturperlen entstehen auf die gleiche Art wie Naturperlen, nur wird dem Zufall etwas nachgeholfen. Ein Techniker öffnet die Auster und führt ein Stück Mantelgewebe und einen Perlmuttkern in ihr weiches Muskelgewebe ein.

Auch Kulturperlen sind Naturprodukt: Die Auster bestimmt Grösse, Farbe, Form, Oberfläche und Lüster. Einen grossen Einfluss haben zudem Salzgehalt, Nährstoffwert und Temperatur des Wassers.

Austern brauchen eine aufwendige Pflege, wie Golay-Chef Peter Fischer sagt: «Wir leisten eine Riesenarbeit, damit es dem Tier gut geht.» Mit grosser Sorgfalt werden die Austern unter Holzflossen aufgehängt und regelmässig von Seetang und Parasiten gereinigt. Nach zwei Jahren können die Perlen geerntet werden. Die Ausbeute beträgt allerdings nur rund 50% der Kerne. In einer Süsswassermuschel haben mehrere Perlen Platz, in allen anderen nur eine. (ab)

Perlenarten

Erst braucht es eine Verletzung

Grundsätzlich wird zwischen Naturperlen, Kulturperlen und Perlenimitaten unterschieden.

Naturperlen bilden sich, wenn ein Fremdkörper den Schalenrand verletzt. Die Verheilungsreaktion der Muschel formt eine Naturperle. Perle, echte Perle, Orientperle oder Naturperle dürfen sich nur Perlen nennen, die ohne Eingriff des Menschen entstanden sind. Alle anderen Perlen heissen Kultur- oder Zuchtperlen.

Perlen aus dem Juweliergeschäft sind meistens Kulturperlen. Sie wachsen wie Naturperlen in Austern. Ihr Wachstum wird jedoch durch das Einsetzen eines Kerns von Menschenhand stimuliert. Die Auster lagert um das Implantat Perlmuttschichten ab, wodurch eine Kulturperle entsteht.

Perlenimitate sind synthetische Produkte (Majorica-Perlen). Sie werden in Fabriken hergestellt statt im Meer kultiviert und ahmen Perlen nach. Ihre Bestandteile sind Glas, Plastik und Lack. (ab)

Golay

Pionier und Innovator

Das Unternehmen wurde 1887 in der Schweiz von Louis Golay gegründet, der mit Naturperlen und Farbsteinen handelte. Geleitet von Pioniergeist, führte Golay in den 1920er Jahren Zuchtperlen aus Japan nach Europa ein. Seit 1954 betreibt das Unternehmen mit Hauptsitz in Lausanne eine globale Strategie. Heute verfügt es über ein einzigartiges Netzwerk in der Perlenwelt. Experten reisen an die abgelegensten Plätze der Welt, um die schönsten Perlen auszuwählen. 2002 wies Golay einen Umsatz von 257,1 Mio Fr. aus und beschäftigte 1593 Mitarbeitende. (ab)