Vor knapp einem Jahr fragte die «HandelsZeitung» an dieser Stelle, ob die richtig fetten Jahre im Golfmarkt vorbei seien. Blickt man nun auf die Entwicklung des organisierten Golfsports im Jahr 2005, dann lautet die Antwort für die Schweiz «jein», für die beiden Nachbarländer ziemlich eindeutig «ja». Denn in Deutschland wurde das kleinste Spielerwachstum seit 1998 registriert und Österreich meldet gar die niedrigste Zuwachsrate seit mehr als zwei Jahrzehnten.
In einer Krise steckt der Golfsport jedoch weder in Deutschland noch in Österreich und schon gar nicht in der Schweiz. Denn: In allen drei Ländern gab es Anfang 2006 mehr Clubmitglieder, mehr Jugendliche, mehr Plätze also Tendenzen, von denen viele andere Sportverbände nur träumen können. Tatsache ist allerdings, dass das klassische Golfclub-Modell allein nicht mehr für hohe Zuwachsraten sorgen kann.
Schweiz: Spürbare Erholung
Ein gutes Beispiel dafür liefert die Entwicklung auf den Fairways zwischen Basel und Lugano. Hier zählte die Association Suisse de Golf (ASG) per Ende 2005 insgesamt 48442 Clubgolfer. Und nach der Schwächephase 2004 ist die Steigerungsrate nun wieder auf 4,4% geklettert. In absoluten Zahlen wurden 2028 ASG-Neugolfer registriert, die so für den höchsten Zuwachs seit drei Jahren sorgten. Das von ASG-Präsident Martin Kessler vor Jahresfrist ausgegebene Ziel, schon 2006 die Schallmauer von 50000 Spielern zu durchbrechen, ist damit greifbar nahe.
Eine schöne Trendwende, wobei aber die lautere Musik schon seit Jahren woanders spielt: Bei den Clubfreien. Die Association Suisse des Golfeurs Indépendants (ASGI) legte 2005 dank zweistelliger Zuwachsrate auf nahezu 13000 Mitglieder zu (siehe Kasten). Und: Im Vergleich zu 2001 verbucht die ASGI ein Wachstum von 231,0%, während die ASG nur auf schmale 21,5% kommt.
Besonders erfreulich: 2005 haben sich überdurchschnittlich viele junge Menschen für Golf entschieden. Exakt 5409 Junioren spielen nun aktiv im Club ein Zuwachs von 5,7%. Speziell die Mädchen, deren Zahl 2004 noch leicht rückläufig war, schafften hier mit einem Plus von 6,2% ganz deutlich die Trendumkehr. Auf die Verteilung der Geschlechter hatte dies jedoch keinen Einfluss: Die männlichen Golfer sind in der ASG mit einem Anteil von 62,3% (Vorjahr: 62,2%) weiterhin dominant.
Extrem wenig passierte hingegen erneut im Platzbau. Wie in den beiden Jahren zuvor kamen 2005 nur zwei neue Clubs hinzu ein dünnes Plus von 2,3%. Insgesamt bietet die Schweiz nun 88 Anlagen, von denen etwa ein halbes Dutzend auf deutschem oder französischem Boden liegt. Wirtschaftlich gesehen ist diese geringe Baulust natürlich gut, hat sich damit doch die durchschnittliche Auslastung der ASG-Clubs abermals erhöht: Anfang 2006 tummelten sich rein rechnerisch 551 Golfer auf jedem Platz (2004: 546), womit die Schweiz im Drei-Länder-Vergleich das Schlusslicht bleibt. Tendenz: Anhaltend, denn bislang meldet die ASG mit dem Golf Club Brigels in Graubünden erst einen Neuzugang für 2006.
Deutschland: Halbe Million
Der Deutsche Golf-Verband (DGV) bündelte am Jahresende 2005 stolze 506746 Clubmitglieder, eine Steigerungsrate von 4,9%. Nur, sowohl absolut wie auch relativ wird damit das niedrigste Wachstum seit 1998 registriert. Darüber hinaus hat das deutsche Pendant zur ASGI, die Vereinigung clubfreier Golfer (VcG), 2005 sogar nur um 1,8% auf 18108 Mitglieder zugelegt. Ein positives Signal ertönte dagegen im Platzbau: 2006 kann in Deutschland auf 658 Kursen (plus 10) abgeschlagen werden. Nach jahrelang zweistelligen Zuwachsraten wirken die vom Österreichischen Golf-Verband (ÖGV) gemeldeten Daten des Jahres 2005 bescheiden: Nur 3446 Österreicher entschieden sich für eine Mitgliedschaft in einem ÖGV-Club und sorgten mit diesem Anstieg von 4,0% auf insgesamt 89812 Spieler für das schwächste Wachstum seit 1982.
Statistik: Boom bei den Unabhängigen
ASGI Eine stattliche Steigerung um 15,6% im Vergleich zu 2004, imposante 231,0% Wachstum gegenüber 2001: Mit ihrer Entwicklung im Jahr 2005 setzt die ASGI selbst auf europäischer Ebene echte Massstäbe. Interessant dabei: Der neue Höchststand von 12755 Mitgliedern wurde erreicht, obwohl die bis Dezember registrierten 4386 Austritte ebenfalls eine neue Rekordmarke darstellen (+57,6%). «Der Austritt aus der ASGI erfolgt in den allermeisten Fällen wegen des Wechsels in einen ASG-Club», erklärt die Organisation die Abwanderungswelle. Die «Indépendants» sind ein Sammelbecken für Einsteiger: Rund 43% der ASGI-Mitglieder gehen derzeit noch mit Platzreife über den Parcours.
Clubmitglieder
quelle: dgv, ögv, asg
Sorgenkind
Der einstige Musterknabe Österreich meldete 2005 die niedrigste Zuwachsrate bei neuen Golfern.
Golfplätze
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Eröffnungsfeier
Mit zehn neuen Plätzen übernahm Deutschland 2005 erstmals wieder die Spitzenposition.
Junioren
quelle: dgv, ögv, asg
Nachwuchspflege
Die Schweiz registrierte 2005 die höchste Steigerungsrate im Juniorenbereich.