Ein Lastwagen reiht sich an den anderen, Bauschutt liegt verstreut an der Strasse ins «Valle del Golf» an der Costa del Sol, wo vor nicht allzu langer Zeit sich lediglich Esel und Ziegen auf den kargen Hügeln «gute Nacht» gesagt hatten. Das Golftal in Mijas ist nur eines von vielen Prestigeobjekten, das derzeit an der an Golfplätzen nicht gerade armen Region zwischen Málaga, Marbella und Sotogrande realisiert wird. 152 Mio Euro werden allein hier investiert, im noch wenig erschlossenen Hinterland bei Ronda wird mit zwei 18-Lochplätzen, drei 5-Sterne-Hotels und 800 privaten Luxuswohnungen richtig geklotzt – trotz der Proteste von Umweltschutzgruppen und trotz der Warnungen, die mittlerweile selbst aus den eigenen Reihen kommen. Qualität statt Quantität fordert etwa der andalusische Golfverband. Und auch der Lobbyist Promotur aus Marbella sieht höchstens eines von drei neuen Projekten als wirtschaftlich sinnvoll an.

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Dem Markt droht die Sättigung

66 Plätze gibt es derzeit an der selbst ernannten «Costa del Golf», dem etwa 140 km langen Küstenstreifen zwischen Málaga und der britischen Kronkolonie Gibraltar. 66, das sind mehr als ein Fünftel der Golfplätze in ganz Spanien. Vor 20 Jahren waren es gerade einmal 20.

Und in 20 Jahren? Wie viel geht noch, wie viele neue Plätze verträgt die Küste? Für Juan Muro vom renommierten Madrider Projektentwickler Aymerich Golf Management (AGM), der an der Küste vier Plätze betreibt, ist bald das Ende der Fahnenstange erreicht. «Der Markt um Marbella und Sotogrande ist langsam, aber sicher gesättigt. Der Trend in Spanien geht hin zur Costa de la Luz bei Cádiz, nach Huelva, in die Region Murcia und auf die Kanaren», sagt Muro. Insgesamt 30 neue Plätze sind spanienweit für das laufende Jahr 2007 eingeplant.

Es herrscht Goldgräberstimmung

Spaniens ungebrochener Wirtschaftsboom – 2006 erzielte das Land mit 3,8% das grösste Wachstum des Bruttoinlandproduktes seit sechs Jahren und spielt in der Europäischen Union in der gleichen Liga wie einige der neuen Beitrittsländer – beruht neben der hohen Binnennachfrage vor allem auf der Bautätigkeit. Der Boom ist an der Costa del Sol nicht zu übersehen: Kräne und Betonmischer, wohin man blickt. Die Golf-Urbanisationen an der Küste schiessen so schnell aus dem Boden, dass nicht nur die Briefträger den Überblick verloren haben. Dabei werden die wenigsten Luxuswohnungen auch tatsächlich bezogen, sie dienen in erster Linie Spekulationsinteressen. Man hofft darauf, dass sich das eingesetzte Kapital irgendwann einmal vervielfacht. In der Regel ist dies eine berechtigte Hoffnung – jedenfalls bisher.

Von den 2,375 Mrd Euro, die der Golfsektor laut einer Studie von AGM im Jahr 2005 in Spanien umgesetzt hat, entfallen mit 830 Mio Euro mehr als ein Drittel auf den angeschlossenen Immobilienbereich – es geht beim Golf-Hype also nicht in erster Linie um den Sport. Die 300 neuen Plätze, die laut AGM in den nächsten 10 bis 20 Jahren in Spanien entstehen sollen – ein Zuwachs von 100% verglichen mit dem Status quo –, sind ohne den Immobiliensektor nicht zu denken. Ein Sektor, der sich – da die Küste bereits mehr oder weniger zugebaut ist – zunehmend ins Landesinnere orientiert. Nach einem kleinen Einbruch zu Beginn des Jahrzehnts verzeichnet das Business mit dem kleinen Ball nun Zuwächse in Höhe von jährlich 10%. 1997 betrug der Umsatz des Sektors in Spanien noch vergleichsweise schlappe 674 Mio Euro.

Nicht alles Gold, was glänzt

Doch der Bauboom hat auch seine Schattenseiten. Die Costa del Sol wächst, die Infrastruktur hält nicht mit. Da und dort wird Kritik laut: «Wer will in den Ferien schon die ganze Zeit Kräne sehen und im Stau stehen?», fragt Francisco Amorós vom Touristikverband mit Sitz in Torremolinos. Diese Feststellung, die Marktsättigung und nicht zuletzt die Nachwehen der Attentate vom 11. September 2001 – in deren Zusammenhang die Reiselust weltweit vorübergehend nachgelassen hatte und etwa der US-amerikanische und kanadische Markt für die Küste vollständig weggebrochen sind – werden als Hauptursachen für den leichten Einbruch genannt, den man zwischen 2002 und 2005 hinnehmen musste. «Wir hatten Rückgänge von jährlich bis zu 12% zu verzeichnen, erst im vergangenen Jahr hat sich die Lage etwas entspannt», bilanziert Amorós.

Greenfees schnellen nach oben

Und da sind noch die teils exorbitant teuren Greenfees, die inzwischen vor allem viele Golfer – auch aus der Schweiz – vergrault haben. Spanien führt in Europa zusammen mit Portugal und der Schweiz die Preistabelle bei den Greenfees (Kosten für eine Runde) an; die Plätze in und um die Jetset-Metropole Marbella liegen im nationalen Vergleich an der Spitze. Zwischen 70 und 100 Euro zahlt man hier für ein Greenfee im Durchschnitt, in Tunesien, einem der aufstrebenden Mitbewerber im globalen Golftourismus, ist man für 40 Euro recht günstig dabei.

In Spanien aber gehts noch teurer. Der vom Stararchitekten Robert Trent Jones entworfene exklusive Golfclub Valderrama in San Roque (Provinz Cádiz), Austragungsort von prestigeträchtigen Turnieren wie dem Ryder-Cup und dem Volvo-Masters, langt kräftig in die Taschen der Golfer: 290 Euro für ein Greenfee an den Wochenenden sind auf den Tisch zu legen, der Buggy und der Besuch im Klubhaus sind da noch nicht mitgerechnet.

Es gibt durchaus Alternativen

Viele Schweizer Golfer sind inzwischen dabei, der Costa del Sol den Rücken zu kehren. «Anfang des Jahrzehnts sind zur vom neuen Euro beflügelten Preissteigerung auch die Auswirkungen der Rezession gekommen», sagt Alberto Fernández Galindo von Golfspain.com, einem dem spanischen Golfverband angeschlossenen Internetdienstleister. Die Deutschen, die nach den Engländern und Schweden mit einem Anteil von rund 10% der Golftouristen bislang die drittstärkste Kraft waren, machen sich seiner Meinung nach zunehmend rar auf den Greens. «Während die Engländer, Iren und Skandinavier nach dem Einbruch nun wiederkommen, hat sich der deutsche Markt bislang noch nicht erholt», so Fernández weiter. Das dürfte zunehmend auch für den wesentlich kleineren schweizerischen Golfmarkt gelten. «Man hört zunehmend weniger deutsch auf den Plätzen», bestätigt auch Doris Papperitz, die ehemalige TV-Frontfrau des «Aktuellen Sportstudios» von ZDF, die seit über zehn Jahren in Marbella wohnt – und leidenschaftlich gerne Golf spielt. «Es ist derzeit ruhiger als in der Vergangenheit. Der Grund: Das wachsende Angebot an Plätzen und weniger Leute», so Papperitz.

Viele Deutsche, die an der Costa del Sol eine Ferienimmobilie hatten, haben inzwischen verkauft. Etwa der Sportmoderator Jörg Wontorra, der von 2000 bis 2006 seinen ersten Wohnsitz in Marbella hatte. Vielleicht auch aus Angst, dass die Immobilienblase irgendwann einmal platzt. «In der Regel war dies ein gutes Geschäft mit bis zu 50% Gewinn», sagt Fernández.

Briten setzen weiter auf Spanien

Von Krisenstimmung ist im Immobiliensektor nichts zu spüren. Wieso auch, solange die zahlungskräftigen Briten kommen und solange man mit Golfplätzen jede Menge Wohnungen verkaufen kann. Juan Muro von Aymerich Golf Management ist zuversichtlich: «Wir machen uns derzeit noch keine Sorgen. Spanien und speziell die Costa del Sol sind nach wie vor der Inbegriff des Floridas von Europa.» Trotz Betonmischer und Baukränen.

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Konkurrenz schläft rund ums Mittelmeer nicht

Aussichten

Spanien bleibt laut dem Madrider Instituto de Estudios Turísticos weiterhin für den europäischen Golftourismus attraktiv, doch die Costa del Sol verliert Kunden an andere innerspanische Mitbewerber. Auch geht der Trend hin zu neuen und vor allem billigeren Zielen. «Die Türkei, Griechenland, Tunesien, Marokko, Portugal und vor allem die neuen Beitrittsländer der EU sind die Konkurrenten für uns», sagt Alberto Fernández Galindo von Golfspain.com. Etwa – was in der Schweiz noch etwas weniger bekannt ist – Tschechien, wo sich seit dem Jahr 2000 die Zahl der Golfplätze auf derzeit 69 verdreifacht hat. Fernández weiter: «Um die Mitteleuropäer, vor allem die Deutschen und die Schweizer, zu gewinnen, müssen wir eine attraktivere Preispolitik gestalten.»