«Roger, wilco», sagt der Pilot im internationalen Funkverkehr. Will heissen: «Habe verstanden.» In deutschen Zahnarztpraxen steht «Roger» für ein digitales Heinzelmännchen, das alles übernimmt, was nicht die Arbeit direkt am Patienten oder an der Patientin betrifft: Terminvereinbarung, Behandlungspläne unterzeichnen lassen, Terminerinnerung und Rechnungsversand. Ja, selbst die Vereinbarung einer Teilzahlung läuft über Roger. Kommuniziert wird über Whatsapp-Nachrichten, die auf eine Landingpage führen. 

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Think big dank Google Ventures

Die Software, die derzeit bei Zahnärzten im nördlichen Nachbarland für Furore sorgt, kommt aus Wallisellen ZH: von der Sanos Group und ihrem Gründer Victor Charlier. Wie viele der 40’000 deutschen Zahnarztpraxen er schon unter Vertrag hat, sagt Charlier nicht. Aber eine Zahl gibt es: 100 Millionen Euro Behandlungsvolumen. So viel verwaltet die Software bereits. 

Nun heisst es: Think big. Die Sanos Group hat eine Finanzierungsrunde über 7 Millionen Dollar abgeschlossen. Mit an Bord: Google Ventures, der Wagniskapitalarm-Investitionsarm des Suchmaschinen-Moguls. Die Kalifornier aus Mountain View haben nun nebst Gründer und Mehrheitsaktionär Charlier am meisten Anteile an der Gruppe. Auch die französische Investitionsplattform Partech liess sich von «Roger» begeistern, ebenso der IT-Dienst Orderbird – er bietet einfache mobile Kassensysteme für die Gastronomie an – oder Klara, die Firma, die sich auf digitale Gesundheitslösungen spezialisiert hat.

Roll-out in Deutschland

Im Vordergrund stehe der Roll-out von Roger in Deutschland, sagt Gründer Charlier. Zu erschliessen gibt es dort ein Umsatzvolumen von 30 Milliarden Euro; Deutschland sei doppelt so gross wie die beiden nächstgrösseren europäischen Märkte zusammen. Gleichzeitig will man sich am Roger-Hauptsitz in Wallisellen ZH weitere Märkte anschauen. 

Der Clou von Roger ist, dass die Software mit der bestehenden Praxissoftware der Kunden kompatibel ist, die nicht selten noch aus den Achtzigerjahren stammt und deshalb nicht vernetzt ist. Das senke die Hürden für die Anschaffung, sagt Charlier. 

Roger funktioniert als Subscription, also eine Art Aboservice. Eine durchschnittliche deutsche Zahnarztpraxis mit zwei Zahnärztinnen zahlt dafür monatlich rund 200 Euro. Das sei nicht viel, wenn man bedenke, dass sich der Verwaltungsaufwand mit Roger um einen Viertel senken lasse, rechnet Charlier vor. Ganz abgesehen davon, dass sich Praxispersonal vielerorts kaum mehr finden lasse.

Gleichzeitig zeigten die Erfahrungen aus Deutschland, dass Roger zu Mehrumsätzen von 25 Prozent führe, weil mehr Behandlungspläne auch tatsächlich umgesetzt würden. Denn: «Oft ist es ja so, dass Zahnärzte zwei- oder dreimal dieselbe Behandlung vorschlagen, bis sie dann endlich durchgeführt wird» – Leerläufe, welche viel Aufwand für Nichts verursachten.

Think big mit Google

Die Sanos Group beschäftigt dreissig Angestellte in der Schweiz und ist mit zwei Tochtergesellschaften in Berlin präsent. Im Moment liegt der Fokus auf Wachstum – «wir planen mittelfristig nicht mit Profitabilität», so Gründer Charlier. 

Seine Vorbilder sind amerikanische Healthtech-Erfolgsgeschichten wie Cedar, eine Plattform für patientenfreundliche Abrechnungen, oder Nexhealth, das digitale Lösungen für Gesundheitseinrichtungen anbietet. Beides sind Unicorns, also mit 1 Milliarde Dollar oder mehr bewertet. Und wenn alles rund läuft, dann soll Sanos als Schweizer Healthtech-Erfolgsgeschichte irgendwann auch an die Börse gehen, zum Beispiel aufs US-Technologie-Parkett Nasdaq.

Spätestens dann dürfte es auch in Schweizer Zahnarztpraxen heissen: Alles Roger! Konkrete Pläne für einen Roll-out der Alleskönnersoftware in der Schweiz gibt es noch nicht. «Aber auch das wird kommen», sagt Victor Charlie.