Seit mehreren Jahren schrumpfen im Schweizer Detailhandel die Umsätze. Ausländische Internethändler greifen zunehmend Marktanteile ab. Die Antwort der hiesigen Unternehmen: Sie verzahnen ihre Läden immer stärker mit dem Online-Verkauf – in der Hoffnung, die Verkäufe anzukurbeln. Soweit, so bekannt.

Doch eine Branche macht das besonders gut: die Baumärkte. Sie sind führend im ersten Schweizer Omnichannel Readiness Index (ORI), der zeigt, wie gut online und stationärer Verkauf zusammenspielen. Den Index erstellt haben der Verband des Schweizer Versandhandels (VSV), der Marktforscher Mindtake und Google Schweiz. Gemeinsam befragten sie 50 Händler und 1000 Konsumenten. Bewertet wurden etwa Kategorien wie Kunden-Navigation, Information, Transparenz, Kontakt- und Zahlungsmöglichkeiten sowie Loyalitäts-Programme.

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Überraschendes Ergebnis

«Dass die Baumärkte den besten Durchschnittswert erreichen, hat mich überrascht», sagt VSV-Präsident Patrick Kessler. An der Studie beteiligt haben sich in dieser Kategorie Coop Bau & Hobby, Migros Do it + Garden sowie Jumbo und Hornbach.

Sie liegen vor Schmuck- und Uhrenläden, Warenhäuser sowie Elektronik- und Möbelhändler. Der Grund für das gute Abschneiden sieht Kessler in der hohen Interaktion. «Will jemand ein Gartenhaus bauen, informiert er sich online, wie das genau funktioniert und was er dafür alles braucht. Dann geht er in den Baumarkt, um sein Material zu kaufen.» Deshalb hätten die Baumärkte ihre beiden Verkaufskanäle gut miteinander verbunden.

Ansprüche der Kunden gestiegen

Das erklärt auch, wieso etwa die Branchen Musik und Bücher sowie Lebensmittelhandel und Drogerie weniger gut in dem Index abschneiden. Händler, die beispielsweise online Lebensmittel verkaufen, bieten üblicherweise keine Retouren-Option an. Das wiederum hat dann negative Auswirkungen auf die Positionierung im Index. Kessler spricht auch weniger von einem Ranking mit Gewinnern und Verlierer. «Es geht eher darum, dass sich die Händler innerhalb ihrer Branche messen und vergleichen können.» Die Studie gibt Hinweise, wo sie sich verbessern können.

Nötig ist das besonders, weil die Ansprüche der Kunden steigen. So erwarten mehr als 50 Prozent der Befragten, dass sie den genauen Zeitpunkt der Zustellung bestimmen können. Die Heimlieferung auf eine bestimmte Uhrzeit bieten laut Kessler aber erst drei Händler an.

Noch wichtiger ist den Kunden, dass sie bereits im Online-Shop sehen, ob ein Produkt in der Filiale an Lager ist. Gewünscht ist auch eine Filterfunktione, um zu sehen, in welcher Filiale ein Artikel vorhanden ist. Diesen Service bietet erst ein Händler an.

So können sich Händler verbessern

Verbessern können sich die Händler auch, was die Kontaktmöglichkeiten betrifft. Die Kunden verlangen etwa, dass Händler über eine Email-Adresse, Telefonnummer und Rückruffunktion verfügen. Letzteres bieten erst ein Händler an. «Manche Online-Händler glauben, dass sie die Kunden kommunikativ fernhalten können», sagt Kessler. Da sehe er deutlichen Aufholbedarf.

Wenig Angebot findet sich auch beim sogenannten «Reserve & Collect». Der Kunde reserviert online einen Artikel, begutachtet ihn dann im Laden und entscheidet vor Ort, ob er ihn kaufen will. «Dieses Angebot wäre für Händler ein 'quick win'», sagt Saskia Tönnesmann, Industry Manager bei Google Schweiz.

Auch in der Vertriebs-Organisation könnte noch einiges besser gemacht werden: 54 Prozent der Unternehmen trennen heute E-Commerce und stationärer Handel. «Um die Mitarbeiter und die Unternehmenskultur effizient auf Omnichannel auszurichten, müssen bestehende Strukturen aufgebrochen und Aufgabenfelder neu verteilt werden», so Tönnesmann.

Vorschläge dazu erhalten die Unternehmen diesen Freitag am Branchentreff in Zürich. In zwei Jahren soll voraussichtlich eine Neuauflage der Studie folgen. Spätestens dann wird sich zeigen, wie stark die Händler aufholen konnten.