«Graeme Hart hat unsere Produktionsbetriebe in Neuhausen noch nie besucht», meint SIG-Pressesprecher Thomas Werder. Doch es gebe einige wenige Topmanager der SIG, die ihn kennen gelernt hätten. Und zwar im Rahmen der Due Diligence, da wurde vor Spezialisten der neuseeländischen Rank Group und eben Graeme Hart eine Unternehmenspräsentation gemacht. «Wo fand diese Präsentation statt?» – «Irgendwo zwischen der Schweiz und Neuseeland, mehr darf ich nicht sagen.»

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Graeme Hart ist berühmt für seine fast schon krankhafte Öffentlichkeitsangst. Der Neuseeländer gibt höchst selten Interviews, es exis-tieren kaum Fotos, von seinem Privatleben sickert praktisch nichts in die Medien. Dabei gäbe es über den 51-Jährigen einiges zu berichten. Nachdem er die Schule mit 16 Jahren verlassen hatte, verdiente sich Hart seine ersten Dollars als Fahrer eines Sattelschleppers, später versuchte er sich als Autoschlosser, danach besuchte er die renommierte Otago-Universität im neuseeländischen Dunedin. Seiner 1987 verfassten Abschlussarbeit für den MBA legte Hart eine These zugrunde, wie sich die damals unbedeutende Verleihfirma Rank zu einem grossen Firmenkonglomerat ausbauen liesse.

Über eben diese Firma Rank startete Graeme Hart vor knapp zwanzig Jahren eine Karriere als klassischer Firmenraider. In immer rascherer Folge und immer grösserem Umfang kaufte er unterbewertete Unternehmen, versilberte die Filetstücke, päppelte schlecht laufende Bereiche wieder auf und veräusserte auch diese, um mit den gelösten Mitteln den nächsten Deal zu finanzieren. Ein saftiger Fischzug gelang seiner Rank Group vor einigen Monaten, als sie den australischen Nahrungsmittelkonzern Burns Philp übernahm, privatisierte und teilweise verkaufte; ein grosses Stück, der Snackhersteller Uncle Tobys, wurde für über 800 Millionen Franken von Nestlé eingesackt. Gegen drei Milliarden Franken liess sich Hart die Übernahme des neuseeländischen Papier- und Verpackungsspezialisten Carter Holt Harvey kosten. Sein Raidertum hat Graeme Hart zum reichsten Neuseeländer gemacht; laut dem US-Wirtschaftsmagazin «Forbes» nennt der 51-Jährige runde 3,3 Milliarden Franken sein Eigen.

So ungewöhlich wie seine Karriere, so ungewöhnlich auch sein Privatleben. Der Vater zweier Kinder liebt es, mit den Haien schwimmen zu gehen – mit jenen im Meer. «Es gibt mir einen Kick, wenn um mich herum Hammerhaie schwimmen», beschrieb Hart einst sein gefährliches Hobby. Schon fast gewöhnlich nimmt sich dagegen seine Liebe fürs Segeln aus. Vor wenigen Jahren kaufte er sich für die Kleinigkeit von 45 Millionen Franken eine 63-Meter-Hochseeyacht und taufte sie auf «Ulysses». Anfang dieses Jahres geriet Hart deswegen jedoch ungewollt in die Schlagzeilen; er barg in der Nähe der neuseeländischen Insel Waiheke drei Menschen sowie einen Hund von einem brennenden Boot und brachte sie ans Ufer. Bevor die Rettungskräfte bei Graeme Hart Informationen über die Rettung einholen konnten, war dieser auch schon verschwunden. Den Journalisten, die bei Rank Group vorsprachen, wurde gesagt, man habe nichts zu sagen und Mr. Hart sei sowieso nicht zu erreichen.

Es sieht ganz so aus, als ob Graeme Hart nun seinen Fokus vermehrt vom Firmenraider zum Unternehmer verschiebt. Bei der SIG in Neuhausen jedenfalls wird Rank als «attraktiver Partner» gelobt. Auch zeigt man sich zuversichtlich, dass die Firma nicht einfach zerstückelt, sondern weitergeführt wird. Rank hat den Schweizern zugesichert, den Konzern unter dem bisherigen Management, am bisherigen Sitz und unter bisherigem Namen weiterführen zu wollen.

Die Rank Group arbeitet schon seit geraumer Zeit daran, einen globalen Konzern aufzubauen, der ein breites Spektrum an Verpackungslösungen anbieten kann. So soll die SIG mit der bereits früher für 600 Millionen Franken von International Paper übernommenen Getränkeverpackungsfirma BevPack zusammengeführt werden. Dazu gesellt sich die Verpackungsdivision von Carter Holt Harvey. Graeme Hart jedoch soll, so wird gemunkelt, noch Gewaltigeres vorschweben. So soll er es nun auf die Amcor-Gruppe abgesehen haben. Allerdings ist Amcor sogar für Rank ein ziemlich schwerer Brocken; der nach eigenem Bekunden führende Verpackungskonzern Australiens und Neuseelands sowie weltweit die Nummer zwei erzielte im vergangenen Geschäftsjahr einen Umsatz von 11,4 Milliarden Franken. Und die Börsenkapitalisierung stellt sich auf 6,7 Milliarden.

Am 7. Mai dieses Jahres bittet SIG zur letzten Generalversammlung. Da werden wohl nochmals viele Aktionäre des Verpackungskonzerns erscheinen, nicht zuletzt in der Hoffnung, einen schnellen Blick auf den neuseeländischen Exzentriker werfen zu können. Es bleibt wohl bei der Hoffnung.