Wie der Konzern mitteilte, sei es wegen der Überkapazitäten für Feinpapier in Europa in den letzten Jahren unmöglich geworden, die stark ansteigenden Kosten für Rohstoffe und Energie auszugleichen.

Das Management des südafrikanischen Mutterkonzerns Sappi habe mehrere Szenarien seriös geprüft und sei leider zum Schluss gekommen, dass die Schliessung des Werks für das Gesamtunternehmen am besten sei, erklärte Sappi-Verwaltungsrat Mat Quaedvlieg vor den Medien in Biberist.

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Gut gearbeitet

Sappi-Verwaltungsratspräsident Berry Wiersun stellte der Belegschaft und der Geschäftsleitung von Biberist ein ausgezeichnetes Zeugnis aus. Sie gehörten zu den Besten im ganzen Konzern und hätten alles getan, um Kosten zu senken. Fixkosten wie Löhne seien denn auch nicht der Grund für die Schliessung.

Die Gründe für die nach Ansicht des Sappi-Managements unausweichliche Schliessung lägen ausserhalb des Werks. Anhaltende Überkapazitäten in der Papierindustrie, weiter steigende Zellstoffpreise und höhere Energiekosten seien dafür verantwortlich.

Biberist habe zwar 2009 aufgrund von ungewöhnlich tiefen Zellstoffpreisen ein sehr gutes Ergebnis erzielt, 2010 sei der Zellstoffpreis aber stark angestiegen und Biberist sei in die Verlustzone geraten und arbeite derzeit noch immer mit Verlust.

Negativ für den Standort Biberist habe sich ausgewirkt, dass das einzige Werk von Sappi in der Schweiz, keinen eigenen Zellstoff herstellt habe wie die anderen grösseren Werke. Das sei ein gewichtiger Kostennachteil.

Strukturelles Problem

Wiersun betonte, dass es sich um keine vorübergehende Durststrecke handle. Das Management sei überzeugt, dass sich ein definitiver Trend einstelle. Die Nachfrage nach Papier gehe auch in Zukunft weiter zurück.

Der Zellstoffpreis sei ausserdem in den letzten sieben Jahren mit Ausnahme von 2009 immer gestiegen. Um dies auszugleichen müssten die Verkaufspreise erhöht werden, was aber angesichts der Überkapazitäten nicht möglich sei.

Das Management schliesst einen Verkauf als Alternative zur Schliessung nicht aus. Laut Verwaltungsratspräsident Wiersun darf der neue Besitzer aber die Produkte von Sappi nicht konkurrieren.

Gemeinde und Belegschaft erschüttert

Der Gemeindepräsident von Biberist, Martin Blaser, erklärte, er könne die Argumente von Sappi zwar nachvollziehen, er sei aber überzeugt, dass die Globalisierung Biberist übel mitgespielt habe. Die Distanz des Eigentümers zum Werk sei zu gross gewesen. Verantwortungsvolle Manager suchten andere Lösungen.

Der Gemeindepräsident der Nachbarsgemeinde Gerlafingen, Peter Jordi, verwies auf die ähnliche Situation von Gerlafingen vor 15 Jahren bei der Schliessung des Von Roll-Stahlwerks. Es werde "ein Stück aus dem Körper der Standortgemeinde herausgerissen".

Sappi-Verwaltungsratspräsident Wiersun äusserte Verständnis, die finanzielle Realität habe dem Verwaltungsrat aber keine Wahl gelassen. Für die Beschäftigten würden Lösungen gesucht. Sappi hat im deutschsprachigen Raum noch Werke in Deutschland und Österreich.

Die Beschäftigten wurden am Donnerstagmorgen informiert. Die anwesenden rund 400 Beschäftigten seien geschockt gewesen, erklärte Nicolas Mühlemann, Geschäftsführer des Werks Biberist. Die Enttäuschung sei sehr gross.

Mühlemann, selber seit 22 Jahren im Unternehmen, zeigte sich tief betroffen, mit Herzblut habe man gekämpft, jetzt würden Frust, Niedergeschlagenheit und private Ängste vorherrschen. Für die Belegschaft stehe vor Ort ein Care-Team zur Verfügung. Am Freitag wird eine erste Sitzung im Rahmen des Konsultationsverfahrens stattfinden.

Unia verurteilt Vorgehen

Die Gewerkschaft Unia kritisierte das Vorgehen des Sappi-Vorstands. Beim Schliessungsentscheid sei die frühzeitige Information der Sozialpartner und der Arbeitnehmervertreter unterlassen worden. "Die Belegschaft, die Arbeitnehmervertretung und die Gewerkschaften werden damit vor vollendete Tatsachen gestellt", schreibt die Unia in einer Medienmitteilung. Sie verurteile dieses Vorgehen aufs Schärfste.

Man werde nun die betriebliche Lage genau analysieren und Alternativen zur geplanten Betriebsschliessung prüfen.

(laf/sda)