Seit die Seiler Hotels vor 16 Monaten ganz in der Jelmoli Holding aufgegangen sind, werden an der Schweizer Börse noch zwei eigentliche Hoteltitel gehandelt: Victoria-Jungfrau Collection (VJC) mit vier 5-Sterne-Häusern und Sunstar Holding mit zehn 4- und 3-Sterne-Häusern.

«Die Schweizer Hotelketten sind nur bedingt kapitalmarktfähig», meint Mario Davatz, Analyst der Bank Sal. Oppenheim, welche die VJC abdeckt: Deren Performance ist seit 2008 «lediglich» um 22% auf 280 Fr. zurückgegangen. «Wir halten an unserem fairen Wert von 400 Fr. fest; die Aktie ist für uns ein Value Stock mit stattlichen stillen Reserven», ergänzt Davatz. Fazit: «Kaufen.»

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Enorme Auflagen für ein KMU

Die Aktien der VJC werden an zwei Börsen gehandelt; seit 1953 an der BX Berne Exchange und seit 1996 an der SIX Swiss Exchange. «Lange waren wir im Hauptsegment notiert. Mittlerweile sind wir als einzige Hotelkette in den Small Caps gelistet», so Emanuel Berger, Delegierter des Verwaltungsrates. Zu den Grossaktionären gehören: Kuwait Investment mit 23,80%, Financière Terramaris mit 14,29%, Berner Kantonalbank mit 12,11%, Gebäudeversicherung Bern mit 6,13%, Novartis mit 4,32% und Tegula mit 3,79% - dafür haben Roche, Swiss Re und UBS ihre Beteiligungen auf unter 3% reduziert.

Die Kotierung hat laut Berger für die Victoria-Jungfrau Collection Vor- und Nachteile: «Auf der einen Seite vermittelt sie dem Investor zusätzliche Transparenz. Der tägliche Handel unserer Titel veranschaulicht ihm einen ?echten? aktualisierten Wert. Auf der andern Seite konnten wir die Vorzüge der Börse für Kapitalbeschaffung nie nutzen. Die Auflagen bei der Rechnungslegung und Berichterstattung sind für ein vergleichsweise doch kleineres Unternehmen enorm. In der Schweiz sind wir mit vier Luxushotels aber bereits ein ?Grosser?, wenngleich wir mit einem jährlichen Umsatzvolumen von 95 Mio Fr. im KMU-Bereich angesiedelt sind. Hätten wir nur einen Betrieb, so würde die Kotierung keinen Sinn machen.»

Von Biochemie zur Hotellerie

Zu einem «Friendly Takeover» ist es Mitte Januar bei der Sunstar Holding gekommen: Peter Grogg, Mehrheitsaktionär der Biochemiefirma Bachem, hat über seine Investmentgesellschaft Ingro Finanz von der Gründerfamilie Buser die Aktienmehrheit (52,6%) erworben und dafür gesorgt, dass die 40-jährige Firma in Schweizer Besitz bleibt. Derzeit bewegt sich der Kurs der im Nebensegment der SIX notierten Sunstar um 1260 Fr. (+0,8% in zwölf Monaten, aber -2,7% in sechs Monaten).

Zu seinem überraschenden Engagement in der Hotellerie sagt Grogg auf Anfrage der «Handelszeitung»: «Ich habe nicht vor, ein Tourismusportfolio aufzubauen. Mir geht es um eine Vermögensdiversifizierung an der Börse, da ich ansonsten vor allem in der Industrie investiert bin.» Gegen Victoria-Jungfrau Collection habe er sich entschieden, weil die Sunstar Holding eine Opting-out-Klausel biete. «Zudem denke ich, dass hierzulande die 4-Sterne-Hotellerie besser positioniert ist als der 5-Sterne-Bereich.»

Der neue Investor von Sunstar ist sich bewusst, dass der Tourismus weniger Rendite abwirft als etwa die Biochemie. «Trotzdem soll mein Engagement nicht ein Hobby werden, schliesslich will ich nicht nur Zeit und Geld investieren, sondern Profit machen.» Seinen Einstieg und die vorgesehene Expansion will sich Grogg bis zu 100 Mio Fr. kosten lassen. «Wenn es Sinn macht, dann kann es auch mehr werden.» Für die Ära nach ihm hat der 67-jährige Unternehmer bereits vorgesorgt: «Meine Töchter werden übernehmen. Ein Verkauf steht nicht zur Diskussion.»

 

 

NACHGEFRAGT



«Es würde auch ohne Mäzene funktionieren»

Guglielmo Brentel ist Präsident des Verbands Hotelleriesuisse.

Wie stünde die Schweizer Luxushotellerie ohne finanzkräftige einheimische Investoren da?

Guglielmo Brentel: Da sich nur ein kleiner Anteil der Luxushotels in den Händen von Schweizer Investoren befindet, würde es auch ohne Mäzene funktionieren. Es wäre aber eine Einbusse für dieses Segment. Im 5-Sterne-Bereich herrschen besondere Wettbewerbsbedingungen. Hier werden Investitionen nicht unbedingt aufgrund von kommerziellen Überlegungen getätigt und der Zwang zur Rentabilität steht nicht an erster Stelle.

Weshalb engagieren sich solche Mäzene also trotzdem?

Brentel: Die Mäzene machen es wegen ihrer persönlichen Affinität zur Luxushotellerie. Der grosse Teil der Investoren, ob privat oder institutionell, erhält mit seiner finanziellen Beteiligung oder seinem Kauf eine Kapitalanlage mit langfristiger Wertsteigerung, die eine sichere - und manchmal auch hohe - Rendite abwirft. Entsprechend steht nicht umsatzmässige Lukrativität im Vordergrund, sondern eine sichere Rückzahlungsquote, die im Verhältnis zur Investition steht.

Lässt sich dieses Jahr überhaupt noch Geld verdienen?

Brentel: Die Krise wird ihre Spuren auch in der Luxushotellerie hinterlassen. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht einfach, Prognosen bezüglich Erträgen zu tätigen. Viel wird auch vom Greifen der Marketingmassnahmen abhängen. Wichtig in der Luxushotellerie ist der stets hohe Anspruch an die Qualität und die Positionierung mit Premiumangeboten.

Wie geht es unseren Luxushotels nach dem Rekordjahr 2008 und den Sportferien 2009?

Brentel: Die Krise hat die Luxushotellerie in der Schweiz schon erreicht. So konnte im 4-Sterne-Bereich die Auslastung im Jahr 2008 zwar leicht gesteigert werden, aber die 5-Sterne-Häuser konnten die Logiernächte im Vorjahresvergleich nicht halten. Umfragen haben ergeben, dass die Hoteliers in den Ferienzielen die Buchungen bis Mitte März als zufriedenstellend betrachten.