Eine Hand voll Studenten sitzt in der Bibliothek und recherchiert für die nächste Hausarbeit – morgens um drei Uhr. An der London School of Economics (LSE) ist das durchaus üblich. Seit Anfang Mai ist die Library of Economic and Political Science rund um die Uhr geöffnet, Studenten und Wissenschaftler können mehr als vier Millionen Werke, 500 PCs und 226 Laptop-Arbeitsplätze jederzeit nutzen. Fast 45 Millionen Euro liess sich die rund 100 Jahre alte Universität die Modernisierung kosten.
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Schon aus eigenem Anspruch. Neben Oxford und Cambridge gehört die LSE zu den akademischen Topadressen Grossbritanniens und Europas. Nur wenige Unis haben ein vergleichbares Renommee und ein so internationales Profil: Auf dem Campus sind Studenten aus rund 150 Ländern präsent. Von den 7750 derzeit Immatrikulierten stammen nur 38 Prozent aus Grossbritannien, 18 Prozent aus anderen EU-Staaten. Der Rest – und damit die Hälfte der Kommilitonen – stammt aus allen Teilen der Welt.
Das sichert der LSE finanzielle Unabhängigkeit. Studenten aus Nicht-EU-Staaten – also auch aus der Schweiz – müssen Studiengebühren bezahlen. Das Undergraduate-Programm dauert drei Jahre, der Master ein weiteres Jahr. Zu den prominenten Exstudenten zählen Altrocker Mick Jagger oder Finanzmogul George Soros.
Wer die Beschaulichkeit eines traditionellen britischen Campus sucht, geht besser nicht an die LSE. Die Uni steht in der Houghton Street mitten in der Londoner Innenstadt, da, wo der Verkehr lärmt und die Autoabgase stinken. Zu Fuss sind es keine zehn Minuten bis zu den Theatern am Covent Garden. Kein Unterricht im Elfenbeinturm, sondern nahe an der realen Praxis wollen die Professoren geben. Rektor Howard Davies kommt von der Aufsichtsbehörde Financial Service Authority (FSA), sein Vorgänger, der Soziologe Anthony Giddens, war Tony Blairs Berater und der Erfinder der «neuen Mitte».
Das Motto der Schule heisst «Rerum cognoscere causas», die Ursachen der Dinge erkennen. Solcherart mit profundem Wissen ausgestattete Absolventen sind stets Ziel von Personalsuchern. Goldman Sachs, KPMG oder Accenture werben auf dem Campus regelmässig um Spitzenkräfte. Die Studienbedingungen, die angesehenen Professoren und das internationale Netzwerk aus brillanten Köpfen sprechen dafür. Das alles hat seinen Preis. Das Leben in London ist extrem teuer, und der Druck, einen exzellenten Abschluss zu erreichen, fordert Einschnitte im Privatleben.