Die Grosssägereiprojekte in der Schweiz erhitzen seit längerem die Gemüter. Während sich die Waldwirtschaft über die wachsende Konkurrenz unter ihren Kunden freut, warnten Säger bald einmal vor Überkapazitäten. Inzwischen ist die vom Kanton Graubünden massiv geförderte Grosssägerei der österreichischen Gebrüder Stallinger in Domat/Ems in Betrieb, während der Österreicher Andreas Kogler mit seinen Plänen Ende April im bernischen Müntschemier scheiterte: Die Gemein-de lehnte einen Landverkauf nach heftigem Abstimmungskampf klar ab.
Ob Kogler, der zuvor schon in Luterbach und Niederbipp scheiterte, für sein Vorhaben mit einer Kapazität von 1 Mio m3 nach einem neuen Standort sucht, ist noch offen. «Wir können dazu im Moment keine Stellungnah-me abgeben», erklärt Andreas Kogler gegenüber der «Handelszeitung». «Wir klären das jetzt sorgfältig ab und entscheiden dann.»
Am Standort Luterbach ist die Schilliger Holz AG an die Stelle von Kogler getreten. Geschäftsführer Ernest Schilliger: «Gegen unseren Gestaltungsplan wurden vier Einsprachen eingereicht. Über diese wird der Gemeinderat voraussichtlich Anfang Juni entscheiden.» Die Einsprachen könnten die Realisierung verzögern. Sie würden aber keine «Killer» enthalten, die das Projekt grundsätzlich gefährden könnten.
Die gegenwärtig zweitgrösste Sägerei der Schweiz mit Standorten in Küssnacht am Rigi, Perlen LU und La Chaux-de-Fonds NE will ein Werk mit einer Kapazität von 600000 m3 bauen (siehe auch «Nachgefragt»). Damit würde Schilliger seine Einschnittleistung verdreifachen.
Aber auch bei den nächstgrösseren Unternehmen Despond (Bulle FR), Zahnd (Rueyres VD), Lädrach (Worb und Erlenbach BE) und Lehmann (Gossau SG) bleibt man nicht untätig. Werden alle Ausbaupläne realisiert, so steigt deren Kapazität bis 2009 auf rund 750000 m3, gegenüber 450000 m3 im Jahr 2006.
Mehr Exportholz im Inland
Obwohl auch spezialisierte kleinere und mittlere Sägewerke investieren, geht daneben die Strukturbereinigung ? es gibt in der Schweiz noch rund 300 Sägereien ? unvermindert weiter, wobei häufig Nachfolgeprobleme und technisch veraltete Anlagen zum Aufgeben veranlassen. Selbst Grossunternehmen werden von der Konzentration nicht verschont: Im vergangenen April verkauften die Gebrüder Franz und Leopold Stallinger ihre Werke in Österreich und Deutschland an Mayr-Melnhof Holz. An der neuen Sägerei in Domat/Ems beteiligte sich Mayr-Melnhof mit 25%.
Die Waldwirtschaft warf den Sägereien einst vor, sie seien verschlafen, weshalb man Rundholz lieber in die besser bezahlenden Nachbarländer exportiere. Jetzt, mit gestiegenem Bedarf, bemängeln die Sägereien die ungenügende Waldnutzung. «Die Schweizer Holzindustrie ist darauf angewiesen, dass der Exportstrom noch stärker auf die eigenen Werke umgelenkt werden kann», stellt Hansruedi Streiff, Direktor von Holzindustrie Schweiz, fest. Immerhin: 2007 sanken die Rundholzexporte um einen Viertel auf den tiefsten Stand seit 1999. Wichtigste Gründe dafür waren das Sturmholz von «Kyrill» und das Anfahren des Werks Domat/Ems. Zum Bewirtschaftungsstand meint Streiff: «Die Zunahme der geernteten Menge ist noch zu zögerlich.»
Preise sind «absolut im Keller»
Auch Markus Lädrach, Geschäftsführer der Otto Lädrach AG, stellt fest, dass es aufwendiger geworden sei, die notwendigen Mengen zu beschaffen. «Es ist», ergänzt Lädrach, «auch nur eine begrenzte Menge an qualitativ gutem Holz vorhanden.» Lädrach beginnt dieser Tage mit dem Ausbau des Werks in Worb im Kanton Bern und stellt darum für drei Monate die Produktion ein. Der zweite Standort in Erlenbach im Berner Simmental wird laufend optimiert. Lädrach gibt einem sanften Ausbau den Vorzug. In der Theorie sei der Exportmarkt für Schnittholz unbegrenzt, bemerkt er. «Aber im Moment läuft überhaupt nichts.» Die Schnittholzpreise seien ? anders als noch vor einem Jahr ? heute «absolut im Keller».
Trotz dieser Baisse ist klar: Wenn die geplanten Kapazitäten realisiert werden, brauchen die Sägereien mehr Nadel-Stammholz. Auf Seiten der Waldbesitzer sieht man der kurz- und mittelfristigen Marktentwicklung «relativ gelassen» entgegen, wie Roland Furrer vom Branchenverband Waldwirtschaft Schweiz ausführt. Die jüngste Holzschlagsaison habe eine rege Nachfrage und anständige Preise gebracht.
In den vergangenen zwei Jahren haben sich die Schweizer Rundholzpreise, mit Preissteigerungen von 25 bis 55%, in Richtung des (höheren) mitteleuropäischen Niveaus bewegt. «Holz ist heute begehrt und gesucht», begründet Furrer die Zuversicht, auch wenn der Kampf um diesen Rohstoff nicht mehr ganz so intensiv sei wie vor zwei Jahren. Holz brauchen nicht nur die Sägereien, sondern auch Kunden wie Heizwerke, Plattenproduzenten und die Papierindustrie (siehe Grafik links).
NACHGEFRAGT
«Man sucht neue Märkte»
Ernest Schilliger, Chef der Schilliger Holz AG, über die Pläne in Luterbach SO, die österreichische Konkurrenz und die Kreditkrise.
Ist der Kampf ums Holz härter geworden?
Ernest Schilliger: Nein, im Gegenteil. Die Kreditkrise in den USA und der völlige Zusammenbruch des dortigen Marktes ? die amerikanischen Einfamilienhäuser werden überwiegend in Holz gebaut ? haben zu einer gewaltigen Schwemme an Schnittholz geführt, die vom Markt nicht aufgenommen werden kann.
Wie reagiert die Branche darauf?
Schilliger: Einzelne grössere Konkurrenten in Europa haben ihre Kapazitäten zurückgefahren. Es wurden Ausbauprojekte verschoben, und man sucht nach anderen Märkten, im Mittleren Osten, in Asien und Osteuropa. Attraktiv sind momentan Märkte, die nicht auf dem Dollar basieren.
Andreas Kogler und auch Ihr Konkurrent Stallinger kommen aus Österreich. Warum drängen die Österreicher in die Schweiz?
Schilliger: In Österreich sind die Sägereikapazitäten grösser als das Rohstoffvolumen, das jährlich nachwächst. Da ist ein Ausweichen auf die Schweiz nahe liegend, weil wir eines der wenigen Länder sind, wo mehr Holz nachwächst als geschlagen wird.
Wie wollen Sie künftig für die geplante Kapazität von 600000 m3 im Grosssägewerk in Luterbach im Kanton Solothurn die notwendigen Holzmengen beschaffen?
Schilliger: Wir suchen den direkten Weg zum einzelnen Wald- und Holzbesitzer. Das funktioniert bei unserem Unternehmen seit 150 Jahren so. Und wir kaufen schon seit Generationen in dieser Region ein. Ich betrachte unsere Versorgung als mehr oder weniger gesichert, wenn nicht noch ein weiteres Grosssägewerk kommt.
Sie wollen im Oktober 2009 ein Grosssägewerk in Luterbach (SO) in Betrieb nehmen: Wie ist der Stand der Dinge?
Ernest Schilliger: Gegen unseren Gestaltungsplan wurden vier Einsprachen eingereicht. Über diese wird der Gemeinderat voraussichtlich Anfang Juni entscheiden. Die Einsprachen können die Realisierung verzögern. Sie enthalten aber keine «Killer», die das Projekt grundsätzlich gefährden.
Vor Ihnen ist Andreas Kogler in Luterbach gescheitert. Haben Sie einfach sein Projekt übernommen?
Schilliger: Wir mussten nochmals bei Null anfangen. Unser Projekt ist kleiner, und es ist geographisch etwas verschoben, weil die Zelluloseproduzentin Borregaard einen Teil ihres Landes für eigene Bedürfnisse braucht. Unverändert bleibt, dass wir im Verbund mit anderen Firmen einen eigentlichen Holzcluster realisieren wollen, mit Schnitzelverwertung, Pellets- und Wärmeproduktion.
Wie wollen Sie für die geplante Kapazität von 600000 m3 die notwendigen Holzmengen beschaffen?
Schilliger: Wir suchen den direkten Weg zum einzelnen Wald- und Holzbesitzer. Das funktioniert bei unserer Firma seit 150 Jahren so, und wir kaufen schon seit Generationen in dieser Region ein. Ich betrachte unsere Versorgung als mehr oder weniger gesichert, wenn nicht noch ein weiteres Grosssägewerk kommt.
Andreas Kogler und auch ihr Konkurrent Stallinger kommen aus Österreich. Warum drängen die Österreicher in die Schweiz?
Schilliger: In Österreich sind die Sägereikapazitäten grösser als das Rohstoffvolumen, das jährlich nachwächst. Da ist ein Ausweichen auf die Schweiz naheliegend, weil wir eines der wenigen Länder sind, wo mehr Holz nachwächst als geschlagen wird.
Ist der Kampf ums Holz härter geworden?
Schilliger: Nein, im Gegenteil. Die Kreditkrise in den USA und der völlige Zusammenbruch des dortigen Marktes ? die amerikanischen Einfamilienhäuser werden ganz überwiegend in Holz gebaut ? haben zu einer gewaltigen Schwemme an Schnittholz geführt, die vom Markt nicht aufgenommen werden kann.
Und wie hat die Branche darauf reagiert?
Schilliger: Einzelne grössere Konkurrenten in Europa haben ihre Kapazitäten zurückgefahren. Es wurden Ausbauprojekte verschoben, und man sucht nach anderen Märkten, im Mittleren Osten, Asien und Osteuropa. Attraktiv sind momentan Märkte, die nicht auf dem Dollar basieren.