Der Börsengang des Rohstoffriesen Glencore ist ein Erfolg: Mit einem Volumen von 11 Milliarden Dollar hat der Zuger Konzern den drittgrössten Börsengang eines europäischen Unternehmens geschafft. Insgesamt ist Glencore nun 60 Milliarden Dollar wert.
Die Platzierung der Aktien sei erfolgreich verlaufen, teilte Glencore am Donnerstag mit. Das Interesse der Investoren weltweit sei gross gewesen, erklärte Konzernchef Ivan Glasenberg. Man hätte noch viel mehr Aktien verkaufen können. Das Angebot sei signifikant überzeichnet gewesen.
Den Ausgabepreis für die Titel legte Glencore genau in der Mitte der Preisspanne bei 530 Pence fest. Der verschwiegene Konzern aus Baar ZG bringt 16,9 Prozent seiner 6,9 Milliarden Aktien an die Börsen von London und Hongkong. Dies bringt brutto rund 10 Milliarden Dollar. Darin ist eine Mehrzuteilungsoption von weiteren 10 Prozent der Aktien noch nicht eingerechnet, die etwa eine weitere Milliarde Dollar abwerfen wird.
Grösser waren in Europa bisher nur die Börsengänge des italienischen Energiekonzerns Enel und der Deutschen Telekom. Enel brachte 1999 eine Summe von 17,4 Milliarden Dollar zusammen, die Deutsche Telekom 1996 ein Total von 20 Milliarden Deutsche Mark (16 Milliarden Franken). Überholt hat Glencore indes den russischen Ölkonzern Rosneft, der vor fünf Jahren 10,6 Milliarden Dollar eingenommen hatte.
Geldbedarf
Glencore ist mit 145 Milliarden Dollar umsatzmässig zwar das zweitgrösste Unternehmen der Schweiz nach der Genfer Ölhändlerin Vitol (195 Milliarden Dollar). Der Baarer Konzern braucht aber Kapital für seine Expansion im Rohstoffgeschäft.
Bisher habe Glencore Partner bei ihrem Ausscheiden über fünf Jahre auszahlen müssen. "So verloren wir viel Liquidität. Das können wir uns nicht mehr leisten", hatte Glasenberg vor einem Monat in einem Interview gesagt.
"Wir haben in den letzten Jahren grosse Industrie-Anlagevermögen erworben, die wir veräussern müssten, um in der bestehenden Struktur Partner auszuzahlen. Das wollen wir nicht", hatte Glasenberg gesagt.
Durch den Börsengang fliessen 7,9 Milliarden Dollar in die Kassen von Glencore und 2,1 Milliarden Dollar an die bisherigen Aktionäre. Mit dem Geld will der Konzern in den nächsten Jahren Schulden abbauen und im Rohstoffgeschäft expandieren. Unter anderem soll die Beteiligung am kasachischen Zinkproduzenten Kazzinc von 51 auf 93 Prozent ausgebaut werden.
Schweizer Banken als Kernaktionäre
31 Prozent der veräusserten Aktien ging an eine Gruppe von 12 Kernaktionären, die ihre Titel ein halbes Jahr nicht verkaufen dürfen. Darunter sind die Schweizer Banken UBS, Credit Suisse und Pictet. Während die CS 175 Mio. Dollar in Glencore-Titel steckt, investieren UBS und Pictet je 100 Mio. Dollar.
Auf Basis der 530 Pence bringt Glencore eine Marktkapitalisierung von 59,2 Milliarden Dollar auf die Waage. Dazu kommt noch die Mehrzuteilungsoption (sog. "Greenshoe") im Wert von rund 1 Milliarden Dollar, die im Falle grosser Nachfrage innert 30 Tagen auf den Markt geworfen werden kann.
Der eigentliche Börsenhandel an der London Stock Exchange (LSE) soll am nächsten Dienstag starten und einen Tag später dann auch an der Börse von Hongkong. Wahrscheinlich wird Glencore angesichts seiner Grösse mit der Notiz in London schon am Ende des ersten Handelstages in den Leitindex FTSE 100 aufsteigen. Das hat es seit 25 Jahren nicht mehr gegeben.
Bereits begonnen hat der Grauhandel, mit dem Aktien bereits vor ihrer Börsennotierung den Besitzer wechseln können. Konkret werden Termingeschäfte auf Aktien der bevorstehenden Emission geschlossen.
Und im Grauhandel in London haben die Investoren Glencore freundlich aufgenommen. Zunächst stieg der Kurs bis um 4,4 Prozent auf 553,17 Pence. Danach gab die Aktie wieder auf 541 Pence nach.
Im Hinblick auf den Börsengang hat Glencore seinen juristischen Sitz auf die englische Kanalinsel Jersey verlegt. Der Haupt- und Steuersitz bleiben aber in Baar ZG.
Für die Zuger Steuerbehörden gilt Glencore immer noch als Schweizer Unternehmen, wie es im Mitte März veröffentlichten Börsenprospekt von Glencore heisst. Weil Glencore jetzt in Jersey registriert ist, untersteht der Konzern aber nun dem britischen Übernahmerecht - wie die meisten an der Londoner Börse kotierten Grosskonzerne.
Glencore-IPO macht fünf Manager zu Milliardären
Der Börsengang von Glencore macht seine bisherigen knapp 500 Eigentümer aus Management und Angestellten steinreich. Fünf Spitzenmanager sind nun Milliardäre. Der Reichste ist Konzernchef Ivan Glasenberg, dessen Beteiligung von 15,7 Prozent am Rohstoffkonzern derzeit 9,3 Milliarden. Dollar wert ist. Dazu kommt noch die Dividende von 350 Millionen Dollar, die Glencore im August auszahlen will, was Glasenberg rund 55 Millionen Dollar aufs Konto spülen dürfte. Allerdings darf der Südafrikaner mit Schweizer Pass seine Titel fünf Jahre nicht verkaufen. Solange er für Glencore arbeite, werde er keine Aktien veräussern, hatte Glasenberg vor einem Monat in einem Interview erklärt.
Auf Platz zwei liegt der Spanier Daniel Francisco Maté Badenes. Der 47-jährige Co-Direktor des Zink-, Kupfer- und Bleigeschäfts besitzt 416,5 Millionen oder 6 Prozent der Glencore-Aktien, was einen Wert von 3,6 Milliarden Dollar hat.
Der andere Co-Direktor des Zink-, Kupfer- und Bleigeschäfts, Aristotelis Mistakidis, steht Maté kaum nach: Mistakidis' Beteiligung von 5,9 Prozent bringt 3,5 Milliarden Dollar auf die Waage.
Der Leiter des Kohle- und Koksgeschäfts, Tor Peterson, hält 5,3 Prozent der Titel, was derzeit bei einem Verkauf 3,1Milliarden Dollar in die Kasse bringen würde. Öl-Chef Alex Beard besitzt 4,6 Prozent der Anteile, die heute 2,8 Milliarden Dollar wert sind.
Kasse machen können die Milliardäre aber nicht sofort. Ihre Aktien unterliegen einer Verkaufssperre von ein bis vier Jahren.
(rcv/laf/awp)