Gunvor steht Ärger ins Haus. Der weltweit viertgrösste Ölhändler wird in einem Artikel des englischen Wirtschaftsmagazins «The Economist» verdächtigt, möglicherweise den Ölmarkt manipuliert zu haben. Die beschuldigte Firmengruppe mit Hauptsitzen in Genf und Singapur sowie Domizil in Sarnen/Obwalden reagiert in einer Stellungnahme äusserst empört über die Economist-Recherche.
Viele Gerüchte um die Gruppe
Als grosser und sehr erfolgreicher Player im Ölhandel verfügt Gunvor über exzellente Beziehungen in den russischen Machtzirkel von Wladimir Putin. Um die Firma ranken sich verschiedene Gerüchte, insbesondere, was die Verbundenheit des Gunvor-Mitgründers Gennadi Timtschenko mit Putin betrifft. Davon zeugen unter anderem auch durch Wikileaks veröffentlichte Depeschen der US-Botschaft in Moskau, in denen zu lesen ist, Putin sei an der Firma still beteiligt. Eine Behauptung, die Gunvor in der Vergangenheit mehrmals als komplett falsch bezeichnete.
Massive Verdächtigung
Nun legt das Wirtschaftsmagazin «The Economist» ein Scheit nach und behauptet, dass sich Gunvor über längere Zeit für einen Öltrader auf dem Spotmarkt völlig rätselhaft verhalten habe. Die Firma hätte Öl zu für sie unvorteilhaften Konditionen verkauft - und das von 2005 bis 2009, den Zeitraum, den «The Economist» untersuchte.
Das Blatt legt durch Statistiken und Expertenmeinungen nahe, durch gezielte Verkäufe könnte Gunvor den Preis des russischen Öltyps «Urals crude» künstlich gedrückt haben, was auf den ersten Blick zum Nachteil der Firma gewesen sei. Doch in Tat und Wahrheit könnte der schlechte Preis der Firma genützt haben, weil sie so fällige Steuern sparen und bessere Verträge mit Ölförderern ausbedingen konnte. Sollte das zutreffen, so «The Economist», wären die Geschädigten das russische Volk gewesen. Und obendrein hiesse das, dass Gunvor den Spotmarkt erfolgreich manipulierte.
«Unwahre» und «unbewiesene» Behauptungen
Die Reaktion in Genf liess nicht lange auf sich warten. In einer ausführlichen Stellungnahme bezeichnet Gunvor die Recherche als «falsch und unbegründet». Der Firmenvorsitzende Torbjörn Törnqvist zeigte sich «schockiert, dass ein solcher Artikel in einem seriösen Wirtschaftsmagazin erscheinen konnte. Im Artikel werden Behauptungen aufgestellt, die der Economist selbst als unbewiesen und nicht beweisbare Spekulation bezeichnet, die zudem von der grössten Autorität im Rohstoffhandel, Platts Crude Oil Marketwire, zurückgewiesen wird.»
Weiter sagt Törqvist, dass der Artikel die journalistische Objektivität und Fairness verletze. Statt den Fakten nachzugehen, sei man beim Economist der eigenen These erlegen. Das Blatt sei nicht an einer Diskussion interessiert gewesen und man werde seitens Gunvor alle verfügbaren Optionen prüfen, um den Schaden zu beheben, der durch derart falsche Anschuldigungen entstanden sei.
In einem offenen Brief an die Redaktion des Economist beteuerte der Präsident von Platts, Larry Neal, dass die Handelsplattform nicht manipulierbar sei. «You got it wrong», schreibt Neal und sagt, eine Firma allein könne den Markt nicht manipulieren. Die Urals-Preise entsprächen sowohl in der Vergangenheit wie auch heute den tatsächlichen Marktrealtitäten.