Hans Zwimpfer ist 75 Jahre alt, fährt Porsche und ist Chef und Besitzer eines Architektur- und Developmentbüros mit rund 50 Angestellten. Nicht schlecht für sein Alter und seine Ausbildung. Denn Zwimpfer hat wohl eine Lehre gemacht, aber nie studiert, jedenfalls nicht an höheren Lehranstalten. Doch Zwimpfer wusste, was er wollte, und ging konsequent seinen Weg.

Aufgewachsen ist er im Entlebuch in einer zehnköpfigen Familie, allerdings nicht auf einem Bauernhof, sein Vater war Landadvokat. Viel Geld hätten sie trotzdem nicht gehabt, erinnert sich der Unternehmer. Dafür konnte der Vater seine Beziehungen nutzen, als es darum ging, für den Sohn eine gute Stelle zu organisieren. Hans hatte die Hochbauzeichnerlehre abgeschlossen und wusste genau, dass er im Architekturbüro von Hermann Baur arbeiten wollte. «Baur war für mich der Architekt zu dieser Zeit, er baute die bedeutendsten Schulhäuser und Kirchen.»

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Vater vermittelte also den Kontakt, und Hans überzeugte Baur am Vorstellungsgespräch von sich. Im Büro von Baur arbeitete Zwimpfer an Wettbewerben mit eine Aufgabe, die ihn faszinierte und bis heute kaum mehr losgelassen hat. «Dort habe ich entwerfen gelernt, erfahren, dass es darum geht, Ideen und Philosophien einfliessen zu lassen. Und dann das Konzept konsequent umzusetzen.»

Auf praktisches Wissen gesetzt

Mit jedem Wettbewerb stieg seine Erfahrung, sein Fundament wurde breiter. Darauf baute er neue Ideen auf, ging Schritt für Schritt weiter. Das Wesen der Wettbewerbe kommt demjenigen von Zwimpfer ziemlich nahe: Ideen entwickeln, vorwärts schreiten, Konzepte umsetzen und gewinnen.

Neben den Wettbewerben kümmerte er sich um seine persönliche Entwicklung. Er las Popper, abonnierte die «NZZ», die «Herald Tribune», den «Economist», er setzte auf praktisches Wissen und begann sich für Kunst zu interessieren.

1956 gründete Zwimpfer sein eigenes Büro zusammen mit den Architekten Otto und Förderer, nachdem sie noch als Angestellte den Wettbewerb für die Hochschule St. Gallen gewonnnen hatten. Bis Mitte der 60er Jahre arbeiteten die drei zusammen, dann trennten sie sich, und Zwimpfer machte allein weiter. Zur Akquisition putzt er keine Klinken, sondern hält sich an Wettbewerbe erfolgreich.

Die nächste Stufe erklomm er sozusagen in den Ferien: 1968 in Tunesien. Dort fiel Zwimpfer auf, dass erstens viel gebaut wurde und zweitens vor allem durch französische oder italienische Unternehmen. Also eröffnete er ein Büro in Syrien und wurde von einem Scheich entdeckt, dem Sohn von Faysal. Kurze Zeit später hatte er einen 500-Mio-Dollar-Auftrag in der Tasche. Das Honorar betrug 8 Mio Dollar. Für dieses Projekt stellte er 40 Leute ein; gebaut wurde zwar nie, das Honorar floss aber trotzdem. Bald war Zwimpfer aber nicht mehr der einzige Schweizer, der in Saudi-Arabien Aufträge suchte; die Ölkrise drängte auch andere Schweizer Unternehmen in die Wüste.

Kein knallharter Rechner

Darauf verabschiedete sich der Unternehmer. Er wurde Developer und erstellte in Luzern das Löwencenter. Auf diese Weise brauchte er die Leute nicht für Aufträge zu hofieren, er beschaffte sie sich selbst.

Bei einem Abstecher nach Ecuador, wo er Sozialwohnungen für die Leute der Favelas entwarf, wurde wahrscheinlich sein Lieblingswort geprägt: Sozioökonomisch. Tatsächlich ist Zwimpfer nicht einfach der knallharte Rechner. Erzählt er von seinen Erfahrungen mit den Leuten in Ecuador und über die Musik, die überall zu hören war, beginnen seine Augen zu glänzen.

Architekten verdienen bei ihm 6000 bis 8000 Fr., sorgfältig ausgesuchte Weihnachtsgeschenke sind Tradition im Haus, genauso wie die 42-Stunden-Woche. Und junge Künstler und Künstlerinnen unterstützt er leidenschaftlich.

Zwimpfer fand am «developen» Geschmack, und so entstand das Peter-Merian-Haus am Bahnhof Basel. Den 450-Mio-Fr.-Bau wickelte Zwimpfer mit 2 Mio Fr. Eigenkapital und 30 Mio Fr. von der Post als Eigentümerin ab. Doch nicht nur die Geldbeschaffung und -verwaltung war wichtig bei diesem Projekt. Zwimpfer lebte auch seine Vorliebe für Kunst aus, nach dem Motto eins plus eins gleich drei. Nicht Kunst am Bau war es, was er machen wollte, sondern Kunst und Architektur verbinden. Denn Zwimpfer ist überzeugt davon, dass Kunst oder Künstler richtig, sprich von Anfang an eingesetzt, einen Mehrwert schaffen, nicht nur finanziell, sondern auch ästhetisch und sogar bei der Nützlichkeit.

Und nützlich sollen seine Bauten sein; für Zwimpfer zählt nicht einfach die Hülle oder das Aussehen, er verabscheut die «Event-Architektur», wie sie heute stattfindet. Ihm fehlt die Auseinandersetzung vor allem der jungen Architekten mit den Problemen und Gegebenheiten der Umwelt. Eben die Sozioökonomie. Er findet, dass diese Disziplin an den Hochschulen zu wenig gelehrt werde.

Genug Raum für seine Nachfolger?

Ihm fehlen die Leute, die wie er neue Ideen wie das «Pile up» entwickeln. Ein modulares Wohnsystem, bestehend aus einem Grundkörper in Form eines L, der sich beliebig auf- und ineinander stapeln lässt. Und jedes Mal entstehen Wohnungen mit teilweise doppelter Raumhöhe.

Auf dieses Alterswerk ist er besonders stolz. Von den Jungen erwartet er auch solche Entwürfe. Stellt sich allerdings die Frage, ob er seinen Leuten denn auch genügend Raum für Ideen lässt oder ob er nicht zu stark auf seine Vorschläge fixiert ist. Er lasse seinen Leuten durchaus Raum, sagt Zwimpfer. Neuerdings gar so viel, dass er einige von ihnen zu seinen Nachfolgern aufbauen will.

Tatsächlich macht er sich jetzt Gedanken über den Ruhestand. Obwohl er findet, dass niemand so viel Know-how habe wie ein 75-Jähriger. Auch im Entwurf und in der Projektabwicklung sei er viel gelassener geworden, gibt er zu. Spricht er jetzt davon, eine Strategie zu verfolgen, zeichnet seine Hand eine Wellenlinie in die Luft. Tatsächlich verlaufe ein Projekt fast nie gradlinig, doch jetzt habe er sich damit abgefunden und sei eher überrascht, wenn die Dinge doch auf Anhieb gelängen.

Er ist zufrieden mit dem Erreichten im Leben und den Spuren, die er hinterlassen hat. Ihm wäre es unerträglich, würden diese einfach abgerissen. Deshalb «impft» er das junge Nachfolgerteam mit seinen Ideen. Will das Team an seinem immensen Erfahrungsschatz teilhaben lassen, will dafür sorgen, dass sein Lebenswerk über sein Leben hinaus Bestand hat. Je länger man diesem Gedanken nachhängt, umso weniger abwegig erscheint er. Wer will schon einfach sein Lebenswerk verscherbeln, wer will nicht auch Spuren hinterlassen und der Nachwelt etwas übergeben.

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Zur Person

Hans Zwimpfer, 1930, ist Architekt BSA/SIA und wohnt in Basel. Nach Hotel- und Touristikbauten in Saudi-Arabien und einem Büro für Urbanistik und Architektur in Ecuador sucht er seit 1987 die Partnerschaft vermehrt mit jüngeren Architekten. Sein Markenzeichen ist der Einbezug von Künstlern

bereits im Planungsprozess.

Beispiel: Projekt Bahnhof Ost Basel mit 15 künstlerischen Teilprojekten.

- 1982-1994 Vizepräsident des SIA CH, Gründung der Gruppe Unitas, Entwicklung neuer Zusammenarbeitsformen zwischen Planern und Unternehmern.

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Hans Zwimpfers Führungsprinzipien

1. Innovatives Denken für Architektur, Kunst und Unternehmertum fördern.

2. Offen kommunizieren.

3. Mit Vertrauen risikofreudig Aufgaben delegieren.

4. Positives Klima durch Herausforderung mit anspruchsvollen Aufgaben.

5. 50% Organisation, 50% Improvisation.

6. Nicht äusseres, sondern qualitatives, innovatives Wachstum.