Die Ratingagentur Standard & Poor's entzog den USA in der Nacht auf Samstag nur wenige Tage nach der Lösung des dortigen Schuldenstreits erstmals die Bestnote und senkte die Bewertung der US-Kreditwürdigkeit von «AAA» auf «AA+».

Für die Märkte auf der Arabischen Halbinsel waren es meist die grössten Erschütterungen seit Ausbruch der politischen Unruhen im Frühjahr. Der wichtigste Marktindex im Finanzzentrum Dubai schloss mit einem Minus von 3,7 Prozent auf einem 20-Wochen-Tief.

In Israel kamen am Sonntag erstmals seit dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers wieder die Kurssicherungssysteme zum Einsatz, um grössere Verluste an den Börsen zu verhindern. Nach der verspäteten Eröffnung des Handels fiel der Tel-Aviv-25-Index um mehr als 6 Prozent.

Sparmassnahmen ungenügend

S&P begründete die Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit damit, dass die am Dienstag vom Kongress beschlossenen Massnahmen zum Abbau des Staatsdefizits nicht weit genug gingen, um die Schuldenkrise nachhaltig zu stabilisieren. Mit der Herabstufung wurde zugleich der Ausblick für die US-Bonität auf «negativ» gesenkt.

Dass die Herabstufung die Regierung von US-Präsident Barack Obama verärgerte, war mehr als deutlich. Aus Regierungskreisen in Washington hiess es, das Weisse Haus sei der Ansicht, dass die Analyse der Ratingagentur "fundamentale Fehler" aufweise.

Leitende Mitarbeiter von S&P verteidigten die Bonitätsabstufung und erklärten, die Agentur sei zu dem durchdachten Schluss gekommen, dass die USA Schwierigkeiten haben würden, ihr ausuferndes Defizit in den Griff zu bekommen. Zudem habe S&P mehrfach gewarnt, dass eine Herabstufung folgen könne, wenn Kongress und Regierung keinen glaubhaften Plan zum Defizitabbau vorlegten.

Obama räumte ein, dass Washington mehr zur Reduzierung seiner Schulden unternehmen müsse. Sein Sprecher Jay Carney nahm am Samstag zwar nicht direkt auf die Entscheidung der Ratingagentur Bezug. Die Diskussionen bis zur Einigung auf einen Schuldenkompromiss hätten aber «zu lang» gedauert und seien «manchmal zu kontrovers» gewesen, erklärte Carney.

China reagiert empört

China kritisierte Washington nach der Entscheidung von S&P scharf und forderte umfangreiche Sparmassnahmen. Peking hält 1,2 Billionen Dollar an US-Schulden, mehr als jedes andere Land. Die amerikanische «Schuldenabhängigkeit» gefährde die Weltwirtschaft, hiess es in einem von der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichten Kommentar.

Ökonomen rechnen damit, dass die Herabstufung für Verwirrung bei Konsumenten und Unternehmen sorgen wird, die bereits in Sorge wegen der schwachen Wirtschaft und der Unfähigkeit des politischen Systems seien, die Probleme des Landes in den Griff zu bekommen.

Mit Sorge blicken einige auf den Dow-Jones-Index, der bereits am Donnerstag um 512 Punkte abgesackt war. Es wurde damit gerechnet, dass er am Montag abstürzen könnte, wenn Investoren ihre Besorgnis wegen der jüngsten Entwicklungen zum Ausdruck bringen. Als «sicherer Hafen» könnte einmal mehr neben Gold der Schweizer Franken angesteuert werden.

Vertreter der 20 mächtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) berieten am Sonntag in einer Telefonkonferenz über die Marktturbulenzen. Ziel sei ein gemeinsames Vorgehen zur Stabilisierung der Märkte, teilte die südkoreanische Regierung mit. Auch die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industriestaaten (G7) wollten sich noch vor der Öffnung der asiatischen Börsen am Montag per Telefonkonferenz abstimmen.

(rcv/sda)

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