Mit Unternehmer und Investor Walter Fust (†83) ist am Dienstag nach kurzer Krankheit ein Grosser des Schweizer Detailhandels verstorben. Den Gründer des Elektrogeräte-Händlers «Dipl. Ing. Fust» kannte in der Schweiz jedes Kind. Dabei wäre aus dem jungen Walter fast einmal ein Autohändler geworden. Sein erstes eigenes Geld verdiente Walter Fust nämlich mit Töffli. «Während der Schulzeit betrieb ich einen florierenden Mopedhandel», sagte Fust. Später verkaufte er auch Autos. Denn Fust hatte ein Faible für Technik und ein gutes unternehmerisches Gespür.
Während seines Studiums für Maschinenbau an der ETH in Zürich – er hat es mit der Note 5,3 abgeschlossen – betrieb Fust nebenbei einen Versandhandel für Elektroapparate. Mit Ersparnissen von 15'000 Franken gründete er schliesslich 1966 seine eigene Firma für Elektrogeräte in Bern – mit 25 Jahren. Er startete mit zwei Angestellten und machte bereits im ersten Jahr mehr als 1 Million Franken Umsatz. 1967 folgte die zweite Filiale in Olten. Bald überflügelte er das ebenfalls im Elektrohandel tätige Unternehmen seines Vaters. Mit 29 Jahren machte er seine erste Million.
Sein erstes Geld hat Walter Fust mit dem Verkauf von gebrauchten Töffli gemacht.
Pionier in Sachen Tiefpreis
Sein Erfolgsgeheimnis? «Heute kaum vorstellbar, aber die wenigsten besassen ein Telefon oder Abo einer Tageszeitung», verrät Fust 2016 in einem Interview. Seine Idee klingt banal: Fust inserierte in der Regionalpresse. Denn: «Jeder Haushalt hatte das regionale Wochenblatt abonniert.» Das Konzept ging auf. Bereits im ersten Geschäftsjahr machte Fust 1,5 Millionen Franken Umsatz. Doch er hatte einen schweren Start. «Anfangs boykottierten mich die etablierten Hersteller, weil ich viel günstiger war», erinnert er sich. «Ich musste mich durchbeissen. Es war hart, die Firma V-Zug erlaubte mir damals beispielsweise nicht, ihre Geräte zu vertreiben.» Ein Gemeinderat erteilte ihm gar ein Verkaufsverbot.
1969 fusionierte er mit dem Geschäft seines Vaters August und nannte es in Dipl. Ing. Fust AG um. Fünf Jahre später hatte er 120 Angestellte und machte 120 Millionen Umsatz. Fust profitierte dabei auch vom entstehenden Markt für Elektrogeräte aller Art in den 1970er Jahren. Fernsehgeräte waren damals der Renner. Neue Geräte revolutionierten die Arbeit der Hausfrauen – und liessen die Kassen von Fust klingeln. Auslaufmodelle verkaufte Fust ab Rampe am Hauptsitz in Oberbüren SG. Ein Novum.
Der Gründer der Elektrogeräte-Kette «Dipl. Ing. Fust» hat die Preise im Handel ins Rutschen gebracht.
In Sachen Tiefpreisgarantie war Fust ein Pionier. Jahrzehntelang prägten Preisabsprachen zwischen Produzenten und Händlern den Markt mit Elektrogeräten. Entsprechend hoch blieben die Preise. Fusts Versprechen brachte Bewegung in die Branche: Wer ein Produkt anderswo billiger entdeckt, erhält es bei Fust zum selben Preis. «Ich habe die Firma so aufgebaut, dass Fust eine Marke ist. Nicht Miele, Electrolux oder so. Das Schweizervolk kennt Fust», sagte der Patron einst.
Zweimal mit Burnout ausgefallen
Doch Fust hat auch schlechte Zeiten hinter sich. 1994 war er ausgebrannt und verkaufte die Aktienmehrheit an Jelmoli. Doch das Warenhaus geriet in Schieflage und so übernahm Fust nach einer zweijährigen Auszeit 1996 das Unternehmen selber – für 270 Millionen Franken in bar. 2007 verkaufte der Unternehmer sein Lebenswerk an Coop. «Meine drei Kinder wollten nicht so recht in meine Fussstapfen treten», sagte er einst zur NZZ. «Sie verfolgten als Architekt, Physiker und Werbeleiterin andere berufliche Pläne.»
990 Millionen Franken zahlte die Basler Detailhändlerin für Fust. Heute hat die Coop-Tochter 150 Standorte und 2200 Mitarbeitende und machte 2023 einen Gewinn von 966 Millionen Franken. Zur Ruhe gesetzt hatte sich der passionierte Wanderer und Helikopterpilot Fust nach dem Verkauf allerdings nicht. Er kümmerte sich mehr um seine Industrie-Investments. 2019 übernahm Fust die Leitung des Maschinenbauers Starrag-Heckert mit Sitz in Rorschacherberg SG – kurz nach einem zweiten Burnout.
Fust war auch im Immobiliengeschäft und der Maschinenindustrie tätig.
Letztmals auf der grossen Wirtschaftsbühne stand Fust im Herbst 2023 bei der Fusion von Starrag und dem Werkzeugmaschinenhersteller Tornos aus Moutier JU. Der damals 82-Jährige war als Hauptaktionär des neuen Werkzeugmaschinen-Unternehmens auch der Initiator des Zusammenschlusses. «Einmal mehr will Fust nun Industriegeschichte schreiben», schrieb die «Handelszeitung» damals. Entstanden ist mit der neuen Starrag Tornos Group der viertgrösste Werkzeugmaschinenbauer Europas.
«Spart und kauft euch ein Haus»
Der Selfmade-Millionär hat es durch den Verkauf von Fust und vom Warenhaus Jelmoli sowie diverser Immobilien – zeitweise hat er über 1000 Mietwohnungen besessen – zu grossem Vermögen gebracht. Auf 1 bis 1,5 Milliarden Franken schätzt die «Bilanz» sein Vermögen. Fust selbst liess das zeitlebens kalt. «Ich nehme nicht gern Stellung zu solchen Zahlen», sagte der Ostschweizer, der seit den Siebzigerjahren in Ittigen bei Bern lebte. «Aber ich sage es so: Wenns richtig falsch wäre, würde ich intervenieren.» Dass er seine Angestellten stets «überdurchschnittlich gut» bezahlt hat, war ihm wichtig. Er hat ihnen geraten: «Spart und kauft euch aus dem Ersparten ein Haus oder eine Wohnung.»