Auf dem Gipfel des Titlis wird bald eine neue Bergstation thronen. Der Umbau soll schon im nächsten oder übernächsten Jahr starten. Das Ergebnis wird eines der spektakulärsten Bauwerke der Innerschweiz sein. Und wahrscheinlich die teuerste Bergstation des Landes.
Die verantwortlichen Architekten von Herzog & de Meuron haben am Montag auf dem Berggipfel das Millionen-Projekt mit dem Namen «Titlis 3020» präsentiert. Der Name ist eine Anspielung auf die Lage der Bergstation auf 3020 Meter über Meer. Der Basler Star-Architekt Pierre de Meuron nahm an der Veranstaltung persönlich teil.
Das Architekturbüro ist bekannt für Bauten der Superlative. Aus der Feder der Basler stammen Stadien, Hochhäuser und Museen auf dem ganzen Globus. Die bekanntesten Bauwerke sind die Tate Modern in London, das Pekinger Olympiastadion, das Fussballstadion des FC Bayern München und der Roche-Turm in Basel.
Kinderspiel im Toggenburg
Für alpine Bauwerke sind die Nordwestschweizer weniger berühmt. Pierre de Meuron und sein Geschäftspartner Jacques Herzog wollten einst einen über 100 Meter hohen Turm in Davos realisieren. Auf dem Chäserrugg im Toggenburg haben die Basler Unternehmer und Pritzker-Preisträger jüngst die Gipfelstation neu gestaltet. Kosten: weniger als sieben Millionen Franken. Bauzeit: unter zwei Jahre.
Das Projekt auf dem Titlis nimmt andere Dimensionen ein. Der Verwaltungsratspräsident der Titlis Bergbahnen und Nidwaldner FDP-Ständerat Hans Wicki sprach von 100 Millionen Franken, die der Neubau der Bergstation und der Umbau des Richtstrahlturms kosten sollen.
Das Vorhaben soll ein «Leuchtturmprojekt» sein, wie Hans Wicki wiederholt sagte. «Im wahrsten Sinn des Wortes.» Der Turm auf dem Gipfel, der bislang der Öffentlichkeit nicht zugägnglich war, soll ausgebaut werden. Die 50 Meter hohe Stahlkonstruktion war von 1979 bis 1985 von der PTT erstellt worden und gehört seit 2003 den Titlis Bergbahnen.
Engpass auf dem Berg
Den Masterplan für das Grossprojekt auf dem Gipfel und das architektonische Gesamtprojekt entwickelten die Basler Architekten Herzog & de Meuron in den letzten zwei Jahren. «Mit Überzeugung» habe man sich für dieses Architekturbüro entschieden, sagte Wicki. Man wollte ein Team engagieren, das mit Grossprojekten vertraut sei.
«Wir mussten nicht lange überlegen, ob wir das Projekt angehen sollen», sagte Pierre de Meuron. Bergstationen seien meist Zweckbauten. «Wir haben den Anspruch, hier, auf dem Gipfel des Titlis, Zweck und Ästhetik zu vereinen», so de Meuron.
De Meuron baut auf dem Betonfundament der aktuellen Bergstation. Die Station stammt aus 1967 und ist in den letzten Jahren an ihre Kapazitätsgrenzen gestossen. Heute besuchen über eine Million Gäste den Berg, in Spitzenzeiten sind bis zu 2000 gleichzeitig auf dem Gipfel.
Eis- und Kristallstruktur als Inspirationsquelle
Die neue Bergstation soll eine einfache Form erhalten, sagte de Meuron. Inspirieren liessen sich die Architekten von der Stahlkonstruktion des Turms. «Sie erinnert uns an die Struktur von Eis und Kristall», sagte de Meuron.
Die neue Gebäudehülle besteht aus einer Stahlkonstruktion und viel Glas. Auf dem Dach der Bergstation soll eine Aussichtsterrasse entstehen. Touristen sollen, einem Bahnhof gleich, in einer grossen Halle empfangen werden und anschliessend an den Souvenirshops vorbei zum Gletscher oder in die Restaurants geführt werden. Geplant sind Sitzplätze für rund 550 Personen. Auf dem Turm sollen weitere 250 Sitzpläze das Gastronomiekonzept ergänzen.
Der Umbau des Turms ist das Kernstück der Vision auf dem Titlis. Konkret wollen die Architekten zwei rechtwinklige Prismen in die Stahlkonstruktion schieben. Beide mit voll verglasten Fronten. Darüber gibt es eine öffentlich zugängliche Aussichtsplattform mit Ausblick auf den Alpenhauptkamm im Süden und dem Blick übers Schweizer Mittelland im Norden.
Bauliche Herausforderungen
Das Bauen auf dieser Höhe werde zu einer grossen Herausforderung, betonten die Verantwortlichen. Unter anderem auch, weil der Umbau unter Vollbetrieb erfolgen solle, sagte Wicki. Die Investitionen wollen die Bergbahnen aus dem betrieblichen Cashflow stemmen.
Gebaut werden soll auch eine einspurige Pendelbahn, die für Evakuation oder Transport zum Einsatz kommt. Sie verläuft parallel zur heutigen Luftseilbahn, der Rotairbahn, die auf den Gletscher fährt.
Für die Realisierung rechnen die Verantwortlichen mit vier bis sechs Jahren - je nach Verlauf des Bewilligungsverfahrens. Läuft alles nach Plan, soll der Umbau des Turms 2019 starten und 2020 beendet werden. Danach wird die Bergstation gebaut.
(ise, mit sda)