Es ist seltsam: Warum stecken erfolgsverwöhnte Top-Verdiener ihr Geld und ihre knappe Zeit in Leidenschaften, die oft nur Leiden schaffen, selten aber Gewinne oder Ruhm einbringen? Die «Handelszeitung» besucht in den Sommerwochen einige bekannte Manager, die ein ausgefallenes Hobby pflegen, und fragt sie nach ihren Beweggründen.
Die Hobbys haben meist wenig bis gar nichts mit dem Beruf zu tun und die Motivation nichts mit Geldverdienen. Neben den üblichen Freizeitbeschäftigungen wie Tennis, Golf, Wandern oder Segeln taucht oft Unerwartetes auf - so etwa bei Peter Gomez. Der Präsident der Schweizer Börse sammelt nämlich Schmetterlinge (siehe unten).
Andere reiche Männer stecken Millionen in Sportklubs, Kunstgalerien, Restaurants und Hotels und verwirklichen sich vielleicht einen Bubentraum. So etwa der Medizinaltechnikunternehmer Thomas Straumann, der das Basler Fünfsternehaus «Les Trois Rois» für rund 60 Mio Fr. erstand und wohl weitere gut 20 Mio Fr. für die Sanierung einsetzte. Und auch Financier Urs Schwarzenbach zeigt, wie man sein Geld in altehrwürdigen Hotels investieren kann. Er hat über 500 Mio Fr. ins Zürcher «Dolder Grand» gesteckt. Dennoch schreibt die Nobelherberge rote Zahlen.
Problemlos Unsummen einsetzen kann man in der Fliegerei. Aber anders als der Solarflug-Pionier Bertrand Piccard stecken immer wieder namhafte Manager ihr Geld in alte und neue Fluggesellschaften. Exemplarisch ist die kleine Helvetic Airways, wo anfangs der ehemalige Microsoft-Schweiz-Chef Peter Blum, dann nacheinander die Financiers Daniel Aegerter und Martin Ebner eingestiegen sind.
Die Ökonomie des Glücks
Plausible Erklärungen für derartiges Verhalten liefert die ökonomische Glücksforschung. Das einfache Fazit: Glück kann man sich nicht kaufen. Was wie eine Binsenwahrheit klingt, ist wissenschaftlich belegt. Zwar steigt mit dem Einkommen zunächst auch die Lebenszufriedenheit. Aber je mehr man verdient, desto flacher entwickelt sich bei zusätzlichem Einkommen der Zugewinn an Glück oder Lebenszufriedenheit.
Deshalb suchen Reiche nach anderen Reizen und Erfolgserlebnissen, die jenseits von finanziellen Überlegungen liegen. Vor allem Menschen, die eine halbe oder eine ganze Million verdienen und mehrere Millionen besitzen, müssen beim Streben nach mehr Glück definitiv andere Mittel und Wege finden. Sonst passiert ihnen das, was Bertold Brecht in einem Liedertext der Dreigroschenoper so trefflich sagt: «Manche rennen nach dem Glück, doch das Glück, es rennt hinterher.»
Die Wissenschaft formuliert es etwas so: «Ein höheres Einkommen erhöht das subjektive Wohlbefinden vor allem bei wirtschaftlich schlecht gestellten Personen», sagt der Ökonom Bruno S. Frey, Professor am Institut für empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Zürich. Aber: «Nach einem Jahr haben sich die meisten Leute so sehr an das höhere Einkommen gewöhnt, dass bereits zwei Drittel des zusätzlichen Glücksgefühls verflogen sind.»
Gemäss den Berechnungen von Freys Institut steigt die Lebenszufriedenheit bis zu einem gewissen monatlichen Einkommen, aber nicht beliebig. Nur bei den unteren 60% der Lohnbezüger verschafft eine Lohnerhöhung tatsächlich zusätzliches Glücksgefühl, während sie bei den oberen 40% nach kürzester Zeit verpufft. Die aktuellsten Zahlen, die aus dem World Values Survey 2007 stammen, hat Frey in seinem neuen Buch «Glück - Die Sicht der Ökonomie» publiziert (siehe Grafik). Sie zeigen, dass die Zufriedenheit sogar wieder sinkt, sobald das Haushaltseinkommen 10000 Fr. übersteigt.
Glückliche Länder
Was für Haushalte stimmt, gilt laut Frey auch für reiche Länder. Je höher das Einkommen, desto geringer der Grenznutzen: «Erreicht ein Land ein bestimmtes Wohlstandsniveau, hat das Durchschnittseinkommen nur noch einen geringfügigen Einfluss auf die durchschnittliche Lebenszufriedenheit.» Der schlagende Beweis: «Trotz stark steigendem Pro-Kopf-Einkommen ist die heutige Generation nicht glücklicher als ihre Vorfahren», sagt Frey.