Die Bankiervereinigung, Speerspitze des Finanzplatzes Schweiz, erhält einen neuen Chef. Er heisst Roman Studer und leitet heute das Lobbying der UBS. Sein Titel: Head of Governmental Affairs Switzerland.
Und das wird er noch eine Weile bleiben, denn sein Vorgänger bei der Bankiervereinigung, Jörg Gasser, hat den Rücktritt zwar bereits im Januar angekündigt, doch Studer wird erst am 1. August übernehmen. Das sehr lange Interregnum beim Branchenverband fällt in eine Phase von Umwälzungen im Inland und Druckversuchen aus dem Ausland.
Studer leitet bei der UBS ein Team von einem halben Dutzend Leuten und gilt als Teamplayer, der auch zuhören kann, breit gebildet ist, wie es in der UBS heisst. Vor der Grossbank arbeitete er bei der Beratungsfirma Boston Consulting und an der Universität Zürich, und zwar am UBS Center of Economics in Society, das von Professor Ernst Fehr geleitet wird. Studer war operativer Leiter des Instituts, das durch eine 100-Millionen-Spende der UBS möglich wurde.
Zuvor hatte er akademische Ambitionen verfolgt: Er studierte in Zürich Volkswirtschaft und Wirtschaftsgeschichte, promovierte in Oxford über den indischen Getreidehandel im 18. und 19. Jahrhundert und dozierte an der London School of Economics als Assistenzprofessor.
Der Austritt der Raiffeisen-Gruppe hallt nach
Dank seiner Lobbyarbeit für die UBS kennt Studer die Bankiervereinigung und ihre Mechanismen. Gleichwohl hat der gebürtige Luzerner einige heikle Aufgaben vor sich: Die Bankiervereinigung hat in den letzten Jahren an Bedeutung und Strahlkraft verloren. Das liegt auch daran, dass sie eine Ansammlung von Banken ist, die oft divergierende Positionen vertreten.
Mal streiten sich die Grossbanken mit den Regionalbanken, dann wieder die staatlichen Kantonalbanken mit den Vermögensverwaltungsbanken. Kapitalvorschriften sind genauso trennende Reizthemen wie der Umgang mit ausländischen Bankkunden und das Bankgeheimnis.
Zoff gab es regelmässig auch mit der Raiffeisenbank-Gruppe, wo sich Pierin Vincenz einst als Solotänzer gefiel. Die St. Galler Bankengruppe trat schliesslich im November 2020 mit einigem Getöse aus der Bankiervereinigung aus und ist noch immer solo unterwegs, auch wenn sie – gegen Gebühr – weiterhin Dienstleistungen vom Verband bezieht.
Der damalige Raiffeisen-Präsident Guy Lachappelle sagte beim Austritt: «Wir haben seit Jahren im Verband bei mehreren Themen Diskussionen, bei denen unser Standpunkt nicht mehr zum Ausdruck kommt.» Bekannt ist auch, dass Vertreter einiger Kantonalbanken durchaus mit einem ähnlichen Schritt liebäugelten, sich dann aber auf ein gemeinsames Vorgehen – und Verbleiben – einigten.
Die UBS ist gut vertreten in der Bankiervereinigung
Der Austritt der Raiffeisen war ein Tiefschlag für Gasser. Wenn es Nachfolger Studer gelänge, die Genossenschaftsbank zurück in die Vereinigung zu locken, wäre dies ein grosser Erfolg. Es geht auch ums Geld, denn wer zahlt, der hat Einfluss in der Vereinigung.
In der Vergangenheit bestritten die UBS, die CS und die Raiffeisen rund 40 Prozent des Budgets, dann stieg die Raiffeisen aus, worauf die Einnahmen einbrachen. Mit der durch Bern forcierten Übernahme der CS durch die UBS wirds noch etwas komplizierter, denn nun fällt auch der Beitrag der CS weg. Gut möglich, dass die neue UBS schliesslich noch 30 Prozent abdecken wird, worauf unter Umständen gespart werden muss.
Zweifellos ist die bald einzige Grossbank UBS künftig prominent in der Branchenvereinigung vertreten: Präsident ist Marcel Rohner, ehemaliger Chef der UBS, Vizepräsident ist Lukas Gähwiler, auch Vizepräsident der UBS, dazu Geschäftsführer Roman Studer, aktuell Governmental-Affairs-Chef der UBS. Allerdings legt Rohner Wert darauf, dass er seit 14 Jahren weg von der Grossbank ist. Heute ist er Vizepräsident der Union Bancaire Privée in Genf.