Holz ist in der Schweizer Energiepolitik durchaus ein Thema. Der Rohstoff ist in grosser Menge vorhanden, wächst ständig nach und ist CO2-neutral. Das Bundesamt für Energie (BFE) fördert denn auch neue Technologien der Holzenergienutzung. «Der Energieträger Holz ist mit maximaler Substitutionswirkung und minimaler Umweltbelastung einzusetzen», erläutert Daniel Binggeli. Heute hat die direkte Wärmeproduktion in Wohnhäusern, öffentlichen Gebäuden und der Industrie erste Priorität. Die kombinierte Wärme- und Stromproduktion dagegen hat es wesentlich schwerer. Das Pilotprojekt zur Holzvergasung ist zwar marktreif, aber kaum gefragt.
In Spiez am Thunersee wird seit zwei Jahren eine Holzgasverstromungsanlage betrieben, welche europaweit einen neuen Massstab bezüglich einer nachhaltigen, dezentral einsetzbaren Energietechnologie unter Verwendung regenerativer Brennstoffe setzen könnte. Die Holzvergasungsanlage im AC-Zentrum des Bundes erzeugt elektrische Energie und Wärme aus Holzschnitzeln, sowohl Waldholz als auch Restholz. Die Wärme wird zur Beheizung der Gebäude des AC-Zentrums verwendet, die elektrische Energie wird ins Netz der BKW eingespeist.
Weltweit führende Technologie
«Der in Spiez angewandte Anlagenaufbau beruht auf der Biomasse-Vergaser-Technologie mit dem höchsten Verstromungswirkungsgrad von allen in Frage stehenden Techniken», erläutert Willy Gemperle von der Pyroforce Energietechnologie AG in Emmenbrücke. Den Grundstein der Firma legte die 1974 gegründete Hydrotest Ingenieurunternehmung AG, welche sich in den vergangenen 30 Jahren einen soliden Namen im Umwelttechnikbereich, namentlich auf den Gebieten der Abwasserreinigung und der Abfallbehandlung, erarbeitete.
Im Zuge einer Neuausrichtung eröffnete Hydrotest 1994 die Sparte Hochtemperaturvergasung. Grundlagen dazu bildeten das firmeneigene Know-how in der Biogastechnik und der Bau einer Vielzahl von Vergärungsanlagen sowie der Betrieb einer eigenen Holzvergaseranlage auf dem Firmengelände in Emmenbrücke. Es folgte ein erster Forschungsauftrag für das Bundesamt für Energie in den Jahren 1996/97 zur Vergasung verschiedener Holzfraktionen mit einem Doppelfeuervergaser. Seit 1999 beschäftigt sich Pyroforce ausschliesslich mit der Biomassen-Vergasungstechnik.
«Dazu erfolgt die Zusammenarbeit mit CTU Concepte Technik Umwelt AG, Winterthur, die Unternehmung mit Erfahrung und Kompetenz im Bereich des Baus von Gasreinigungsanlagen, insbesondere der Reinigung von Synthese- und Pyrolysegasen, sowie GE Jenbacher GmbH + Co OHG, Jenbach (Österreich), die weltweit führende Spezialistin mit ihren Turbo-geladenen Otto-Gas-Motoren für die Verstromung von Schach- und Sondergase», berichtet Gemperle. «Kernstück dieser Holzvergaseranlagen für den Leistungsbereich von 200 bis 1000 kWel auch für kontaminierte Brennstoffe ist der Pyroforce-Vergasungsreaktor.» Dazu entwickelt die CTU die trockene Gasreinigung und Jenbacher optimiert die Leistungsfähigkeit des Turboladers sowie die Motorenabgasreinigung (Katalysator) ihrer Wärme-Kraft-Kopplungsmaschine.
Synthesegasreinigung
Gase aus der Holzvergasung enthalten neben den erwünschten Energieträgern Wasserstoff, Kohlenmonoxid, Methan und kurzkettigen Kohlenwasserstoffen auch Feststoffe (Asche, Russ) und langkettige Kohlenwasserstoffe. Dazu kommen weitere Stoffe, welche im Holz enthalten sind, wie Salze, Schwefel, Stickstoff als Ammoniak usw. Falls Altholz mitvergast wird, können auch unerwünschte Schwermetalle und erhebliche Mengen an Chlor in das Synthesegas gelangen. «Die Abscheidung dieser unerwünschten Komponenten ist notwendig, um einerseits die Emissionsrichtlinien gemäss Luftreinhalteverordnung (LRV) einzuhalten, andererseits um die erwünschte Lebensdauer und Zuverlässigkeit des Gasmotors zu garantieren», berichtet Martin Schaub von der CTU Concepte Technik Umwelt AG in Winterthur. Bei der Vergasung von Frischholz beschränkt sich die Gasreinigung auf das Entfernen von Feststoffen und Teeren, während bei der Altholzverwertung die Schwermetalle, insbesondere Quecksilber, und das Chlor aus der Vergasung von PVC-Resten zusätzlich im Mittelpunkt stehen.
Grosse Nachfrage im Ausland
Die Anlage in Spiez hat inzwischen Marktreife erlangt. «Die Stromgestehungskosten liegen im Bereich von Windstrom. Trotzdem hält sich die Nachfrage in der Schweiz in Grenzen», stellt Gemperle fest. «Wir haben vor allem Anfragen aus Österreich und Deutschland.» In der Schweiz fehle es an der Lobby und an der energiepolitischen Rückendeckung aus Bundes-Bern. Anders im Ausland: «Die Unterstützung, die unsere Kollegen in Deutschland oder Österreich in finanzieller und politischer Hinsicht erhalten, ist enorm», weiss der Fachmann. Diesen Markt zielt das Unternehmen jetzt an.
Gasmotor-Generator-Netzbetrieb: Eindrückliche Betriebsdaten
Der Kaltgaswirkungsgrad von 77% besagt, dass 77% des Holzheizwertes als Brenngas dem Gasmotor zur Verfügung stehen. Als Zahlenbeispiel ausgedrückt: 100 kg/h Holzschnitzel, bei einem Hu von 16168 kJ/kg ergeben einen Brennwertstrom von 449 kW. Bei einem Kaltgaswirkungsgrad von 0.77 errechnet sich der Netto-Brennwertstrom zu 346 kW. Mit dem GE Jenbacher BHKW lassen sich demnach aus 100 kg/h Holzschnitzel atro 25 eine Leistung von 110 kW/h elektrisch und 150 kW/h thermisch gewinnen.
In den bisherigen 5000 Betriebsstunden, zum grossen Teil in Teillast betrieben, erzeugte die Spiezer Anlage rund 450000 kWh Strom und 870000 kWh Wärme. Die Anlageverfügbarkeit, jeweils vom Moment der Netzkopplung am Montagmittag bis zur Abschaltung am Freitagnachmittag, beträgt im Mittel 92%.
Kaltgaswirkungsgrad Reaktor: 77%
BHKW-Wirkungsgrad elektrisch: 32%
BHKW-Wirkungsgrad thermisch: 43%
Gesamtwirkungsgrad: 58%