Die Schweizer Kino blicken auf das schlechteste Jahr seit Einführung der Statistiken zurück. Die Zahl der Eintritte sank aufgrund der Corona-bedingten Schliessungen um 65 Prozent, wie René Gerber, Direktor des Branchenverbands Pro Cinema gegenüber der «Handelszeitung» sagt. «Verglichen mit dem Vorjahr fehlten uns 8,4 Millionen Eintritte». Unter dem Strich verkauften die Schweizer Kinos noch 4,5 Millionen Eintritte nach 12,5 Millionen im Vorjahr.
Von den Landesteilen war die Romandie überdurchschnittlich stark betroffen, da dort die Kinos im Herbst bereits etwas früher geschlossen werden mussten. Das Minus liegt bei 70 Prozent, währenddem die Deutschschweizer Kinos «bloss» 62 Prozent verloren. Ebenfalls stark rückläufig mit einem Minus von 72 Prozent waren die Eintritte im Tessin. Alle Filmgenres und Kinotypen seien gleichermassen betroffen, sagt Verbandsdirektor Gerber. «Wir können da keine Muster ausmachen.»
«Platzspitzbaby» ist der erfolgreichste Film 2020
Einzige erfreuliche Nachricht: Der Marktanteil des Schweizer Films war überdurchschnittlich hoch. 16 Prozent alle Karten wurden für einheimische Produktionen verkauft. «Platzspitzbaby» von Pierre Monnard mit den Schauspielerinnen Luna Mwezi und Sarah Spale war mit 330'000 Eintritten der meist gesehen Film und liess sogar den erfolgreichsten ausländischen Film – «Tenet» von Christopher Nolan mit 207'000 Eintritten – hinter sich.
Derzeit sind die Schweizer Kinos geschlossen, der Start vieler Filme wurde verschoben. Ob es nach der Wiederöffnung zu einem Nachholeffekt komme, sei unklar, sagt Gerber. «Wir würden uns natürlich wünschen, dass die Leute dann wieder ins Kino gehen. Aber es wird wohl nicht jeder gleich vier Filme anschauen gehen.»
Auch bei der Produktion habe es Verzögerungen gegeben, merkt Gerber an. Der Dreh ist aufwändiger, einst für den Sommer 2021 angekündigte Filme kämen wohl erst im Winter. «Wir glauben nicht an eine Filmschwemme.» Wohl auch deshalb, weil die Filmstudios einen Teil der bereits abgedrehten Filme inzwischen direkt über Streaming-Plattformen lanciert haben.
Streitpunkt Mieterlass
Finanziell wird 2020 für die Schweizer Kinos auf jeden Fall tiefe Löcher hinterlassen. Grösster Kostenblock sind die Mieten, da die Löhne meist über die Kurzarbeit abgedeckt wurden und keine Kosten für Filme anfallen, wenn Kinos geschlossen sind.
Dabei sei ein Wandel bei den Vermietern zu beobachten, sagt Gerber. «Wir sehen, dass das Entgegenkommen bei den Mieten im ersten Lockdown deutlich grösser war als jetzt im Herbst.» Vor allem grosse Verwaltungen und Pensionskassen seien mit harten Bedingungen aufgefallen. «Ich kenne einen Fall, da wurde einem Kino nach 30 Jahren Miete mit der Kündigung gedroht, falls die Miete nicht binnen 10 Tagen überwiesen sei.»
1 Kommentar
Es ist bei vielen Menschen «eng». Wird inzwischen uninteressant zu erfahren wo es überall so ist. Was am meisten stört ist, dass Menschen, die andere pflegen, seit fast einem Jahr, weder unterstützt werden dadurch, dass man weitere einstellt, noch gewürdigt werden, indem sie einen viel höheren Lohn erhalten. Im Gegensatz zu Bankern, die ohne jedes Risiko herumwirtschaften, leisten PflegerInnen Einsatz und stellen ihr Leben unter Risiko. Da sind mir die Probleme von Kinobesitzern komplett gleichgültig. First things first.