Die Hälfte der Schweizer Hotelzimmer sehen das ganze Jahr keinen Gast. Das ändern will Lorenz Kundert. Die leeren Betten haben ihn jedenfalls auf eine einträgliche Geschäftsidee gebracht: Die Vermittlung von Hotelbetten zu Tiefstpreisen. Drei Übernachtungen für zwei Personen in einem Drei- oder Vierstern-Hotel kosten bei Kundert den Einheitstarif von 75 Fr. Dazu kommen die Ausgaben für Frühstück und Nachtessen.
Auf die Idee gekommen ist er Mitte der 90er Jahre. Wie wäre es, wenn die Betten gleich wie Last-minute-Reisen zu Schnäppchenpreisen angepriesen würden?, fragte sich der 32-Jährige damals. In der niederländischen Freedreams fand er das zur Idee passende Konzept. Zunächst versuchte er es mit einer Kopie des Modells. Seit 1998 ist er offizieller Franchisenehmer von Freedreams.
Potenzial in Städten
Seither geht es mit dem Bettenvermittler vorwärts. 180 Schweizer Hotels machen beim Billigangebot heute mit. Das Potenzial ist damit noch längst nicht ausgeschöpft. Im Engadin beispielsweise oder in Städten ortet Kundert Lücken. In St. Moritz, dem WM-Skiort, macht nur gerade ein Hotelier mit. In Davos dagegen sind es bereits deren acht.
Das Konzept, das 1994 in Holland erfunden wurde und inzwischen in fünf europäischen Ländern angeboten wird, ist denkbar einfach. Freedreams verkauft Schecks à 75 Fr., die die Kunden in den angeschlossenen Hotels einlösen können. Der Hotelier sieht davon jedoch nichts. Das Geld geht an Freedreams, als Vermittlungsgebühr. Die Hotels gehen aber nicht leer aus, sie verdienen am Konsum der Gäste. Freedreams-Kunden müssen im Hotel nämlich zu festgesetzten Preisen essen oder den Betrag zumindest bezahlen. Für Frühstück und Abendessen sind in der Regel zwischen 60 und 90 Fr. pro Person zu bezahlen.
Die Idee der Billigwochenenden kommt an. Kunderts Duethotel AG, die Franchisenehmerin, beschäftigt inzwischen sechs Festangestellte und vier Temporärarbeiter. Zu Umsatz und Gewinn will er sich nicht äussern. Er verschweigt aber nicht, dass es sich um ein «erfreuliches System» handle. Über 100 000 Kunden will Freedreams hierzulande bereits vermittelt haben. Kundert strebt aber nach mehr. Seine Zielvorgabe liegt bei 200 000, vorläufig zumindest.
Viele Stammkunden
Mit aggressiven Preisen buhlt er zurzeit um weitere Kundschaft. Wer zwei Schecks kauft, bekommt heute etwa einen Einkaufsgutschein im Wert von 40 Fr. dazu Die Autobahnvignette erhält sowieso jeder Gast gratis. Wer mit der Bahn anreist, kriegt deutliche Ermässigungen. Das Geld ist gut investiert. Denn 60 bis 80% der Erstkunden werden Stammgäste, erklärt Kundert. Die Anfangsinvestitionen dürften sich also rechnen.
Selbst die Hoteliers haben ihre anfängliche Zurückhaltung abgelegt. Laut Uschi Portmann, die in Sörenberg das Hotel Crystal führt, ist das Ganze ein gutes Geschäft. 40 Paare hätten im letzten Sommer dank Freedreams den Weg ins Entlebuch gefunden. Koch und Zimmermädchen müssten ja in jedem Fall beschäftigt werden, meint die Hotelière. Die Gäste konsumieren nicht selten mehr, als sie müssen, und machen so einen Teil des ausbleibenden Zimmergeldes wett. In einem 3-Sterne-Hotel betragen die Fixkosten pro Zimmer im Schnitt etwa 25 Fr.
In Sörenberg hat inzwischen ein zweites Hotel mit Freedreams einen Vertrag ausgehandelt. Und auch im Nachbardorf ist der erste Hotelier auf den Geschmack gekommen. Inzwischen machen 180 Schweizer Hotels mit, dazu kommen 1700 aus europäischen Ländern, die mit dem Scheck ebenfalls gebucht werden können.
Freedreams, das Patentrezept, um die leeren Schweizer Hotelbetten zu füllen? Thomas Allemann vom Schweizer Hotelier-Verein will so weit nicht gehen, kann dem Modell aber durchwegs Positives abgewinnen. «Jedes Angebot, das die Fixkosten decken hilft, ist grundsätzlich gut», sagt der Wirtschaftsexperte beim Verband. Wichtig sei, dass das Billig-Paket sich vom Normaltarif-Angebot unterscheide, da die gut zahlenden Gäste sonst verärgert würden.
Nachahmer drücken Preise
Im Crystal in Sörenberg funktioniert es. «Ich kann jetzt die Randzeiten besser auslasten», sagt Hotelière Portmann. Ist das Haus gut belegt, können Freedreams-Gäste auch abgelehnt werden. Doch inzwischen finden sich selbst in der Hochsaison Hotels dazu bereit, Gäste aufzunehmen. «Wer jetzt günstig in die Berge will, wird sicher etwas finden», verspricht Kundert.
Der Erfolg ruft Nachahmer auf den Plan. Mit Eurohotelcheck versucht ein zweiter Mitspieler auf dem Markt Fuss zu fassen. Mit dem gleichen Konzept und noch tieferen Preisen. 25 Euro kosten bei ihm drei Nächte im Doppelzimmer. Und teilweise mit den gleichen Hotels. Das deutsche Unternehmen spricht bei jenen Hoteliers vor, die schon bei Freedreams mitmachen. Kundert findet solches zwar lästig, denkt aber lieber weiter. Eben hat er in Frankreich Freedreams lanciert. In Österreich und Grossbritannien steht er in den Startlöchern. Und auch das Angebot will er verfeinern. Bald schon soll es Schecks für Wellness-Wochenenden geben.