Herr Hoffmann, wir treffen Sie in Ihren Ferien in Gstaad. Eigentlich würde man einen Trendsetter Ihres Kalibers eher in einer Trendstadt wie Tel Aviv oder Tallinn vermuten. Warum urlaubt der 25-hours-Chef ausgerechnet im Berner Oberland?
Weil ich vor vielen Jahren ganz in der Nähe, in Leysin, Hotel-Management studiert habe. Das Berner Oberland ist mein Ruhe- und Rückzugsort. Und seit November habe ich auch ein kleines Häuschen in Chalberhöni bei Gstaad.
Sie haben 2012 in Zürich-West das erste Schweizer 25hours-Hotel Schweizer eröffnet und doppelten 2017 an der Zürcher Langstrasse nach. Welches Hotel macht Ihnen mehr Spass?
Das Hotel an der Langstrasse ist ein zentraleres und lebendigeres Haus, das zudem eine grössere Gastronomie hat. Aber ich habe auch das 25hours in Zürich-West ins Herz geschlossen. Weil es unser erstes Hotel in Zürich und für die Gruppe insgesamt ein frühes Projekt war, von dem wir für die weitere Entwicklung viel lernen konnten. Mit Eröffnungsjahr 2012 ist es heute nicht mehr das allerjüngste, wir werden demnächst die Möglichkeit haben, ein paar Veränderungen vorzunehmen.
Und welches Hotel freut Ihren Buchhalter mehr?
Wohl der Betrieb an der Langstrasse, weil er phantastisch läuft. Zürich-West performt durch die vielen Firmen, die ihren Sitz in der Nähe haben, auch sehr stabil. Zunächst hatten wir ein wenig Angst, dass wir uns in Zürich kannibalisieren könnten, aber das ist kaum eingetreten. Was wir merken: Am Wochenende haben wir an der Langstrasse mehr Geschäft als in Zürich-West.
Kann man das auch in Zahlen ausdrücken?
Über alle 13 Häuser hinweg liegen wir bei einer Auslastung von rund 83 Prozent, da sind dann aber auch Top-Perfomer wie die Hotels in Berlin und Hamburg dabei, die auf über 90 Prozent kommen. Der Markt in Zürich ähnelt demjenigen in Frankfurt, weil eben beide Cities Business-Städte sind. Da sprechen wir dann eher von 80 Prozent.
2012 war 25hours hierzulande noch Vorreiter der Budget-Design-Bewegung. Seither folgten Marken wie Motel One, Harry’s Home und CitizenM. Wird der Kampf um die Gäste härter?
Respekt hatten wir – und wohl viele andere auch – vor allem vor Motel One. Ein neuer Player mit über 400 Zimmern, das war schon ein starkes Stück. Gemerkt haben wir aber seither nichts davon. Ich glaube sogar, dass Hotelkonzepte wie CitizenM dem Standort insgesamt gut tun.
Wie das?
Weil sie mit ihren kosmopolitischen Elementen beitragen zu einer neuen Hotel-Vielfalt in der Stadt und helfen, das Wochenende attraktiver zu machen. Natürlich nicht auf dem Niveau eines Baur au Lac, Dolder oder Widder, dafür auf eine etwas demokratischere Art und Weise.
Christoph Hoffmann, 54, ist CEO und Partner der 25hours Hotels. Der Saarländer lernte sein Hotellerie-Handwerk in der Schweiz am Glion Institute of Higher Education. Darauf folgten Einsätze im American Colony Hotel, Jerusalem, im Hamburger Atlantic Kempinski, auf dem Schweizer Bürgenstock und im Louis C. Jacob, Hamburg. 2017 wurde er in Deutschland zum Hotelier des Jahres gewählt. Neben 25hours ist Hoffmann auch an Bikini Island & Mountain Hotels beteilig.
Zürich erlebt eine gewaltige Schwemme neuer Hotels. Müssen sich etablierte Player bald nach der Decke strecken?
Ich kann nicht für die anderen Hotels sprechen. Bei uns jedenfalls läufts gut. Was ich feststelle: Diese Frage wird mir überall gestellt, auch in Berlin und Hamburg. Überall glaubt man, dass es zu viele Betten auf dem Markt habe. Und dass zu viele neu hinzukämen. Im Grunde ist es doch ganz einfach: Wenn ein gutes Produkt am richtigen Standort steht, dann läuft es auch.
Oder sind Hotels deshalb attraktiv, weil andere Nutzungen nicht mehr attraktiv sind? Detailhandel ist schwierig, Büros hat es meist genug – dann stellen Immobilienentwickler halt einfach ein Hotel hin. Weil das funktioniert. Bis jetzt jedenfalls.
Mit Sicherheit ist der Hotel-Boom zu einem guten Teil immobiliengetrieben. Wir als Hotelgruppe haben davon profitiert. Wir sind nach der Gründung 2005 in eine Zeit hineingewachsen, die erstens ständig steigende Tourismuszahlen brachte. Zeitgleich hat die Hotellerie ihr Stiefmutterdasein verloren.
Wie meinen Sie das?
Früher war die Hotellerie nach der Gastronomie die zweite Igitt-Branche, mit der die Banken nichts zu tun haben wollten. Der Hotellerie haftete das Image einer schwachen Bonität an; Geldinstitute wollten da oft nicht finanzieren. Das hat sich total und extrem schnell verändert. Es gibt heute einen regelrechten Run auf die Spezialimmobilie Hotel.
Bis es zum nächsten Knall kommt.
Diese Gefahr gibt es natürlich. Wenn alle auf den gleichen Zug aufspringen, wenn Immo-Entwickler nur kurzfristig denken, kann es schwierig werden. Aber bisher galt: Wenn man mit scharfem Konzept und starker Marke Hotellerie macht, dann klappt es. Wir haben den richtigen Zeitpunkt gefunden, um Gas zu geben.
«Früher war die Hotellerie nach der Gastronomie die zweite Igitt-Branche, mit der die Banken nichts zu tun haben wollten.»
2012 sprachen Sie davon, dass für 25hours in der Schweiz auch Basel und Genf und in zweiter Priorität Bern und Lausanne interessant sein könnten. Was ist daraus geworden?
Wir sind seither sehr viel internationaler geworden. Heute kann ich sagen: Genf interessiert mich weiterhin. Weil die Stadt sehr international ist und zu unserem künftigen Netzwerk – ich denke da etwa an unser Projekt in Dubai – passen könnte.
Vor drei Jahren hat sich der französische Hotel-Riese Accor mit 30 Prozent an 25hours beteiligt. Was hat sich dadurch geändert? Hierzulande fasst man den französischen Stil in zwei Wörtern so zusammen: Paris regiert.
Das stimmt so nicht. Und auch bei den Anteilen hat sich etwas getan. Accor hat vor wenigen Wochen auf 50 Prozent aufgestockt. Und die Roadmap sieht vor, dass Accor 2023 eine weitere Call-Option ziehen kann, um dann auf 100 Prozent zu kommen. Accor achtet sehr wohl darauf, dass wir unsere Kultur behalten können, hilft uns aber stark beim Thema Wachstum.
Die deutsche Lifestyle-Hotelgruppe 25hours wurde 2005 gegründet und betreibt aktuell 13 City-Hotels. Neun in Deutschland, zwei in der Schweiz und je eines in Paris und Wien. Für 2020 ist ein 25hours-Betrieb in Dubai und einer in Florenz geplant; 2021 folgt Kopenhagen. 2016 beteiligte sich der französische Accor-Konzern (Ibis, Mercure, Novotel, Swissôtel, Mövenpick-Hotels und andere) mit 30 Prozent an 25hours und erhöhte den Anteil kürzlich auf 50 Prozent.
Accor ist eine typische Kettenhotel-Gruppe. Der Claim von 25hours aber lautet: «Kennst Du eins, kennst Du keins». Bleibt das so?
Ja, das bleibt so. Weil es gewollt ist von uns und von Accor. Wobei es da natürlich schon eine Schwierigkeit gibt.
Die da wäre?
Einerseits zu sagen «Kennst Du eins, kennst du keins.» Und dies andererseits zu reproduzieren, ist in gewisser Weise ein Widerspruch. Wir expandieren ohne genaue Formel, sondern richten uns jedes Mal stark nach dem jeweiligen Standort aus. Das ist aufwendiger, als mit einem 08/15-Muster einfach vorwärtszumachen. Unser Thema lautet also aktuell: Wie man es schafft, Individualität skalierbar zu machen. Da sind wir dran.
Und Sie sind auch dran an einem Plan für die Schweizer Berge. Was läuft da konkret?
Das ist richtig. Wir kommen nach Zermatt – aber nicht mit der Marke 25hours. Sondern mit der jungen Hotelgruppe Bikini Island & Mountain Hotels. 2016 brachten meine 25-hours-Partner und ich dieses Baby zur Welt. Dank Geschäftsführer und Partner Christian Zenka fanden wir relativ schnell eine Immobilie in Port Sóller auf Mallorca, bauten sie um und konnten im Sommer 2018 eröffnen.
Im Logo zeigen Sie nicht nur eine Palme, sondern auch einen markanten Berg.
Das war ein früher Teil unserer Corporate Identity. Weil ich eine sehr enge Verbindung zu Zermatt habe, war es mir wichtig, dass auch das Matterhorn ins Logo kam. Und dann wollte es der Zufall, dass mir der Zürcher Gastronom Michel Péclard einen entscheidenden Tipp gab.
Für Zermatt?
Genau. Wir konnten vor drei Wochen das Zermatter 36-Zimmer-Hotel Antares erwerben, das nur gerade zwei Häuser entfernt von der Talstation der Klein Matterhorn Seilbahn liegt. Also ideal für das Modell Ski-in/Ski-out. Wir werden das Hotel mit dem gleichen Team weiter als Antares betreiben wie bis jetzt und es dann nach der Winter-Saison den Umbau des Gebäudes so umsetzen, dass wir auf die Ski-Saison 2020/2021 als Bikini Island & Mountain Zermatt bereit sind. Um dann nach jener Saison mit zwei zusätzlichen Gebäuden auf rund 80 Zimmer zu erweitern.
Wie ist der Verwandtschaftsgrad zwischen 25hours und Bikini Island & Mountain Hotels?
Man könnte sagen, Bikini Island & Mountain ist ein Sprössling der 25hours Hotels. Weil beide Gruppen – den Stake von Accor einmal ausgenommen – die gleichen Eltern, respektive Besitzer, haben. Christian Zenka ist klar der Chef von Bikini Island & Mountain, ich bin dabei das Bindeglied zwischen der jungen Gruppe und 25hours. Faktisch ist es so, dass vieles von der 25hours-DNA nun ins Freizeitsegment eingebracht werden kann. Es ist kein Budget-Produkt, sondern ein Hotel, das viel mit Lifestyle und Storytelling zu tun hat. Das Konzept kommt an, es liegen uns heute schon Anfragen vor, etwa von Griechenland, Marokko, Mauritius oder aus der Karibik.
Dort ist der Bikini durchaus eine Bekleidungs-Option. In Zermatt auf 1600 Metern über Meer weniger.
Wir haben lange nachgedacht über den Namen und wollten das leicht provozierende Element unbedingt drinhaben. Bikini hat nicht nur mit einem kleinen Kleidungsstück zu tun, sondern auch mit der lockeren Lebensart des Gypset.
«Dann wollte es der Zufall, dass mir der Zürcher Gastronom Michel Péclard einen entscheidenden Tipp gab.»
Gypset?
Darunter verstehen wir einen hippiesken Lifestye, der in der Welt des Luxus spielt. Oder wörtlich der Mix aus «Gipsy» und «Jet-Set».Das ist eine Klientel, die im Herz noch immer Hippie ist. Aber die Brieftasche hat, um sich Luxus leisten zu können?Könnte man so sagen. Eine Art Wiedergeburt des wilden Lebens, wie es der Jet-Set der 60er Jahre geführt hat.
Gunter Sachs reloaded?
So in der Art. Aber auch mit einem Augenzwinkern.
Ihre Gruppe lässt sich in der Regel nicht in die starre Welt der Sterne einordnen. Trotzdem: In welcher Liga wird Bikini Island & Mountain in Zermatt spielen?
Genau so wie 25hours: In der gefühlt erlebnisreichen Vier-Sterne-Welt. Wobei uns in Zermatt auch die Gastronomie wichtig ist. Angedacht ist ein Restaurant mit Bar, wo sich auch die Einheimischen wohlfühlen. Raclette- und Fondue-Stuben gibt es schon genug in Zermatt, wir werden in eine andere Richtung gehen, die wir aber zuerst noch definieren müssen. Wir wollen ein lokaler Hotspot werden.
Noch einmal zurück ins Flachland: Aktuell erstarkt der Franken wieder, was dem Schweizer Tourismus zusetzt und auch ihre Zürcher Zimmer gegenüber Gästen aus der Euro-Zone verteuert. Ein kleines Problem oder ein grosses?
Aktuell ein kleines. Weil wir erstens stark vom Geschäftstourismus leben. Und weil unsere Hotels unter anderem für ein gutes Preis-Leistungsverhältnis stehen. Kann also sein, dass jemand, der vorher sehr hochsternig und teuer unterwegs war, ein neuer Gast wird bei uns. Das Währungsthema spielt, glaube ich, in der alpinen Gegend eine grössere Rolle. Doch da bin ich der Meinung, dass Zermatt eine so starke Destination ist, dass ein paar wenige Prozente Mehrkosten nicht gross ins Gewicht fallen. Solange es bloss bei ein paar Prozenten bleibt.
Krisenerfahrung hat Ihre Gruppe auf jeden Fall. 25hours wurde 2005 gegründet – und drei Jahre später donnerte die grosse Wirtschafts- und Finanzkrise übers Land. Wie haben Sie das überlebt?
Eigentlich ganz gut. Klar, unsere ersten Hotels in Frankfurt spürten das Beben im Finanzsektor schon heftig. Aber wir hatten damals auch zwei Vorteile. Erstens waren wir damals noch sehr klein. Und zweitens profitierten wir davon, dass sich viele Gäste aufs Mal vermehrt an preiswerteren Hotels orientierten.
Die erste grosse Wirtschaftskrise hat 25hours selber überstanden – und bei der nächsten hilft Ihnen Accor?
So einfach ist es nicht. Ja, ich glaube daran, dass da wieder etwas kommen wird. Aber wir sind heute viel breiter aufgestellt und konnten ein Polster für schlechtere Tage aufbauen. Wenn eine grosse Krise wirklich flächendeckend einsetzen sollte, gilt für uns wahrscheinlich das Gleiche wie für die anderen am Markt: Kleinere Brötchen backen. Und den Ofen warm halten: Weil in Krisen immer auch neue Möglichkeiten auftauchen.