Huaweis Finanzchefin Meng Wanzhou ist wieder auf freiem Fuss – allerdings gegen hohe Auflagen. Ihr drohen nach wie vor die Auslieferung in die USA und 30 Jahre Haft. Die Festnahme Anfang Dezember in Kanada auf Weisung der USA hat Huawei global in den Fokus gerückt und den US-chinesischen Handelsstreit weiter eskalieren lassen. Im Gespräch mit der Handelszeitung schildert Schweiz-Chef Andy Wang Haitao die Perspektive seines Unternehmens auf die Entwicklungen.
Wie haben Sie reagiert, als Sie von der Festnahme von Finanzchefin Meng Wanzhou hörten?
Andy Wang Haitao: So etwas habe ich noch nicht erlebt. Für mich ist es ein besorgniserregendes Signal für die internationalen Beziehungen. Ich arbeite seit fast 20 Jahren für Huawei und ich weiss, dass wir global allen gesetzlichen Vorgaben und Regulierungen entsprechen und peinlich genau darauf achten. Das gilt auch für unsere Arbeit in der Schweiz. Es gibt wohl keine andere privatwirtschaftlich geführte Firma, die so viel Wert auf Compliance legt.
Huawei hat also nicht gegen Iran-Sanktionen verstossen?
Diese Vorwürfe sind erhoben worden, um Angst zu schüren vor Huawei als chinesisches Unternehmen. Die Festnahme von Meng Wanzhou war politisch motiviert, nicht, weil die Vorwürfe auf Tatsachen beruhten.
Verstehen Sie die Sicherheitsbedenken, nach denen die USA, Kanada und Neuseeland Datenspionage mittels Huawei-Technologie von Seiten der chinesischen Regierung befürchten?
Nehmen Sie als Beispiel den europäischen Markt: Huawei ist hier seit 15 Jahren präsent. Immer wieder ist geprüft worden, ob es Sicherheitsbedenken gibt oder ob an den Anschuldigungen aus den USA etwas dran sei. Und was hat man gefunden? Nichts. Es gibt keine Grundlage für die Vorwürfe.
Welche Konsequenzen spürt Huawei in Folge der Vorwürfe?
Für Huawei ist es keine gute Situation. Es ist schwer, das normale Geschäft unter diesen Vorzeichen fortzusetzen. Wir glauben aber daran, dass sich juristisch nachweisen lassen wird, dass die Vorwürfe haltlos sind. Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen, und das werden auch die USA und Kanada einsehen müssen. Es braucht aber Zeit, diesen Nachweis zu führen.
Unbestritten ist aber, dass Huawei-Gründer Ren Zhengfei einen hohen Rang im chinesischen Militär bekleidete, bevor er sein Unternehmen gründete.
Das ist richtig. Gerade in der Schweiz haben aber auch viele hochrangige Manager in der Vergangenheit der Schweizer Armee gedient. Das sagt nichts über die Besitzverhältnisse eines Unternehmens aus. Huawei ist ein privat geführtes Unternehmen, das zu 100 Prozent seinen Mitarbeitern gehört. Weder das Militär noch die chinesische Regierung halten auch nur einen Anteil.
Eine Nähe zur Regierung kann trotzdem bestehen. Beliefert Huawei die chinesische Regierung?
Huawei liefert Technologie für die chinesische Regierung, so wie US-Hersteller die US-Regierung beliefern. So wie sie stellen wir Router und Server zur Verfügung, das ist ein ganz normales Geschäft.
Wie reagieren Ihre Schweizer Geschäftspartner wie Sunrise, Swisscom oder die ETH auf die Ereignisse in Kanada?
Wir sind auf alle unsere Partner zugegangen und haben das Gespräch mit ihnen gesucht. Sie verstehen genau, was die Hintergründe der Vorgänge sind. Es bestehen trotzdem gewisse Sorgen, was die Folgen der Entwicklungen sein können, einfach, weil diese globale Dimensionen angenommen haben. Das ist verständlich, betrifft aber vor allem die US-Partner wie zum Beispiel Qualcomm, mit denen wir seit Jahren zusammenarbeiten.
Was ist mit der Akquise von neuen Kunden? Wird das Wachstum von Huawei jetzt gebremst?
Für die Smartphone- und die Netzwerk-Sparte bin ich zuversichtlich. In beiden Bereichen sind wir etabliert und haben eine ausreichend starke Stellung am Markt. Wir werden einfach weiter gut mit unseren bisherigen Partnern zusammenarbeiten. Am ehesten könnten im Enterprise-Business ein Dämpfer zu spüren sein, denn dort sind wir noch der Herausforderer. Aber auch dort spüren wir viel Verständnis von Seiten unserer Kunden.