Die gute Nachricht vorweg: In den Augen der Geschäftsleitung hat sichdie Human-Resources-(HR-)Abteilung positiv entwickelt. Sie ist nicht mehr das muffige Schreibbüro; die HR-Leute sind professioneller geworden und beschäftigen sich mit Unternehmensfragen.
Das Ziel: Die Personaler wollen endlich auch von der obersten Führungsspitze ernst genommen und nicht mehr als zu optimierender Kostenfaktor empfunden werden. Kurz: Sie wollen mitreden. Und das ist die schlechte Nachricht: Gemäss einer Umfrage des Management- und Technologieberatungsunternehmens Capgemini ist der Weg dorthin für viele HR-Leute noch weit. Capgemini fragte 17 Unternehmen in der Schweiz und anderen europäischen Unternehmen, darunter die Credit Suisse, ABB und Syngenta.
Kommt dazu, dass mit der «Entdeckung» der Kunden und der ständigen Aufwertung der Finanzwelt die relative Bedeutung des Personals markant abgenommen hat (siehe Kurvengrafik). Und um die Selbstwahrnehmung der HR-Bereiche ist es gemäss einer anderen Capgemini-Studie ebenfalls nicht gut bestellt (siehe Kuchengrafik): Nur gerade 4% sehen sich «voll und ganz» als Business-partner, als «strategischer Partner». Das Credo der Personalverantwortlichen heisst heute also «HR wieder stärken». Doch wie soll sich diese Sehnsucht erfüllen, zumal der Wert in früheren Untersuchungen noch bei 15% lag?
Stubenhocker, Meilensammler
Will die HR-Abteilung im Zuge des Drucks zur Kostensenkung nicht zur plumpen Dienstleisterin verkommen, die man ja eines Tages auch outsourcen könnte, muss sie sich sozusagen neu erfinden oder sie wird eben neu erfunden. Oder der Personalchef wird einfach durch jemanden aus der Linie oder von aussen abgelöst. Denn der heutige Anspruch geht über das Bereitstellen kostenoptimierter und qualitativ hoch stehender Dienstleistungen hinaus. Die Businessprobleme des Unternehmens müssen in HR-Lösungen umgemünzt werden, die Ideen der Personalentwickler müssen zum Geschäftsergebnis beitragen.
Das bedingt, dass sie wissen, was im Business läuft, Treiber und Trends kennen und natürlich auch die Geschäftsstrategie. Und sich auch an ihr orientieren. Vielleicht müssen sie sogar eine Art «interne McKinseys» werden. Dies und etwa die Teilnahme an Sitzungen des Managements, die nicht direkt mit dem Personalwesen zu tun haben wie das die Credit Suisse macht , kostet freilich Zeit. Ausserdem heisst das: Raus aus dem Stall. Sie müssen sozusagen von Stubenhockern zu Meilensammlern werden, Wanderer zwischen den Welten. Nur durch den regelmässigen Kontakt mit dem Management entstehe, erklärt CS-Sprecherin Nicole Pfister-Bachmann, eine Vertrauensbasis.
Um Businesspartner zu werden, brauchen viele HR-Verantwortliche zunächst einmal mehr Nähe. Das ist nicht nur als mentale Identifikation, sondern durchaus auch physisch gemeint: Wer sein Büro in der Nähe des Chefs hat, ist nur schon durch den «Flurfunk» besser informiert. Und als Übersetzer in beide Richtungen müssen sie Businesspläne in HR-Primate umwandeln, umgekehrt aber auch, dank Fachkenntnissen, gelegentlich Widerstand leisten. Den echten Mehrwert können sie beispielsweise durch verbesserte Nachwuchsplanung, bei Gehaltsrevisionen und Bonusrunden erbringen. Sie müssen aufzeigen, wo die Chancen und Gefahren im Personalbereich liegen und so frühzeitig helfen, die Weichen richtig zu stellen. Bei der Credit Suisse jedenfalls hat man in der Schweiz «insgesamt gute Erfahrungen mit dem HRBP-Modell gemacht».
Und was wäre der Idealzustand? Ein Befragter in der Studie erklärt es so: «Wenn ein Manager ein Problem hat, wen ruft er dann zuerst an? Seinen HR-Manager, seinen HR-Businesspartner.»
Die kostenlose «Studie HR Business Partner; Theorie und Praxis Sichtweisen und Perspektiven» von Martin Classen und Dieter Kern kann bestellt werden bei marketing.de@capgemini.com.