Eigentlich hat PostChef Ulrich Gygi seit seinem Antritt Mitte 2000 immer gesagt, er mache den Job acht Jahre. Nun aber möchte der oberste Schweizer Pöstler, der 2008 62 Jahre alt wird, sein Amt noch nicht abgeben. «Nein, 2008 mache ich sicher noch weiter», sagt Gygi auf Anfrage. Sein Ziel sei es, noch alle neuen Briefpostzentren in Betrieb zu nehmen. «Dies wird voraussichtlich bis Mitte 2009 dauern», schätzt er.
Dass der Mann, der den gelben Riesen in den liberalisierten Paket- und Briefpostmarkt steuert, heuer nicht zurücktreten will, ist verständlich. 2008 werden, wenn auch mit Verzögerung, die Weichen für die weitere Öffnung des Briefmarktes gestellt. Der Bundesrat gibt seine Vorlage zum neuen Postmarktgesetz spätestens im Februar in die Vernehmlassung. Während der Postmarkt in der EU bis zum Jahr 2011 praktisch liberalisiert sein wird, sieht der Bundesrat vor, dass die Schweiz dann das Briefmonopol von heute 100 auf 50g senkt. Zwei bis fünf Jahre nach der Senkung der Monopolgrenze soll das Parlament über die vollständige Liberalisierung befinden.
«Studien sind Glaubenssache»
Dieses Tempo ist auch im Sinne von Gygi. Er ist überzeugt, die Post könne so auch künftig die Grundversorgung mit den heutigen Postlöhnen (Beamtenstatus), Auflagen und ohne Banklizenz nur mit dem Restmonopol von 50g finanzieren. Zu diesem Schluss kommt auch die neuste Studie des Eidg. Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek). Danach kann die Post ohne Briefmonopol die Finanzierung der Grundversorgung nur auf dem gesetzlichen Minimum und mit gleich langen Spiessen wie die Privaten erbringen.
Bei einer vollständigen Marktöffnung fordert Gygi, dass die Politik Antworten liefern müsse, wie die Grundversorgung finanziert werden solle. Die Liberalisierungsturbos vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und der Postregulator reklamieren hingegen, die Post male schwarz, besonders nach dem Rekordgewinn von 837 Mio Fr. im Jahr 2006. Die Post müsse beim Monopolentzug weit weniger darben als dargestellt. Diesen Schluss scheint auch eine Studie von BDO Visura und WIK-Consult zu stützen. Diese besagt, dass die Universaldienstlast der Post als zu hoch ausgewiesen wird.
Gygi erklärt sich die unterschiedlichen Einschätzungen mit unterschiedlichen Modellen zur Berechnung der Kosten, die aus der Grundversorgungsverpflichtung entstehen: «Am Ende ist dies eine Glaubenssache, weil es kein Modell gibt, das die Realität eins zu eins abbilden kann.»
Geschäftsleitung wird jünger
Mit welchem Tempo auch immer weiter liberalisiert wird: Gygi wird die Realisierung nicht mehr als Post-Chef erleben. Ein Rücktritt erst 2009 würde Gygi allerdings erlauben, das Poststellenprojekt Ymago abzuschliessen und bis Ende Jahr die geplanten total 200 Poststellen durch «Post im Dorfladen» zu ersetzen. Ende 2007 gab es 70 dieser neuen Poststellen.
Auf organisatorischer Ebene zeichnet sich in der Geschäftsleitung ein nahtloser Generationenwechsel ab. Per 1. Juni übernimmt Markus Zenhäusern (45) den Posten des altershalber zurücktretenden Finanzchefs Hans-Peter Strodel. Neu in der Chefetage ist seit letztem Jahr der 48-jährige Patrick Salamin, Leiter des Poststellennetzes. Ein Jahr zuvor stiess Personalchef Yves-André Jeandupeux (49) zur Geschäftsleitung.