Ein Jahr lang haben Tag Heuer und Intel daran getüftelt, nun liegt das Schweizerisch-Amerikanische Gemeinschaftswerk vor: Die Smartwatch «Connected». 1400 Franken je Stück kostet die Computeruhr. Die «Connected» läuft auf dem Google-Betriebssystem Android Wear und bietet Anwendungen wie Kalender, Google-Sucher oder Schrittzähler.
Jean-Claude Biver, Uhrenchef beim französischen Luxusgiganten LVMH und CEO bei der Tochter Tag Heuer hat wenige Stunden nach der Produktpräsentation in New York exklusiv mit handelszeitung.ch gesprochen.
Herr Biver, wieso ist Ihre Smartwatch besser als die Apple Watch?
Jean-Claude Biver: Ich sage nicht, dass die Tag Heuer «Connected» besser ist – es hängt davon ab, was Sie suchen. Wenn Sie eine gute Konnektivität wollen, dann sind beide gleichwertig. Aber die Apple Watch ist nur kompatibel mit Apple-Geräten, mit unserer Uhr können Sie alle Smartphones nutzen. Ein zweiter Vorteil: Die «Connected» sieht aus wie eine Schweizer Uhr – die Apple Watch eher wie ein Computer. Und dann gibt es noch einen dritten Vorteil: Wenn Sie denken, dass die Technik obsolet wird, sollten Sie unsere Uhr wählen. Und das wird passieren – jede Technik ist irgendwann veraltet, so wie das Schwarzweissfernsehen.
Sie wechseln das Innere der Uhr aus.
Wir ersetzen sämtliche Technologie in der Uhr durch ein mechanisches Werk. Und dann haben Sie für die nächsten 500 Jahre eine Uhr, die tadellos funktioniert.
Aber dieser Ersatz kostet noch einmal 1400 Franken.
Wenn Sie ein Modell mit demselben mechanischen Werk heute im Laden kaufen, kostet Sie das 2400 Franken. Wenn Sie die Uhr in zwei Etappen kaufen, haben Sie zwei Uhren gehabt, und 400 Franken mehr bezahlt. Das ist nicht schlecht.
Ihre Uhr ist nicht «Swiss Made».
Wir haben in der Schweiz nicht die Leute, die nötig sind, um solche Mikroprozessoren zu entwickeln. Deshalb können wir die Bedingungen für das Gütesiegel «Swiss Made» nicht erfüllen. Wir konnten aber nicht passiv bleiben, nur weil wir kein «Swiss Made» anbieten können. Wir mussten eine Lösung finden.
Das fehlende Label ist für Sie kein Problem?
Dass die Uhr nicht «Swiss Made» ist, stört mich nicht. Denn diese Uhr wird in ähnlicher Weise wie ein Computer gekauft. Bei der Apple Watch schaut auch niemand darauf, dass sie in China hergestellt wird. Intel Inside ist für Computer eine genauso starke Marke wie «Swiss Made» für unsere Schweizer Uhren. Ich will «Swiss Made» verteidigen. Aber «Swiss Made» hat mit Uhren zu tun, nicht mit Computern. In der Tag Heuer Connected ist weder eine mechanische Uhr noch eine Quarzuhr. Eines Tages werden wir die Mikroprozessoren in der Schweiz herstellen können, dann haben wir das Problem gelöst. Aber wir müssen anfangen.
Die Tag Heuer Connected funktioniert mit Android Wear. Die Systeme von Apple und Samsung gelten als besser.
Das kann ich nicht beurteilen, ich bin kein Experte. Android Wear ist weltweit die führende Software für tragbare Computer, den Wearables. Zudem arbeitet Apple mit niemandem zusammen. Und bei der Wahl zwischen Android und Samsung habe ich nicht gezögert. Samsung stellt selber Uhren her, ich konnte nicht sicher sein, dass sie uns die beste Technologie liefern.
Ihr grosser Konkurrent ist ja die Swatch Group. Sie verfolgt eine andere Strategie bei den Smartwatches – sie setzt nicht auf einen US-Partner.
Ich sage nicht, dass unsere Strategie besser ist. Wir haben keine Kompetenz in der Kommunikationstechnologie. Deshalb müssen wir uns diese Kompetenz beim besten Partner holen, und das ist Intel. Ich will dieses Know-how nächstes Jahr in die Schweiz holen. Wir werden einen Technologietransfer von Intel bekommen – wir werden eine kleine Produktionslinie für Mikroprozessoren in La-Chaux-de-Fonds aufbauen. Die Swatch Group braucht das nicht zu tun, denn sie besitzt diese Kompetenz ja schon.
Wie viele Stellen entstehen in diesem neuen Produktionszentrum?
Wir werden mit etwa 10 Angestellten anfangen. Wie viele dazukommen, hängt von der Produktion ab - wie viele der Uhren wir herstellen.
Wie viele Connected wollen Sie denn verkaufen?
Ich will im Moment keine Zahl nennen, dass wäre zu riskant. Ich habe selber keine klare Vorstellung. Apple sagt auch nicht, wie viele Apple Watches sie verkaufen.
Wie geht es mit der Smartwatch weiter, was sind Ihre Pläne?
Das aktuelle Modell ist eher für einen Mann gedacht. Der Durchmesser von 46 Millimeter ist sogar für ein männliches Handgelenk gross. Wir bringen so schnell wie möglich eine zweite Version; eine Damenuhr, die viel kleiner ist. In zwei bis drei Jahren kommt dann die zweite Generation der Smartwatch. Wir haben nicht 20, 30 Millionen Franken investiert, um nur eine Halbzeit zu spielen. Wir werden das ganze Spiel und die Nachspielzeit spielen – wir wollen bis zum Ende dabei sein.
Die Präsentation in New York sehen Sie im Video unten.