Mit einem ungewöhnlichen Angebot hat sich das Möbelhaus Ikea gemeldet: In zunächst fünf deutschen Filialen werde man ab dem 1. September gebrauchte Möbel aus dem eigenen Sortiment an- und gleich auch wieder verkaufen. Das kündigte der deutsche Marktführer am Montag an. Der Test ist zunächst auf einige Produktgruppen beschränkt und soll dem Unternehmen zufolge der Nachhaltigkeit dienen.

Was der Handel bislang einigen Sozialträgern mit ihren Gebrauchtwarenhäusern überlassen hat, soll nunmehr den Einstieg in die Kreislaufwirtschaft darstellen. Umweltaktivisten und Handelsexperten reagieren aber skeptisch.

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Ikea stellt Bedingungen

Ein paar Haken gibt es bei der «zweiten Chance» für Billy und Co. ohnehin. Der künftige Wiederverkäufer soll nach einer unverbindlichen Preis-Offerte aus dem Internet mit dem aufgebauten Produkt im Markt erscheinen, wo es noch einmal in Augenschein genommen wird.

Kommt der Deal zustande, gibt es einen Warengutschein im Wert von bis zu 50 Prozent des Neupreises, aber kein Bargeld. Die erworbenen Gebrauchtmöbel will Ikea dann in seinen «Fundgruben» vermarkten. Geld verdiene man daran nicht, sondern schlage lediglich die Mehrwertsteuer auf den Ankaufspreis, kündigt Ikea Deutschland an.

Die Schweden sind nicht Vorreiter

Stefan Peter vom Berliner Obdachlosenverein Motz ist von den Absatzchancen gebrauchter Schweden-Möbel aus eigener Erfahrung nicht überzeugt. «Ikea-Möbel laufen in unserem Kaufhaus ganz schlecht, weil da immer einer sagt: «Das kriegen wir auch neu billig.» Eine echte Konkurrenz fürchte er daher nicht, wenn Ikea jetzt in den Second-Hand-Markt einsteige.

Auch andere Handelsunternehmen haben bereits ähnliche Aktionen auf den Weg gebracht. Der Textilversender Zalando versucht, mit seinem «Wardrobe» (Kleiderschrank) ein soziales Netzwerk zu knüpfen, in dem die Nutzer untereinander Kleiderstücke weiterverkaufen können. Der Textil-Filialist H&M gibt in seinen Läden Warengutscheine gegen Kleiderspenden aus. Hersteller von Essbestecken und Töpfen gewähren Rabatt beim Eintausch älterer Produkte gegen neue.

Für Ikea ist es auch ein Verkaufsargument

Das Ziel, meint der Handelsfachmann Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU, sei immer das gleiche: «Jeder von uns hat zu viele Möbel und zu viel Kleidung. Für die Unternehmen geht es darum, zusätzliche Kauf-Impulse zu setzen.» Für Ikea stehe wie bei den Rückgabe-Richtlinien sicherlich nicht die Nachhaltigkeit im Vordergrund, sondern die Schaffung zusätzlicher Kaufimpulse. «Sie wollen es ihren Kunden leicht machen, neue Möbel zu kaufen, indem man die alten problemlos zurücknimmt.» Unter dem Strich werde sich die Strategie für das Unternehmen rechnen.

Der Naturschutzbund Deutschland setzt sich für eine Stärkung des Gebrauchtmöbel-Marktes und gegen die verbreitete Ex-und-Hopp-Mentalität ein. «Heute gehen viel zu viele ausrangierte Möbel in die Verbrennung», erklärt Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller gleich in der Ikea-Pressemitteilung. Von einer längeren Nutzung der Möbel könne die Umwelt nur profitieren.

Greenpeace zeigt sich skeptisch

Greenpeace ist da nicht ganz so euphorisch und will sich zunächst in der Praxis anschauen, wo die gebrauchten Ikea-Möbel am Ende wirklich landen. «Die Gutscheinregelung zeigt, dass es nicht um die Ressourcen geht, sondern darum, den Konsum weiter anzukurbeln», sagt Sprecherin Viola Wohlgemuth. Man begrüsse aber auf der anderen Seite alle Ansätze, in denen Firmen anfingen, eine erweiterte Produktverantwortung zu übernehmen.

Die Umweltorganisation hat bislang vor allen die Textilbranche im Visier ihrer Konsumkritik. «Die Schnelllebigkeit der Modebranche, die immer noch weiter wachsen will, obwohl in jedem Kleidungsstück wertvolle und knappe Ressourcen stecken, ist neben allen sozialen Problemen auch ökologisch unverantwortlich», sagt Wohlgemuth. «Besonders schlimm ist es, dass für die Firmen die Vernichtung einmal produzierter Waren billiger ist, als sie wieder in den Warenkreislauf zu bringen.»

Das Prinzip der «fast fashion» springe zunehmend auf andere Branchen über. «Die Leute konsumieren nicht mehr, weil sie Dinge benötigen, sondern weil sie auf der Jagd nach dem neuesten Modell sind. Das sehen wir beispielsweise bei Smartphones, aber auch bei Einrichtungsgegenständen und Möbeln.»

(sda/mbü)