Das Weckerwerk ist das älteste Zusatzwerk zum Gehwerk der mechanischen Räderuhr. Obwohl seine Überlieferung bis Mitte des 14. Jahrhunderts zurückverfolgt werden kann, wurde das Weckerwerk erst viel später verwendet. In den Anfängen der Schweizer Uhrmacherkunst fand es zwar in verschiedenen Uhrenformen Verwendung, die Herstellung als reine Weckuhr aber geht auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurück. Mit der zunehmenden Industrialisierung und einer vermehrten Reisetätigkeit erlangte Pünktlichkeit einen höheren Stellenwert. Touristen mussten wohl schon damals erfahren haben, dass selbst in den besten Hotels der Weckdienst gelegentlich versagt.
Bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts zählte die Schweiz noch 17 Unternehmen, die mechanische Wecker herstellten. Eines davon, die 1922 gegründete Looping AG im neuenburgischen Corcelles, überstand wohl die weltweiten Rezessionen der 30er und 70er Jahre, nicht aber den Zusammenbruch der schweizerischen Uhrenindustrie am Anfang der 80er. 1981 musste das Unternehmen, das in seinen guten Zeiten bis zu 100 Mitarbeitende und zahlreiche Zulieferer beschäftigte, den Konkurs anmelden.
VOM ALLROUNDER ZUM SPEZIALISTEN
Dies entging Edgar Sutter, der damals die E. Sutter Handels AG in Bettlach bei Grenchen führte, nicht. Aus der Konkursmasse konnte er 1982 sowohl sämtliche Maschinen, Werkzeuge und Fournituren (Uhrenteile) als auch die beiden Markennamen Looping und Amyral erwerben. In jenem Jahr konnte der Solothurner Uhrmacher bereits auf eine 20-jährige Selbstständigkeit zurückblicken. Der 1941 Geborene heiratete kurz nach der Lehre die Tochter einer Uhrmacherfamilie und machte sich mit ihrer tatkräftigen Unterstützung 1961 als Termineur selbstständig.
Das war in der Uhrenbranche nichts Aussergewöhnliches, entwickelte sich diese doch schon in der Pionierzeit ab Ende des 17. Jahrhunderts dezentral. Uhrmacherfamilien richteten, meist in ihrem Wohnhaus, so genannte Comptoir ein. Dort holten spezialisierte Heimarbeiter, die früher im Hauptberuf vielfach Bauern waren, Material und Aufträge ab, um Wochen später ihre kunstvollen Handarbeiten dort wieder abzuliefern. Dieses handwerklich orientierte Verlags-system wurde durch die industrielle Uhrenfertigung an den Rand gedrückt und mit dem Aufkommen der Quarzuhren vollständig verdrängt.
Mitte der 60er Jahre liess sich Sutter zum Regleur weiterbilden, um seine Uhrmacherkünste weiteren Etablisseuren anzubieten. Bis zu 87 Firmen zählten damals zu seinem Auftraggeberkreis. 1969 konnte er ein kleines Bieler Unternehmen erwerben, das Werkzeuge und Fournituren für die Herstellung mechanischer Uhren herstellte. Mit diesem «Vorrat» richtete der umtriebige Sutter komplette Ateliers für Drittpersonen ein. Als mit dem Zusammenbruch der Uhrenindustrie die Reglage-Aufträge ausblieben, gründete Sutter 1978 seine gleichnamige Handels-AG und vertrieb Gross- und Tischuhren sowie Wecker von Ebosa, bis auch diese zwei Jahre später den Betrieb einstellen musste.
UHRMACHER MIT LEIB UND SEELE
Im März 2000 wandelte Edgar Sutter seine Handelsfirma in Looping & Amyral um beides geschützte Marken für mechanische Wecker. Im Untergeschoss seines an einen Hang gebauten Hauses ist hinter grossen Fensterscheiben Platz genug für 56 eingerichtete Einzelwerkplätze. Vom 1. bis zum 56. Platz beherrscht der vielseitige Uhrmacher und Handwerker alle Arbeitsgänge und kann von A bis Z eine ganze Serie von Weckuhren selbst herstellen und montieren.
Einzig Zeiger, Feder und Teile der Decolletage (Schrauben, Triebe, Wellen) gibt Looping & Amyral extern in Auftrag. Je nach Auftragseingang werden im Betrieb auch immer wieder temporäre Mitarbeiter beschäftigt.
«Ein mechanischer Wecker besteht aus 123 Einzelteilen, für deren Montage 680 verschiedene Operationen nötig sind», antwortet Edgar Sutter auf die Frage nach der Herstellung. Dass solche von Hand gefertigte Wecker aus Messing oder Messing vergoldet mit 1-Tage-Werk je nach Modell für 300 und mehr Fr. an den Endverbraucher gehen, erstaunt daher nicht. Und Wecker mit 8-Tage-Werk, die nur alle acht Tage aufgezogen werden müssen und mit einem aufwendigeren Uhrwerk laufen, kosten gut das Doppelte.
Dafür können seine Kunden führende Fachgeschäfte in der Schweiz, in Deutschland, Österreich und einige wenige in den USA unter 20 verschiedenen Dekors auf dem Uhrwerk auswählen; die berühmten Genfer Streifen sind ebenfalls dabei. Für Kunden, die grössere Stückzahlen absetzen wie beispielsweise Bucherer, verzichtet Sutter auf seine Marke zugunsten des Logos von Bucherer. Doch jedes Werk enthält das Looping-Logo und genaue Herstellungsdaten, sodass bei Service-Dienstleistungen oder bei Diebstahl/Nachahmung die Herkunft bei jedem einzelnen Wecker genau überprüft werden kann.
Preisgünstigere Modelle mit mechanischem Uhrwerk aber ohne Diamanteinstiche werden unter der Zweitmarke Amyral angeboten. Für Sutter sind die Vorteile der mechanischen gegenüber billigen Quarzweckern eindeutig: «Mechanische Wecker sind frei von jeglichem Elektrosmog und machen einen auf der ganzen Welt unabhängig, da sie keine Batterien benötigen. Zudem sind sie , erst kürzlich hatte ich einen Looping-Wecker aus den 1920er Jahren in Revision.»
So lange Edgar Sutter und seine Kundschaft es mögen, so lange wird er an der langgezogenen Jurastrasse mit Blick ins weite Tal hinab Wecker mit mechanischen Werken etablieren. «Schliesslich habe ich mein Hobby zum Beruf gemacht», sagt Sutter mit Schmunzeln. Der im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts neu entbrannte Mechanikboom ist ganz im Sinne von Looping & Amyral.
Uhrenberufe
Vom Etablisseur zum Termineur
Mit der Vielzahl von kleinen spezialisierten Werkstätten, die sich über Jahrhunderte behaupteten, entstanden in der Uhrmacherei zahlreiche Spezialberufe. Die wichtigsten im Überblick:
-Etablisseur:Unternehmer, der die in Werkstätten gefertigten Einzelteile zusammenträgt und zu kompletten Uhren zusammenbaut (etabliert). Zahl-reiche Uhrenmanufakturen begannen als Etablissage-Werkstatt.
-Kalibrist:Der auf die Konstruktion von Kalibern (Grösse und charakteristische Formen eines Uhrwerks) spezialisierte Uhrmacher.
-Regleur:Dieser montiert die Spiralfederrolle auf die Unruh.
-Remonteur:Er setzt das Uhrwerk zusammen. Vergleichbar mit dem Etablieren.
-Retoucheur:Dieser führt die Feinregulierung aus. Davon hängt die Ganggenauigkeit einer mechanischen Uhr ab.
-Rhabilleur:Er repariert und restauriert Uhren.
-Termineur:Uhrmacher, der die Uhren fertig stellt. Waren Auftragnehmer der Etablisseure.
Aktuelle Berufe bzw. Ausbildungen: Uhrmacher-Rhabilleur, Uhrmacher-Mikroelektroniker, Techniker TS (Restauration antiker Uhren), Uhrmachermeister (höhere Fachprüfung).