Die Heilsarmee predigt und lebt die Bescheidenheit. In Ihrer Bilanz weisen Sie Aktiven von mehr als einer halben Milliarde Franken aus. Allein der Wert der Immobilien beläuft sich auf fast 220 Millionen Franken. Wie passt das zusammen?
Andreas Stettler*: Die Heilsarmee besitzt in der Tat rund 150 Immobilien in der ganzen Schweiz, die wir allerdings fast ausschliesslich selbst nutzen. Das sind keine Renditeliegenschaften. Das ginge gar nicht.

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Warum nicht?
Als Liegenschaftsbesitzer und Vermieter hat man immer wieder mit Mietern zu tun, die ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Als Heilsarmee können wir nicht gleich auftreten wie ein kommerzieller Vermieter. Betreiben, das ginge ja vielleicht noch, aber die Heilsarmee kann keine Mieter auf die Strasse stellen. Das würde nicht goutiert und das ist auch richtig so. Die Menschen verlangen zu Recht von uns, dass wir unseren Grundsätzen treu bleiben.

Wie sieht es aus mit Aktien?
Auch das ist nicht unproblematisch. Wir können Menschen, die uns 50 Franken spenden, nicht sagen: Tut uns leid, aber wir haben ein paar Millionen Franken an der Börse verloren. Wir sind nur zu ein paar Prozent in Aktien investiert. Als Finanzer tut mir das natürlich weh.

Aber?
Unsere Anlagestrategie muss mit unseren Werten konform sein. Die Heilsarmee hat in der Finanzkrise 2008 einen Buchverlust von 38 Millionen Franken gemacht. Das hat uns ein paar ganz üble Schlagzeilen eingetragen. Zwei Jahre später waren die Verluste wieder wett gemacht. Trotzdem, die Akzeptanz für Aktienanlagen ist in der Organisation seither nicht mehr vorhanden. Seit 2013 haben wir neue, ausgesprochen konservative Anlagerichtlinien.  

Welche Rendite peilen Sie an?
Wir sind bescheiden. Wir beschränken uns darauf, mit unseren Anlagen die Teuerung reinzuholen.

Die Heilsarmee ist bekannt für die Topfkollekte. In Ihrer Jahresrechnung weisen Sie einen Betriebsertrag von 183 Millionen Franken aus. Wie kommt das?
Die Topfkollekte macht mit rund 1,5 Millionen Franken nur einen Bruchteil unserer Erträge aus. Die Heilsarmee ist nicht nur eine Kirche, sondern auch ein grosses Sozialwerk. Wir führen zahlreiche Institutionen im Auftrag der öffentlichen Hand, darunter Alters- und Pflegeheime und Behindertenwerkstätten. Im Kanton Bern sind wir massgeblich in der Flüchtlingsbetreuung engagiert.

Auffällig sind die hohen Eträge von fast 16 Millionen Franken aus Legaten und Erbschaften? Wie sieht der typische Heilsarmee-Erblasser aus?
Da gibt es keinen Typus. Oft sind es Menschen, die irgendwann in ihrem Leben eine offenbar positive Begegnung mit der Heilsarmee hatten, sei es als Kind oder mit einer Institution. Ich denke, das gehört zu unseren Vorteilen im Fundraisingmarkt: Wir können darauf zählen, dass es viele Menschen gibt, die uns wohlgesinnt sind.

*Andreas Stettler ist seit sechs Jahren Finanzchef der Heilsarmee. Der Wachtmeister ist in dieser Funktion auch zuständig für die Geldanlage-Entscheide der Einrichtung. Bild: Werner Tschan
 

 

 

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