Besonders neugierige Menschen konnten schon am Montagabend reinschauen. Denn bereits am Tag vor der offiziellen Lancierung der neuen Smartphone-Bank Yuh war die App im Android-Store aufgeschaltet. Die «Handelszeitung» hat sich denn auch bereits einen ersten Eindruck vom lange erwarteten Joint Venture aus Swissquote und Postfinance verschafft, das seit heute Dienstag offiziell im Markt ist.
Das Fazit: Ein solides Produkt aus dem Hause Swissquote. Doch wo sind die Bezüge zur gelben Staatsbank?
Yuh hat, was alle Smartphone-Banken haben: Die Kontoführung ist kostenlos. Dazu gibt es automatisch eine Debitkarte mit Mastercard-Logo, Zahlungsverkehr ins In- und Ausland und «Töpfe» zum Sparen, wie sie einst von Zak im Schweizer Markt eingeführt und mittlerweile von fast allen Digi-Banken kopiert wurden.
Swissquote-Chef Marc Bürki verspricht günstige Wechselkurse. Als Multiwährungskonto können bis zu 12 Währungen unter einer Kontonummer geführt werden, sagt er an der Pressekonferenz vom Dienstagmorgen. Die Debitkarte könne beim Einsatz im Ausland zudem direkt in diesen Währungen abrechnen, ohne dass Zuschläge verrechnet würden. Das kennt man von Anbietern wie Revolut oder Wise. Und von Swissquote.
Noch unklar ist, mit welchen Bezahl-Wallets (Apple Pay, Google Pay, Samsung) die Karte eingesetzt werden kann. Und ab wann. «Diese Funktion wird in naher Zukunft verfügbar sein», schreibt die Pressestelle auf Anfrage.
Traden mit Aktien und Krypto-Baskets
Wo unterscheidet sich Yuh von anderen Schweizer Bank-Apps? Auffällig ist der Anlagebereich. Schon beim Start ist dieser voll ausgebaut, was mit dem Aktienbroker Swissquote im Hintergrund nicht wirklich erstaunlich ist. Auch wirken diese Angebote im Vergleich zu anderen Banken deutlich Trading-näher. Die App macht Vorschläge zu einzelnen Investments, vom Kleiderhändler GAP bis zum Swissquote-Basket «Krypto-Müesli».
Zum Start biete Yuh Handel mit hundert Aktien, ETF und 13 Kryptowährungen an, sagt Geschäftsführer Markus Schwab an der Pressekonferenz. Keine andere App-Bank setzt bisher derart stark auf den Handel mit Einzeltiteln. Er gibt zu, dass man sich dabei auch von ausländischen Trading-Apps wie Robinhood hat inspirieren lassen. «Es wäre falsch, mit geschlossenen Augen durch die Welt zu gehen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, wir hätten gar nichts abgeschaut.»
Die zweite Auffälligkeit ist die bereits erwähnte Nähe zur Krypto-Welt. Nicht nur lassen sich über Yuh Kryptowährungen handeln, die Bank hat gleich eine eigene dazu beigestiftet. In Yuh taucht nämlich die – den «Handelszeitung»-Leserinnen nicht ganz unbekannte – Marke Swissqoin wieder auf. So heisst das bankeigene Bonus-Programm, an dem die Kunden automatisch teilnehmen.
Interessant dabei: Die Kryptowährung Swissqoin (SWQ) wird offenbar mit Erträgen aus dem Bankgeschäft gefüttert, womit eine mit harter Währung hinterlegte Parallelwährung entsteht. Die Kunden können denn auch mit Swissqoins traden – und spekulieren.
Wo bleibt der Bezug zur Postfinance?
Die Beispiele zeigen: Yuh atmet den Geist der Börsenbank Swissquote. Sie trägt ihre Farben und imitiert ihr Branding. Aber auch formal scheint hinter dem Angebot vor allem die Bank von Ingenieur Marc Bürki zu stecken. So werden die Gelder bei der Swissquote Bank verwaltet und auch die App wird im App Store als Produkt von Swissquote geführt.
Für den Broker macht das auch absolut Sinn. Seine Plattform ist effizient, aber nicht wirklich sexy. Schon lange fehlte Swissquote so etwas wie ein Ableger für den Alltag. Für Zahlungen und Überweisungen. Das hat er nun mit Yuh.
Doch was hat die Postfinance von all dem? Der einst mächtige Staatskonzern wirkt wie ein Juniorpartner im Projekt Yuh. Die Postfinance bleibt im Hintergrund, quasi als stille Teilhaberin am Gemeinschaftswerk. Und das in Zeiten, da sie mit ihren eigenen Produkten und Preiserhöhungen vor allem für Negativschlagzeilen sorgt. Am ehesten noch erinnert der pseudo-englische Name Yuh an die Markenabteilung der Postbank, die sich mit Kreationen wie «Valuu» einen Namen gemacht hat. Eine gelbe Vergangenheit hat auch Yuh-Chef Schwab, der seit 18 Jahren für die Postbank tätig ist.
Die Arbeitsteilung sei «ganz bewusst» so gewählt worden, sagt Postfinance-CEO Hansruedi Koeng. Man habe bei der Entwicklung auf Speed gesetzt, daher laufe insbesondere die Kontoführung über Swissquote. Ob später mal eine eigene Banklizenz für Yuh beantragt werden soll, lässt Koeng offen. Für die Entwicklung von Yuh habe man weniger als ein Jahr gebraucht, sagt Swissquote-CEO Bürki. «Die Entwicklung begann im letzten Sommer. Ziel war, innerhalb eines Jahres auf dem Markt zu sein. Das haben wir geschafft.»
Die Postfinance führt das Call Center
Zur Frage, wie sich die Postfinance in das Joint-Venture einbringe, verweist Koeng auf den Kundendienst. Das Call Center von You laufe über die Infrastruktur der Postfinance. Naheliegend wäre auch, dass der Zahlungsverkehr von Yuh über die Maschine der Postfinance läuft - eine entsprechende Frage wurde an der Pressekonferenz jedoch nicht beantwortet.
Der Zahlungsverkehr erweist sich in einem ersten Test als Flink. Überweisungen von und zu Schweizer Bankkonten wickelt Yuh in wenigen Minuten ab. Etwas, wofür Kunden der Postfinance mit der gelben App noch immer einen Zuschlag bezahlen müssen.
Flink kann auch die Kontoeröffnung sein - wenn man schon Kunde von Postfinance oder Swissquote ist. In diesem Fall entfällt die mühsame Identifizierung, da Yuh direkt auf die Daten der beiden Mutterhäuser zugreifen kann. Es reicht, wenn sich der Kunde in die jeweiligen System einloggt. Das ist praktisch.
Weniger optimal: Während in einem ersten Test der HZ die Kontoeröffnung problemlos funktionierte, scheiterte sie in einem zweiten. In diesem Fall war bereits ein Konto bei der Postfinance vorhanden. Dennoch meldete Yuh: «Leider können wir deinem Antrag aufgrund der schweizerischen Bankvorschriften nicht stattgeben». Statt eines Grunds gabs nur einen Verweis auf die Homepage von Yuh.
2 Kommentare
Das Angebot von PostFinance heisst übrigens "Valuu" nicht "Valoo".
Danke für den Hinweis, wir haben den Fehler korrigiert.