Der Euro ist so stark wie noch nie. Das belastet die Schweizer Unternehmen, die allein im 1. Halbjahr 2007 Güter im Wert von 73,9 Mrd Fr. aus der Europäischen Union importierten. Zudem verteuern sich die Rohwaren aus der Eurozone - allen voran Energieträger und Metalle - so rasant, dass langfristige Kalkulationen immer schwieriger werden. Für viele Unternehmen sind die Margen jetzt zu eng geworden: Sie beschliessen oder stehen kurz vor Preiserhöhungen.
Neben dem Chemieriesen Ciba und der Airline Swiss reagierte auch der Aufzug- und Fahrtreppenbauer Schindler. Er erhöht die Preise für Neuanlagen und Modernisierungslösungen in der Schweiz um 8%. Dies wegen massiv höherer Metallpreise und des starken Euro, der den Einkauf von Komponenten aus dem Euroraum spürbar verteuert. «Die Gesamtkosten haben sich auf über 12% erhöht», bilanziert Schindler-Sprecher Ivo Zimmermann. Unter dem Kostendruck leiden auch Nischenplayer wie der Spezialaufzugbauer Emch. CEO Bernhard Emch hofft nun, im Kielwasser von Marktleader Schindler ebenfalls höhere Preise durchsetzen zu können.
*Die Grossverteiler kämpfen*
Der starke Euro nagt auch an den Margen der Auto-Importeure, die Fahrzeuge aus dem Euroraum beziehen und in Franken bilanzieren. Branchenweite Preisrunden laufen nicht an, doch die Importeure drehen an der verdeckten Preisschraube. «Man geht mit Rabatten deutlich zurückhaltender um», meint Andreas Burgener, Direktor des Verbands Auto-Schweiz.
Mit schrumpfenden Margen kämpfen auch die Grossverteiler Coop und Migros. Bei Coop drückt der starke Euro laut Sprecher Takashi Sugimoto schon seit einem halben Jahr auf die Margen und verursache «Mehrkosten im Millionenbereich». 2006 lag der Detailumsatz der Coop-Gruppe bei 14,7 Mrd Fr. Noch habe man keine Preisrunde eingeleitet, aber man beobachte die Situation täglich.
Auch Migros klagt: «Wenn die Weltmarktpreise so instabil bleiben, werden wir aufschlagen müssen», sagt Migros-Sprecher Urs Peter Naef. Teurer würden Produkte aus Mais, Soja, Weizen, aber auch Orangensaft und Öle. «Wir müssen mit unseren Produkten Geld verdienen», so Naef. Wettbewerbsnachteile gegenüber Discountern wie Aldi nehme man in Kauf.
2007 kann die Migros dank vereinzelter Kontrakte mit Lieferanten noch günstiger einkaufen. «Anfang 2008 sehen wir weiter», so Naef. Grossen Spielraum bei den Margen hat der orange Riese jedenfalls nicht mehr. «Die Nettomarge des Gesamtsortiments liegt bei rund 2,5%», so Naef. Steigerungen bei den Einkaufspreisen seien kaum noch durch höhere Effizienz aufzufangen. 2006 setzte die Migros-Gruppe 20,6 Mrd Fr. um.
Die Pläne der Grossverteiler stehen im Gegensatz zu den Prognosen der Konjunkturexperten: Preiserhöhungen für Konsum- und Investitionsgüter können nur schwer durchgesetzt werden (siehe «Nachgefragt»). Dafür sorgen Faktoren wie der inländische Wettbewerb und die Öffnung des Arbeitsmarktes für EU-Bürger.
Das zeigt sich bei der Bauwirtschaft und den Metallbauern. «Preiserhöhungen sind wegen des starken Wettbewerbs nicht möglich, auch wenn unsere Margen am Boden sind», sagt Gregor Saladin, Direktor des Branchenverbands Metall-Union. Ins selbe Horn stösst Daniel Lehmann, Direktor des Schweizerischen Baumeisterverbandes, und ergänzt: «Mit dieser angespannten Situation leben wir schon seit Jahren.»
*SNB: «Wachsam bleiben»*
Wenn die Preise steigen, verdichtet sich die Inflationsgefahr. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die Bewegungen registriert. «Wir müssen wachsam bleiben», sagt SNB-Sprecher Werner Abegg. Tatsächlich habe sich das Inflationsrisiko etwas erhöht, eine dramatische Situation stehe aber nicht bevor. Zu möglichen Preiserhöhungen im Detailhandel meint Abegg: «Der Konsum bleibt stark. Das erleichtert es, Preiserhöhungen durchzusetzen.» Auch hält er den Wettbewerbsdruck nach wie vor für preisdämpfend - entgegen der Signale der Grossverteiler.
Banken rechnen 2007 mit einer Teuerungsrate zwischen 0,4 und 0,7%. Für 2008 erwartet die Zürcher Kantonalbank 1,3%, die UBS nur 0,8%. «Die preisdämpfenden Faktoren wie der Wettbewerb auf dem Binnenmarkt dürften die Überhand behalten», glaubt auch Felix Brill von Economic & Swiss Research bei der UBS. Zudem registriere er keine Anzeichen für eine weitere markante Abwertung des Frankens zum Euro oder eine sich verlangsamende Konjunktur.
Die SNB jedenfalls will jegliche Inflationsgefahr im Keim ersticken. «Wir rechnen mit weiteren Zinsschritten von 0,25 Prozentpunkten im September und Dezember», sagt Brill.