Die SBB haben ihre Informatik-Dienstleistungen neu vergeben. Die vier Kandidaten T-Systems (bisher Betrieb und Support der Server und Plattformen), HP (bisher Betrieb und Support der SAP-Applikationen) sowie IBM und Swisscom IT-Services (SCIS) hatten sich um die drei Tranchen im Gesamtumfang von 273 Mio Fr. bemüht. Swisscom IT-Services gewann die Tranchen Desktop/Service-Desk und SAP, T-Systems verlor Desktop/Service-Desk und behielt die grösste Tranche Mainframe. HP verlor den bisherigen SAP-Auftrag, und IBM, weltweit als der Mainframe-Monopolist bekannt, ging leer aus.

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Die Verträge haben eine Laufzeit von fünf Jahren, die Übergabe beginnt im Frühjahr 2006. «Wir freuen uns, auf Anhieb von null auf zwei Lose gekommen zu sein», sagt Heinz Többen, Leiter Outsourcing bei SCIS.

Die Evaluationsphase war von einem bisher beispiellosen Hickhack zwischen Swisscom IT-Services und T-Systems begleitet gewesen. Ein Dutzend Mainframe-Experten wechselte von T-Systems zu SCIS. Bei Einstellungsgesprächen sollen sie den Hinweis bekommen haben, man habe die Mainframe-Tranche «so gut wie sicher». Többen dementiert Hinweise, dass diese Experten abgeworben worden seien, SCIS erhalte gegenwärtig viele Blindbewerbungen.

«Aktuelle Marktkonditionen»

HP und IBM, die grössten IT-Dienstleister in der Schweiz, können den Verlust verschmerzen. In US-Konzernen ist es zudem nach den Erfahrungen der letzten Jahre Praxis, nur profitable Geschäfte abzuschliessen. Sprecherinnen beider Firmen wollten den Ausgang der Ausschreibung nicht kommentieren.

Die neuen Verträge konnten die SBB «zu aktuellen Marktkonditionen» abschliessen. Diese liegen, je nach Bereich, 20 bis 40% unter den bisherigen Preisen.

SBB-Pressesprecher Jean-Louis Scherz erklärte gegenüber der «HandelsZeitung», dass der Preis lediglich eines von mehreren Kriterien bei der Auswahl gewesen sei. Politischen Druck auf die SBB habe es nicht gegeben. Ebenso waren Referenzen für die Desktop-Tranchen eingeholt worden, und sowohl mit der Wahl von T-Systems als Mainframe-Partner als auch mit einer Zwei-Lieferanten-Strategie glauben die SBB, «die beste Wahl getroffen zu haben», sagt Scherz.

Vital wichtig

Branchenexperten differenzieren das. Ein Wechsel beim Mainframe verbietet sich von selbst zu gross sind die damit verbundenen Risiken. Für T-Systems war diese Tranche vital wichtig. Anders ist das bei den beiden anderen Tranchen. Diese umfassen einfache, standardisierte Dienste.

Der grösste Kampf fand bei der Desktop/Service-Desk-Tranche statt. T-Systems tut der Verlust zwar weh, aber aufgrund anderer Kundengewinne, wie der Mobiliar Versicherung, ist er verkraftbar. Der eigene Desk-Support war bisher um diesen SBB-Auftrag herum aufgebaut worden und muss jetzt redimensioniert werden.

Spannend dürfte die Übergabe des Desktop/Service-Desks zu Swisscom IT-Services sein. Von den SCIS-Kunden in diesem Bereich ist angeblich nur Securitas mit der Leistung zufrieden, andere wie Ascom und Tamedia jedoch nicht. «Es gelingt nie, 100% Begeisterung zu erzeugen», meint Többen.

Experten zweifeln

Branchenexperten, die auch SCIS beraten, erwarten eine «brutale Umstellung». Sie fragen sich, ob SCIS in der Lage sei, «das zu machen». In diesem Bereich sind sehr viele exakt abgestimmte Ablaufprozesse erforderlich, und das habe SCIS laut diesen Experten nicht. Und die wenigen Experten für Transition-Management oder Engagement-Management seien auf diesem Markt momentan auch nicht erhältlich.

Hohe Erwartungen der SBB

Der Gewinn dieser Tranche könnte für SCIS zum Pyrrhussieg werden, sobald etwas schief geht. Die SBB erwarten ja «markante Kosteneinsparungen bei gleichzeitig verbessertem Service». Trösten können sich die betroffenen T-Systems-Mitarbeiter, die jetzt bei SCIS anheuern könnten. Ihr Arbeitsweg bliebe gleich: SCIS möchte 20 m neben dem T-Systems-Rechenzentrum, unweit des Bahnhofs Zollikofen, ein eigenes Gebäude errichten lassen.