Liebe Leserin, lieber Leser

Ein gut gelaunter Claude-Daniel Proellochs schaltete am 3. Februar dieses Jahres im Genfer Nobelhotel Mandarin Oriental du Rhône vor vielen Gästen das Mikrofon an. Der CEO der Edelmarke Vacheron Constantin stellte launig allerlei neue Modelle der uhrmacherischen Spitzenklasse vor: Das billigste ist für rund 30 000 Franken zu haben, gegen oben werden die Preise Schwindel erregend.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die Präsentation war das erste Highlight zum 250-Jahr-Jubiläum der Marke, die sich stolz als älteste Uhrenmanufaktur der Welt mit ununterbrochener Geschichte bezeichnen darf.

Es ist bemerkenswert, dass die Feier der selbstbewussten Genfer Marke ausgerechnet in ein Jahr fällt, das für die Branche in jeder Hinsicht ausserordentlich zu werden verspricht. An den Uhrenmessen in Basel und Genf bemerkte man bei den Vertretern der Branche eine Zuversicht, wie sie schon lange nicht mehr geherrscht hatte. Nacheinander meldeten die wichtigsten Unternehmen schon Anfang Jahr ihre Jahresergebnisse – sie waren fast ausnahmslos traumhaft gut.

2004 war etwa für die Swatch Group vergleichsweise ein Spitzenjahr. Vor allem die grossen Namen des Hauses – Breguet, Blancpain, Glashütte, Jaquet Droz und Léon Hatot – trugen zum Erfolg bei, aber auch Omega, Longines und Rado wuchsen spürbar.

Beim Luxuskonzern Richemont betrug das Wachstum letztes Jahr neun Prozent, im Uhrenbereich sogar zehn Prozent. Und auch LVMH, wo die Uhrenlabels TAG Heuer und Zenith versorgt sind, meldete rasante Erfolge: Um elf Prozent wurde der Betriebsgewinn gesteigert. Vieles spricht dafür, dass es so weitergehen wird und dass das laufende Jahr ein denkwürdiges Jahr für die Schweizer Uhrenindustrie wird.

In dieser Spezialausgabe zum Thema Uhren finden Sie Analysen, Reportagen und Interviews, welche die Mechanik der Branche ausleuchten. Zum Beispiel einen ausführlichen Hintergrundbericht über die Nostalgiewelle, mit der heute viele Marken überraschende Erfolge erzielen. Die Rückbesinnung auf die eigenen Klassiker zahlt sich aus, und deshalb erstaunt es wenig, wenn zum Beispiel Breitling ein Remake des legendären Kalibers 11 stilecht auf einer alten BMW in Szene setzt.

Natürlich genügt es nicht, einfach auf die Tradition zu setzen, doch auch da sind hoffnungsfrohe Anzeichen festzustellen. Prima passt beispielsweise, dass sich ein alter Hase der Branche plötzlich wieder redselig der breiteren Öffentlichkeit präsentiert: Jean-Claude Biver, der als Marketingtalent seinerzeit die Marke Blancpain aus der Versenkung geholt und zum Grosserfolg gemacht hat, meldet sich zurück. Und präsentiert ein Konzept, das nicht nur auf die Vergangenheit, sondern auf mitunter verwegene Art auch auf die Zukunft setzt.

Biver lässt bei Hublot edle Mechanik mit modernsten Hightech-Materialien mischen und nennt den so entstandenen Mix «Fusion».

Das mag etwas gewöhnungsbedürftig sein. Doch es ist immerhin mehr als nur die hunderttausendste mechanische Komplikation. Endlich – auf neue Ideen ist die Branche dringend angewiesen.