BILANZ: Herr Böni, Sie sind Übernahmespezialist und kaufen als Kleinunternehmen mit 20 Angestellten die viel grössere Vermögensverwaltungsfirma Itag mit 100 Leuten. Und diese ist erst noch durch diverse Klagen in die Schlagzeilen geraten. Wieso gehen Sie dieses Risiko ein?
Pascal Böni: Zuerst muss man wissen, dass gegen die Firma Itag selber keine Klagen laufen. Es gibt ein ursprüngliches Verfahren gegen einen ehemaligen Mitarbeiter, und es gibt Anklagen gegen die zwei Hauptaktionäre. Ich übernehme das Paket dieser beiden. Wir haben schon vor gut sieben Monaten mit den Verhandlungen begonnen, ursprünglich sollte ich die Nachfolge im nächsten Jahr übernehmen. Die Itag hat sich in den 60 Jahren einen exzellenten Ruf erarbeitet, die Negativschlagzeilen der vergangenen Wochen haben den Übergang sicher beschleunigt. Das stört mich nicht, im Gegenteil.
Der schnelle Entscheid hat den Preis gesenkt?
So kann man das nicht sagen. Die Due-Diligence-Ergebnisse liegen noch nicht vor. Der Preis ist zudem nicht fix, und die Risiken sind berücksichtigt. Dabei kann der Preis nach oben und unten angepasst werden.
So oder so haben wir Stillschweigen über die Details vereinbart. Aber es ist für Sie als 38-jährigen Privatmann ein grosser Brocken?
Stimmt, meine Firma Remaco ist viel kleiner, aber sehr rentabel. Wir haben in den vergangenen sechs Jahren gut gearbeitet, wir sind von vier auf zwanzig Mitarbeiter gewachsen. Trotzdem konnte ich ein paar Millionen Franken verdienen und auf die Seite legen. Statt als Dividende auszuzahlen, investiere ich das Geld lieber in eine sinnvolle Firmenübernahme.
Wieso denn gerade die Itag?
Für das weitere Wachstum suchten wir Unterstützung in den Bereichen Steuern und Recht, gleichzeitig verfügt Itag über eine Effektenhändlerlizenz und Erfahrung in der klassischen Vermögensverwaltung. Es gibt nur sehr wenige Partner in der Nordwestschweiz, die das alles erfüllen. Gemeinsam können wir Unternehmer optimal und umfassend betreuen. Wir haben uns bisher um den Corporate-Finance-Teil der Klein- und Mittelunternehmen gekümmert. Nun können wir als Vermögensverwalter mit Banklizenz das ganze Spektrum anbieten.
Damit geraten Sie aber automatisch in Konkurrenz zu den traditionellen Banken. Die kümmern sich auch nicht nur um das Depot der Kunden, sondern wollen ganze Firmenteile verkaufen oder kaufen.
Die meisten Banken haben grosse Investment-BankingTeams, die sie mit entsprechend grossen Deals beschäftigen müssen. Da wird es vielleicht ab 100 Millionen interessant. Bei uns umfasst ein Firmenverkauf im Schnitt etwa zehn Millionen Franken. Unsere Struktur erlaubt es, unsere Kunden intensiv zu beraten und einen Mehrwert für alle zu schaffen. Bekanntermassen gibt es in der Schweiz in den nächsten Jahren gut 50 000 Nachfolgelösungen zu finden. Da bleibt mehr als genug zu tun.
Ich nehme an, Sie müssen auch die verunsicherten Kunden der Itag beruhigen?
Alle Kunden wurden persönlich informiert, und mir ist kein einziger Kundenabgang bekannt. Zwei der drei grossen Revisionsgesellschaften haben die Itag Vermögensverwaltung geprüft. Ich bin überzeugt, dass es keine substanziellen Risiken mehr gibt.
Wieso lassen Sie die Itag nicht als eigenständige Firma bestehen, sondern integrieren Sie in die kleinere Remaco-Gruppe?
Die Dienstleistungen der beiden Unternehmen ergänzen sich perfekt. Der gegenseitige inhaltliche Bezug ist sehr stark. Ich glaube, damit einen echten Vorteil für die Kunden schaffen zu können.
Remaco-Gruppe
Die Basler Remaco Merger ist auf Übernahmen, Fusionen und Nachfolgeregelungen von mittelständischen Unternehmen spezialisiert. Vor fünf Jahren hat Pascal Böni (38) mit seiner Privatholding die Mehrheit der Remaco übernommen. Nun kauft er zwei Drittel der Aktien der Itag von den beiden Hauptaktionären Fritz Schuhmacher und Konrad Annasohn. Ein Drittel bleibt bei der Stiftung Kapital & Arbeit, über die sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Itag-Gruppe indirekt beteiligen können.