Die Welt schaut nach Palo Alto: Wenn sich Facebook dort voraussichtlich Ende Mai dem Publikum öffnet, wird dies nicht nur der Börsengang des Jahres, sondern möglicherweise des Jahrzehnts werden. Facebook dürfte damit auch eine neue Wachstumswelle im Internet auslösen – ebenso wie es Browserhersteller Netscape mit dem IPO 1995 tat oder Google 2004. Bereits die letzten Jahre ist der Puls im Silicon Valley spürbar angestiegen. Es macht gar die Angst vor einem zweiten Internethype die Runde.
Doch nicht nur in Kalifornien boomt die Webszene, auch in der Schweiz: «Es gab noch nie so viele Internet-Start-ups wie 2011», sagt Jean-Pierre Vuilleumier, Managing Director der staatlichen Finanzierungsplattform CTI Invest. Jede dritte neue Technologiefirma hierzulande basiert auf dem Netz. In den letzten Jahren hat sich das Land in ein Gründerparadies für Webfirmen verwandelt. Dabei stand WWW in der Schweiz lange Zeit eher für Weite Wilde Wüste, hatte das Land seit dem ersten Internetboom doch den Anschluss an die Technologie-Hotspots der Welt verpasst. Nicht mehr. «Die Schweiz scheint ganz gut zu sein. Ich war im Mai in Zürich und habe mir einige Firmen angeschaut. Ich war positiv überrascht von den Aktivitäten dort», sagte selbst Niklas Zennström, Skype-Gründer und Europas erfolgreichster Internetunternehmer, kürzlich im BILANZ-Interview (Ausgabe 20/2011).
Endlich finden sich hierzulande die Kapitalgeber, die Business Angels und Venture Capitalists (VC), die unerlässlich sind, um Jungfirmen durch die ersten harten Jahre zu bringen. «In den letzten fünf Jahren gab es eine starke Professionalisierung der Business-Angel-Szene», sagt Vuilleumier. Etwa durch Leute wie Neil Rimer (42). Sein Vater, ein Wertpapierhändler, brachte ihm und seinen beiden Brüdern David und Danny die Risikoliebe bei. Heute sind die drei Genfer mit kanadischen Wurzeln wohl die erfolgreichsten Macher der Schweizer Internetszene. Auf der «Midas List» von «Fortune» belegt ihre Index Ventures Platz 59 der weltweiten 100 Top Tech Investors. In den Büros in Genf, London, San Francisco und auf Jersey screenen 50 Mitarbeiter pro Jahr «mehrere tausend» (Rimer) Start-ups. Eben haben sie einen Investmentfonds über eine halbe Milliarde Dollar aufgelegt. Die Brüder sind an Facebook beteiligt, aber auch am Lausanner Wohnportal HouseTrip (siehe «Die Vermittler»). «Die Schweiz ist ein guter Ausgangspunkt», sagt Neil Rimer. «Sie ist ein Land der Unternehmer, viele Konzerne haben von hier aus die Welt erobert, das World Wide Web wurde in Genf entwickelt.»
Fruchtbares Terrain. «Das Land hat eine grosse Chance, eine neue Gründerwelle zu produzieren», sagt auch Florian Schweitzer (38). «Die Parallelen zur Welle vor 150 Jahren sind da» – damals entstanden Firmen wie Nestlé, UBS oder Schindler. Schweitzer ist an rund 40 Start-ups beteiligt, auch an Facebook. Er begann früh: An der HSG organisierte er Vorlesungen zum Thema Venture Capital und richtete Tagungen aus, an denen Unternehmer auf Studenten trafen. Mit seinen 14 Mitarbeitern screent er heute auch für andere VC verheissungsvolle Start-ups. B-to-V Partners (Brains-to-Venture) heisst der Investorenclub, den er mitaufgebaut hat. 50 Kapitalgeber sind dabei, 60 stehen auf der Warteliste. Er ist Teil eines erstaunlichen Ökosystems, das sich in der Schweiz entwickelt hat. Allein die Zürcher Kantonalbank (ZKB) hat in den letzten sechs Jahren über 100 Start-ups finanziert. Staatliche Förderprogramme wie die Commission for Technology and Innovation (CTI) oder private Anschubhilfen durch das Institut für Jungunternehmen (IFJ), Förderpreise der Stiftung de Vigier oder von McKinsey haben ihren Teil zum Erfolg beigetragen. Aber auch die technischen Hochschulen ETH Zürich und EPFL in Lausanne, die erfolgversprechende Technologien inzwischen systematisch als Spin-offs aussetzen und ihre Studenten zum Unternehmertum ermutigen. Zudem gibt es nun Kurse: Wie schütze ich Patente? Wie schreibe ich Businesspläne? Wie plane ich den Verkauf, Exit genannt?
«Das ist das, was uns vor zehn Jahren gefehlt hat», sagt Nicolas Berg (52). Ende der neunziger Jahre hatte er die Börsenplattform Borsalino mitgegründet und später für eine zweistellige Millionensumme an Ringier verkauft, es folgten diverse Internetinvestitionen mit seinem Venturefonds Redalpine. Heute ist er selber Start-up-Dozent am IFJ: «So lernen wir Jungunternehmer kennen, bevor sie als Gründer in Erscheinung treten.»
Auch für Martin Saidler ist die Schweiz auf einmal ein Internet-Hotspot: «In den letzten zwei Jahren ist verdammt viel passiert.» 1997 hatte der Österreicher mit Schweizer Wurzeln sein erstes Start-up in Berlin gegründet, dann die letzten Jahre von Zug aus ein Konglomerat an osteuropäischen Webfirmen gesteuert (siehe BILANZ 7/2010: «Der Online-Zar in Osteuropa»). Jetzt baut er eine paneuropäische Internetgruppe auf. Seine langfristige Vision könnte nicht ehrgeiziger sein: «Vielleicht assoziiert man in 20 oder 25 Jahren das Internet im gleichen Ausmass mit der Schweiz, wie man das heute mit Uhren oder Schokolade tut», so Saidler.
Dazu hat er sich am Webdienstleister Netvision beteiligt sowie an fünf anderen Start-ups. Gleichzeitig baut er auf dem ehemaligen Sulzer-Areal in Winterthur einen Inkubator auf. Der soll als Geburtshelfer neuer Firmen dienen, die Saidler allein oder im Auftrag von Konzernen grosszieht – ein «Kompetenzzentrum Internetentwicklung», wie er es nennt. Die Anzahl Mitarbeiter soll dieses Jahr, von 38 ausgehend, knapp verdoppelt werden – das Web als Jobgenerator.
Firmensammler. Genau deshalb fördern immer mehr Länder die Ansiedlung von Webfirmen. Die Schweiz betrachtet CTI-Invest-Chef Vuilleumier als vorbildhaft: «Wir sind weltweit die Besten in Sachen Start-up-Förderung. Die Deutschen, Russen, Tschechen und Kanadier kommen zu uns, um zu lernen», sagt er. Zum Teil kommen sie aber auch, um mit staatlichem Geld Start-ups abzuwerben. «Wenn wir da nicht aufpassen, verliert die Schweiz ihre hoffnungsvollsten Firmen.»
Und die Konkurrenz ist gross. Vor allem aus Berlin. Die Stadt ist jung, hip – und billig: Büros kosten ein Drittel der Miete in Zürich, ein Programmierer 2000 Euro, ein Praktikant 250 Euro im Monat – gewichtige Argumente für Jungfirmen, bei denen Saläre oft 70 bis 80 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. «Berlin wird immer mehr zum Silicon Valley Europas», sagt Cornelius (Conny) Boersch. Der 44-Jährige muss es wissen: Viele seiner Start-ups sind in Berlin, sich selber sieht er unter den grössten drei Internetinvestoren im deutschsprachigen Raum. Auch in den USA, im arabischen Raum, in Brasilien und bald auch in Indien ist er aktiv. In der New-Economy-Blase verdiente der bestens vernetzte Unternehmer angeblich einen dreistelligen Millionenbetrag. Von einem Riegelhaus in Wädenswil mit Blick auf den Zürichsee aus steuert er heute sein Portfolio. Es ist gross: In rund 100 Firmen ist Boersch mit seiner Mountain Partners investiert, vier, fünf weitere schauen sich er und seine 20 Mitarbeiter jeden Tag an. «Ich komme mir manchmal mehr vor wie ein Firmensammler als wie ein Investor», sagt er.
Seine Devise lautet «Spray and Pray»: möglichst viele Investments eingehen und hoffen, dass eines durchkommt. Das wird in der Szene durchaus mit Skepsis verfolgt. Immerhin ist das Portfolio so diversifiziert, dass Boersch nach eigenen Worten auch in der Krise kaum litt. Zudem vermittelte er über seinen Mountain Club Finanzierungen von rund 100 Millionen Franken an andere Geldgeber. Boersch beteiligt sich immer mit drei oder vier Co-Investoren. «In einen dunklen Wald geht man auch nicht allein», sagt er. Hierzulande ist er derzeit nur in das Start-up Poken investiert (siehe BILANZ 14/2010: «Mister Exit»). Weitere sollen folgen. «Die Gründerszene hier ist sehr viel professioneller geworden», sagt er.
Frondienst und Beharrlichkeit. Die gegenteilige Strategie von «Spray and Pray» verfolgt Klaus Hommels (44): Er hält nur sechs oder sieben Investments zugleich. Dafür spielt der gebürtige Deutsche in der obersten Liga der Internetinvestoren. Als Schüler gab ihm seine Oma 20 000 D-Mark Spielgeld – er machte daraus beim Börsengang von Puma das Fünffache. «Das hat mein Denken geprägt», sagt er und blickt von seinem geräumigen Büro am Zürcher Utoquai aus auf den See. Nach dem Studium in Freiburg und einigen Zwischenstationen machte sich Hommels im März 2000 als Business Angel selbständig, «ein paar Tage später war der Markt tot wegen des Dotcom-Crashs».
Der Durchbruch kam erst 2004: Er besorgte sich die Handynummer von Niklas Zennström und sprach diesem drei Monate lang jeden Tag auf die Combox, bis er ihn treffen konnte. «Ich arbeite drei Monate gratis für dich», so Hommels’ Angebot. «Wenn es dir hilft, lass mich in Skype investieren.» Zennström liess ihn schliesslich. Für Hommels war es der beste Deal seines Lebens. Und er brachte ihm Visibilität bis ins Silicon Valley. Mit Napster-Gründer Sean Parker ist er heute verbunden, auch mit Facebook-COO Sheryl Sandberg oder den grossen VC von dort – was ihm Zugriff auf potenzielle neue Internetstars gibt. Für seine Anteile an Facebook telefonierte er so lange herum, bis er jemanden fand, der seine Mitarbeiteraktien loswerden wollte.
Bei seinen Investitionen trifft Hommels nur Bauchentscheide, auf eine Buchprüfung verzichtet er. «Ich bin bei Bewertungen nicht sensitiv», sagt er. «Ein schlechter Deal ist sowieso schlecht. Und bei einem guten Deal spielt es keine Rolle, wie teuer er war.» In den letzten zwei Jahren hat er damit nach eigenen Aussagen 2000 Prozent Rendite erzielt, kürzlich wurde er an der renommierten Noah Conference als bester Investor Europas ausgezeichnet. In Berlin hat er jüngst einen Inkubator aufgebaut mit 150 Mitarbeitern und Ablegern in Delhi, Rio und der Türkei. Hierzulande war Hommels beim Coupondienst DeinDeal und bei FashionFriends investiert.
Hinter Letzterer steht Peter Schüpbach (49). Bekannt wurde er als Gründer der Softwarefirma Miracle, die im Dotcom-Crash verglühte, insgesamt war er bei über 30 Firmen dabei. Pro Jahr tätigt Schüpbach ein oder zwei Investments, bei denen er eine aktive Rolle einnimmt. «Wenn die Firmen anfangen zu fliegen, nehme ich mich langsam zurück», sagt er. Seit 2009 gehört seine Aufmerksamkeit FashionFriends, einem Online-Versand für Markenartikel in limitierter Stückzahl und Verfügbarkeit – eine digitale Resterampe. 25 000 Päckchen mit Nike-Sweatern oder Oakley-Sonnenbrillen verschicken die 130 Mitarbeiter pro Monat aus einer ehemaligen Eisenwarenhandlung in Langenthal und machen so 30 Millionen Franken Umsatz im Jahr. «Wir sind an der Schwelle zur Profitabilität, wollen aber weiterhin stark wachsen», so Schüpbach.
Fools, Friends and Family. Es ist eines jener Geschäftsmodelle, auf die sich im New-Economy-Hype der Jahrtausendwende die Investoren stürzten, wobei sie sich meist eine blutige Nase holten. Doch der Internetboom heute unterscheidet sich fundamental von der damaligen Dotcom-Blase: Früher konnte ein Gründer nur mit einer Idee kommen, um Startkapital zu finden. Heute erwarten die Investoren einen Prototyp, noch besser bereits Kunden. «Diesmal hat es einen realen Markt mit zahlungswilligen Kunden, und Technologie und Inhalte waren damals im Web noch nicht so weit», sagt Schüpbach. Marketing machen die Kunden via Social Networks inzwischen selber. Und es ist deutlich billiger geworden, einen Internetshop ins Netz zu stellen. «Was man damals für eine Million gebaut hat, bekommt man heute für 5000 bis 20 000 Franken», sagt Florian Schweitzer.
Das erste Geld kommt traditionell von den drei F: Fools, Friends and Family. Nach den ersten erfolgreichen Gehversuchen springen die Business Angels ein – wenn Geschäftsidee und Team stimmen, fliesst das Geld relativ schnell. Denn Kapital ist in der Schweiz mehr als genug vorhanden. «Viele Venture Capital Funds aus der ganzen Welt suchen Geld in der Schweiz für ihre Start-up-Investitionen daheim», sagt Jan Reinhart, Schweizer Angel-Investor und Unternehmer mit Vergangenheit im Silicon Valley, der sich bereits selber als derartiger Kapitalvermittler betätigte.
«Es gibt in der Schweiz keinen Mangel an Kapital», sagt auch Neil Rimer, «auch nicht an Unternehmern, Kreativität oder Wissen. Was fehlt, sind die Talente.» Und zwar jene, die dem Gründer mit Managementwissen unter die Arme greifen und die Firma auf die nächsthöhere Ebene heben. Zwar haben Branchengiganten wie eBay, Yahoo oder Electronic Arts hier einen Sitz. «Aber meist schicken sie nur die Buchhalter in die Schweiz – nicht die Ingenieure, Produktentwickler oder Marketingexperten, die irgendwann zu lokalen Start-ups wechseln», so Rimer. Und Arbeitsgenehmigungen sind für Jungfirmen je nach Kanton schwer zu bekommen. «Ein Start-up hat bei den Behörden nicht die gleiche Verhandlungsmacht wie Google oder IBM», sagt Nicolas Berg. Vor allem werden Bewilligungen nur für Spezialisten mit einem Mindestgehalt von 7000 Franken vergeben – absurd bei Jungfirmen, wo selbst der CEO in der Regel weniger als 5000 Franken verdient.
Grenzen des Wachstums. So kommt die Schweiz trotz allen Erfolgen als Gründerhub nicht an Berlin oder London heran, geschweige denn ans Silicon Valley. «Alles, was Facebook und Google am Anfang brauchten, waren ein PC, ein Internetanschluss und kluge Köpfe», sagt Daniel Borel, Logitech-Gründer und einer der ersten Business Angels der Schweiz. «Wir haben viele kluge Köpfe in der Schweiz. Aber wo ist unser Facebook? Wo ist unser Google?»
Auch Dorian Selz hat mit seiner Firma Memonic diese Erfahrung gemacht (siehe «Die Neustarter»): «In der Schweiz eine Firma zu gründen, ist leicht. Aber es damit auf dem Weltmarkt zu schaffen, ist schwer.» Die Gründe sind vielfältig. Zum einen fehlt vielen der Wille, sich durchzubeissen. «Das Leben in der Schweiz ist zu leicht», sagt Klaus Hommels. Auch Florian Schweitzer findet: «Wir sind zu nett.» Auffallend viele Gründer hierzulande haben denn auch ausländische Wurzeln. Zum anderen fehlen die Vorbilder, die Leuchttürme, jene, die als Jungunternehmer reich geworden sind. «Da haben die USA drei Jahrzehnte Vorsprung», sagt Conny Boersch. Läuft alles nach Plan, wird Zuckerberg mit seinen gerade 27 Jahren zum knapp 30fachen Dollar-Milliardär – wo sonst gibt es das im Leben? Doch langsam setzt auch hierzulande ein Mentalitätswandel ein. «Die Leute merken, dass die Grosskonzerne bei jeder Krise Tausende Mitarbeiter entlassen», sagt Vuilleumier. Wenn Jobsicherheit sowieso nicht mehr gegeben ist, sind Start-ups – unkompliziert, dafür mit grossem Gewinnpotenzial – eine echte Alternative.
«Der Börsengang von Facebook wird ein grosser Motivator für viele junge Schweizer, sich selbständig zu machen», sagt auch Daniel Gutenberg, Schweizer Business Angel des Jahres 2011 (siehe Interview unter 'Nebenartikel'). Bereits 2007 kaufte er selber «für mehrere Millionen Franken» Aktien von Facebook, weil er dessen damaligen COO von früheren Deals kannte. «Zu diesem Zeitpunkt kannte niemand in der Schweiz Facebook. In der Internetszene sagte man mir, ich sei verrückt und solle lieber in MySpace investieren.» Er liess sich nicht beirren und gab einen Teil der Aktien an seine Geschäftspartner von B-to-V Partners weiter – auch an Florian Schweitzer und Peter Schüpbach. Ende 2011, als die Facebook-Bewertung auf 50 Milliarden Dollar geklettert war, verkauften sie das Paket weiter an Goldman Sachs, zum Dreieinhalbfachen des ursprünglichen Einsatzes.
27 Prozent Rendite. In der Schweiz halten nur wenige Gründer so lange durch wie Zuckerberg. Die meisten verkaufen relativ früh, wie jüngere Beispiele zeigen: Der Terminplaner Doodle ging an das Verlagshaus Tamedia, Konkurrent Ringier schnappte sich den Couponverteiler DeinDeal, die Softwarefirma LiberoVision landete bei Swisscom. Einen wirklichen Wachstumsschub bringt das nicht, denn in der Schweiz gibt es keine IT-Titanen, die übernommene Start-ups zu Global Playern machen können, wie das Google etwa mit Android tat. So bleiben vor allem Medienhäuser, Telekomfirmen oder die Retailgrossmächte als Käufer. Die Zürcher Softwarefirma Procedural schaffte jüngst immerhin den Verkauf an den kalifornischen Milliardenkonzern ESRI.
Angesichts der unsicheren Konjunktur, der gedrückten Börsenstimmung und des starken Frankens ist ein Exit derzeit sowieso schwierig. Ein erfolgreicher Börsengang von Facebook dürfte die Stimmung aber ins Positive wenden. Und langfristig denkende Investoren kümmert das sowieso nicht. «Für uns ist es völlig egal, ob die Zeiten gut sind oder schlecht», sagt Nicolas Berg. «Über ein Jahrzehnt gibt es immer wieder gute Exit-Jahre.» Die Rendite stimmt sowieso meist für die Business Angels. Im Schnitt 27 Prozent Ertrag erwirtschaften sie auf ihrem Kapital, wie kürzlich eine Metastudie von Right Side Capital Management ergab. Trotz allen Flops. Denn von zehn Start-ups, so die Faustregel, scheitern sieben, zwei wursteln sich durch, eines wird ein Erfolg und sorgt für den Ertrag – oft ein Dutzendfaches des Einsatzes.
Dass es in der Schweiz zukünftig ein paar mehr werden, die Erfolg haben, dafür will Rechtsanwalt und Business Angel Christian Wenger sorgen. Er baut in einem alten Gebäude im Zürcher Norden einen Inkubator auf mit 60 bis 70 Arbeitsplätzen. Start-ups können hier günstig Büros mieten, werden im Networking, bei Steuer- oder Rechtsfragen unterstützt. Die Stadt Zürich, die Swisscom und die ZKB fördern das Projekt. «Wenn das Gebäude gefüllt ist, gehen wir das nächste an», sagt Wenger. Und auch im Technopark im Westen Zürichs sind die Baukräne aufgefahren. Zwei weitere Stockwerke setzen sie gerade auf die bestehenden sechs Etagen auf. 3000 zusätzliche Quadratmeter werden in einem Jahr für hoffnungsvolle Start-ups zur Verfügung stehen.
Auf dass das nächste Facebook vielleicht doch aus der Schweiz komme.