Es ist ziemlich zwiespältig, was da jüngst aus Österreich herübertönte. Die gute Nachricht: Grundsätzlich ist der Begriff EDV bei kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) positiv besetzt. Er wird mit Arbeitserleichterung, Zeiteinsparung und sogar Kostenersparnis assoziiert, was so verwunderlich nun allerdings auch nicht ist. Denn ohne Informationstechnologie, konstatiert Christian U. Haldimann, geschäftsführender Partner der Rümlanger XMC Management Consultants AG, «ist heute kaum ein Geschäftsprozess mehr denkbar».

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Die weniger erfreuliche Botschaft: Insbesondere dem E-Business messen 40 Prozent der 300 befragten Geschäftsführer und EDV/IT-Verantwortlichen im Nachbarland nur einen geringen Stellenwert bei. Jeder Fünfte hat damit schlicht gar nichts am Hut. So steht es schwarz auf weiss in einer gemeinsamen Studie des österreichischen Ablegers der Walldorfer Softwareschmiede SAP AG und des Instituts für Systemische Marktforschung (MAFOS).

Ruedi Vontobel dürfte solche Ergebnisse aus dem Hause eines Konkurrenten am IT-Beratermarkt höchst interessiert zur Kenntnis nehmen. Schliesslich schickt sich der Market Leader Schweiz IBM Business Consulting Services (IBM BCS) – 60000 Mitarbeiter in 160 Ländern – ebenfalls an, diese Klientel verstärkt zu umwerben.

Deutlich härter gewordene Zeiten

Vontobel ist nicht allein auf der Suche nach neuen Kunden. Auch für die anderen IT-Consultants sind die Zeiten deutlich härter geworden, seit konjunkturbedingt manches Grossprojekt verschoben oder ganz gestrichen wurde.

Wohl nicht zuletzt deshalb bot Vontobel allen potenziellen Kundenunternehmen an, sie künftig direkt am globalen Wissen und an den international erprobten Lösungen der acht IBM-Labors mit mehr als 3000 Mitarbeitern teilhaben zu lassen. Den Forschern – darunter auch jenen in der früher sorgsam abgeschotteten Dépendance in Rüschlikon – hat die IBM-Konzernspitze in Armonk Ende vergangenen Jahres nämlich schlicht «mehr Marktberührung» verordnet. Zugleich soll der Selbstfinanzierungsgrad steigen. Rund ein Drittel ihres Budgets sollen die Forscher im direkten Kundenkontakt künftig selbst erwirtschaften, lässt Stefan Reidy durchblicken.

Auch Reidy gehört neuerdings zu

On Demand Innovation Services, kurz ODIS. So heisst jene neue im IBM-Forschungsbereich angesiedelte, aber sehr eng mit den BCS-Mannen verlinkte Truppe, die eigens zu diesem Zweck gebildet wurde. Ihre 200 Mitarbeiter sollen endlich realisieren, was schon seit Jahren landauf, landab versprochen wird: Kundennähe.

Praktiker mit Bodenhaftung
Worauf der Erfolg des Unternehmens Rotring Data gründet.


Während die Grossen der Branche (IBM/PwC, HP, ADL) langsam den Wandel zum Komplettdienstleister vollziehen, ist so mancher mittelgrosse Anbieter längst am Ziel. Die Rotring Data AG zum Beispiel: Das Dietikoner Unternehmen, einst lupenreiner Lieferant von CAD- und CAE-Lösungen für den Maschinen- und Anlagenbau sowie für die Elektrotechnikindustrie, forciert seit über einem Jahr bei grossen wie mittelgrossen Anwendern auch den Einsatz neuer Produktdaten-Management-Lösungen – und holt damit einen Auftrag nach dem anderen herein.


Die anspruchsvollen PLM-Anwendungen zur Reduktion von Entwicklungszeiten, Teilevielfalt und Fehlerquoten fordern den Rotring-Spezialisten weit mehr als blosse IT-Kompetenz ab, nämlich auch exakte Kenntnisse von Entwicklungs- und Engineeringprozessen und entsprechende Fähigkeiten, die notwendigen Prozessänderungen mit den Mitarbeitern des Kunden zu managen.


Reine IT-Berater haben bei Rotring Data indes nichts zu suchen. «Würden wir uns auf IT-Berater einlassen, hätten wir bald keine Arbeit mehr. Wir stellen ausschliesslich Praktiker ein, die über hervorragende Erfahrungen im Engineering und über professionelle wie menschliche Bodenhaftung verfügen», sagt Rotring-Data-Geschäftsführer Walter Niederhauser. «Anders würden wir kein Geld verdienen.»

Das täte Not. Denn Jahr für Jahr erreichen nach einer Studie des Marktforschungsinstituts Standish Group nur rund ein Viertel aller gestarteten IT-Projekte mehr oder weniger problemlos das vorgegebene Ziel. Fast ebenso viele werden komplett abgebrochen. Und etwa die Hälfte wird teurer als geplant oder überschreitet die zeitliche Vorgabe für die Realisierung.

Die Facetten des Scheiterns oder mittelprächtigen Abschneidens sind durchaus vielfältig: Mal laufen die IT-Kosten komplett aus dem Ruder, ein anderes Mal lassen sich die erforderlichen Prozessveränderungen nicht durchgängig umsetzen. Zudem bringt manch gross angelegtes E-Commerce-Projekt keinen Umsatz, dafür aber viel Verdruss. Andernorts leugnen Anwender wie Consultants die Existenznotwendigkeit einer IT-Strategie und etablieren über die Jahre viele IT-Einzelprojekte und damit einen fürchterlichen Verhau inkompatibler Systeminseln.

Das alles, so behaupten Patrick Wetzel und Thierry Seiler von McKinsey Schweiz, liegt allerdings keineswegs an der Technik an sich. Schuld seien vielmehr eine «zu hohe Erwartungshaltung und fehlendes Verständnis gegenüber der IT bei den strategischen Entscheidungsträgern sowie ungenügendes Verständnis der betrieblichen Anforderungen in der IT». Wetzel und Seiler haben sicher recht. Dieses Kommunikationsproblem ist aber so alt wie die EDV. Dagegen bemerken sie möglicherweise nicht, welche Veränderungen anbieter- wie nutzerseitig längst vor sich gehen.

Die IT ist ihrem Stiefkinddasein in den Unternehmen längst entschlüpft: Viele IT-Chefs fungieren heute in der Rolle des Chief Information Officer (CIO) auf Geschäftsleitungsebene und sind somit strategisch in die Gesamtverantwortung mit eingebunden; IT-Projekte unterliegen immer häufiger einem harten und konsequenten Controlling, und Flops wie das einst hoch gelobte E-Commerce werden künftig ohnehin seltener vorkommen, weil die Manager in den Anwenderunternehmen heute den Versprechungen der IT-Berater viel misstrauischer gegenüberstehen.

Nötige Veränderungen sind eingeleitet

So manche vormals lupenreine IT-Consulting-Firma hat diese Entwicklung frühzeitig bemerkt und ebenfalls umfassende Veränderungen eingeleitet. Die augenfälligste geschah 2002: Da übernahm IBM die Strategieberater PwC Consulting. Ziel ist, «den Kunden von ersten strategischen Überlegungen bis zur Implementierung» begleiten zu können, so Ginni Rometty, die weltweit die neue BCS Unit verantwortet.

Auch Hubertus M. Mühlhäuser, Managing Director bei der Arthur D. Little (ADL) Schweiz AG, zeigt sich zufrieden über die IT-Kompetenz im eigenen Haus. Wie PwC erhielt ADL ebenfalls 2002 eine technologieorientierte Mutter – die Altran-Gruppe aus Paris. Mühlhäuser kann nun problemlos auf diesen Verbund zurückgreifen, wenn seine Kunden ein diffiziles IT-Problem drückt.

Die auf diese Weise erweiterten Kompetenzen sorgen bei den Anwendern offenbar für einen Vertrauensschub: Mehr und mehr Unternehmen entschliessen sich zu einem Business Transformation Outsourcing. Das ist, glaubt IBM-Spitzenmanagerin Rometty, «die wahrscheinlich vielversprechendste Geschäftschance» ihrer neuen Business Unit. Anders als beim schon länger gebräuchlichen Business Process Outsourcing versucht der Dienstleister den übernommenen Geschäftsprozess IT beim kompletten Reengineering massiv effizienter zu betreiben.

Jüngst entschloss sich sogar ABB zu diesem Schritt. Ende Juli lagerte sie fast 90 Prozent ihrer Informationssystem-Infrastruktur an IBM aus. Mehr als 1200 ehemalige ABB-Mitarbeiter weltweit, davon rund 110 in der Schweiz, stehen seither auf der IBM-Gehaltsliste. Peter Voser, ABB-Finanzchef, verspricht sich von der Massnahme «beträchtliche Kosteneinsparungen».

So weit musste es ja kommen: Die jahrelangen Diskussionen über neue Dienstleistungen, E-Commerce, Strukturen und hehre Strategien, über Selbst- und Kundenverständnis und über die Verquickung von Unternehmensstrategie und IT, das alles interessiert den Kunden sehr wenig. Wichtig ist einzig der niedrigste Preis. Brutaler kann Normalität nicht sein.

«IT verändert immer auch Geschäftsprozesse»
In vielen KMU löst das Stichwort IT grosse Verunsicherung aus. Peter van Herpen, Leiter der HP Consulting & Integration, nennt wichtige Erfolgsfaktoren.


In vielen Firmen macht sich Ernüchterung breit, weil man sich bei IT-Projekten massiv verkalkuliert hat. Die Kosten sind nicht unter Kontrolle, der Veränderungsbedarf bei den Abläufen wurde gewaltig unterschätzt, und der versprochene Return on Investment verschiebt sich auf ungewisse Zukunft.


Was ist also zu tun, damit IT-Applikationen Gewinn bringend eingesetzt werden können? Hier einige wichtige Erfolgsfaktoren:


1. Was kann unser IT-System?


Zur Beantwortung dieser Frage braucht es eine Grobanalyse der bestehenden Geschäftsabläufe und der bestehenden IT-Infrastruktur. Vielerorts hat die IT nämlich hemmungslos gewuchert und ist nicht geplant gewachsen. Ineffizienz und Pannen sind dann programmiert. Renommierte IT-Anbieter und gute Beratungshäuser bieten heute in der Regel standardisierte Gratis-Checks für eine erste Standortbestimmung an. Dabei wird die IT-Struktur meist mittels Fragebögen erfasst. Natürlich wollen die Anbieter mit Ihnen ins Geschäft kommen und erfragen auch die Servicequalität, die internen Abläufe und Ihre Zufriedenheit mit dem Kosten-Nutzen-Verhältnis. Holen Sie auf jeden Fall eine Zweit- oder Drittmeinung ein.


2. Wie können wir unsere IT-Effizienz steigern?


Viele Firmen kranken noch an selbst gezüchteten «IT-Subkulturen». Je mehr verschiedene Systeme eingesetzt werden, desto anspruchsvoller wird ihr Unterhalt, ihre Wartung und Weiterentwicklung. Das spricht eindeutig für eine Standardisierung.


3. Wer ist für die IT zuständig?


IT ist Chefsache. Die Geschäftsleitung muss die Rolle der IT im Unternehmen definieren: Hat die IT eine rein interne Bedeutung, oder wollen Sie Ihre Produkte und Dienstleistungen etwa über E-Commerce vertreiben? Planen Sie, Teile Ihrer IT outzusourcen? All dies bestimmt Ihre IT-Strategie, die IT-Strukturen, aber auch die IT-Zuständigkeit im eigenen Unternehmen.


4. Was hat Priorität – Geschäftsprozesse oder IT-Prozesse?


Beide sind gleich zu gewichten. Das heisst: Nur wenn die Verantwortlichen von Business-Management und jene von IT-Management sich gegenseitig akzeptieren und am gleichen Strick ziehen, stehen Unternehmensstrategie und IT-Strategie kohärent zueinander. Erfolgreiche IT-Projekte werden interdisziplinär geführt. IT-Spezialisten und Fachleute anderer Disziplinen arbeiten eng zusammen.


5. Müssen wir unsere Abläufe anpassen?


Softwarelösungen gehen in der Regel von konkret definierten Abläufen aus. In KMU-Betrieben besteht oft wenig Klarheit darüber, wie Strukturen und Abläufe zu optimieren sind. Sie sollten sich frühzeitig mit dieser Thematik auseinander setzen und eventuell einen externen Berater beiziehen.


6. Wie gehen wir bei der IT-Einführung richtig vor?


Entscheidend ist die Planungsphase. Gewichten Sie die Planungskosten immer hoch. So haben Sie die Gewähr, dass Sie eine ausgereifte und für Ihre Bedürfnisse passende Lösung implementieren.


7. Wie finden wir den richtigen Berater?


Die wenigsten KMU verfügen über genügend eigene Ressourcen, um IT-Projekte abzuwickeln. Also brauchen sie zunächst eine beratende Unterstützung. Wie trennen Sie bei der Beratersuche die Spreu vom Weizen? Wichtig sind interdisziplinäre Kompetenzen und Erfahrungen, hohes Fachwissen, Kenntnisse der Kundenbranche, erstklassige und präzise Referenzen und ein effektives Projektcontrolling.


8. Wie können wir Widerstände gegen eine neue IT-Lösung im Unternehmen vermeiden?


IT verändert immer auch die Geschäftsprozesse eines Unternehmens. Diese Veränderungen müssen aber von den Mitarbeitern verstanden und akzeptiert werden. Versuchen Sie also, die Mitarbeiter so früh wie möglich mit einzubeziehen und sie zum Mitmachen zu gewinnen.


9. «Wie können wir uns gegen Flops absichern?»


Support und Garantien müssen frühzeitig und eindeutig festgelegt werden. Die Qualität einer Lösung zeigt sich meist erst im produktiven Betrieb. Achten Sie also darauf, dass Sie Support und Garantien mit entsprechender Laufzeit vereinbaren.