Und plötzlich reden alle wieder über den Telekom-Markt. Die Swisscom will für die stolze Summe von 8 Milliarden Euro – offenbar hat sie die Konkurrenz grosszügig überboten – Vodafone Italien übernehmen und dort zu einem mächtigen Player werden.

Mal davon abgesehen, ob der Preis stimmt: Industriell scheint das aufzugehen. Schon heute ist der Schweizer Telekom-Riese in Italien aktiv über seine Tochtergesellschaft Fastweb, die im Festnetzgeschäft mit Internet und Fernsehen unterwegs ist. Und das durchaus erfolgreich. Nachdem Fastweb nach dem Erwerb 2007 lange als Fehlkauf bezeichnet wurde, gehört es heute zu einer Stütze des Swisscom-Geschäfts. Das Mobilfunkgeschäft von Vodafone würde das gut ergänzen. 

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Und ja, die Expansion im Ausland macht auch Sinn, weil die Swisscom auf Cash sitzt, das sie in der Schweiz mit ihrer dominanten Stellung und immer wieder Weko-triggerndem Marktverhalten verdient hat. Und das sie hierzulande offenbar kaum noch einzusetzen vermag. Der eigentliche Telekom-Markt wächst kaum noch, die drei Anbieter Swisscom, Sunrise und Salt buhlen um die immer gleichen Kunden und Kundinnen. Und wirklich neue Ideen für den Heimmarkt hat die Swisscom keine mehr. Die letzten grossen Innovationen waren der Einstieg ins Fernsehgeschäft und der Umstieg auf Glasfaserhausanschlüsse vor bald zwanzig Jahren.

Doch Auslandexpansionen und Swisscom sind ein spezielles Thema. Wer die Branche länger verfolgt, erinnert sich: Da war doch was! Nicht nur hatte sich die Swisscom einst in Deutschland die Finger verbrannt, auch wurde sie später politisch ausgebremst, nachdem sie in gefühlt jedem zweiten europäischen Land um Beteiligungen mitgeboten hatte.

Der Reihe nach: 1999 expandierte die Swisscom nach Deutschland und übernahm die dortige Debitel, um im Markt um Mobilfunklizenzen mitbieten zu können. Die Auktion lief aus dem Ruder, Debitel stieg aus und blieb Wiederverkäuferin. 2004 stieg die Swisscom nach Wertberichtigungen von insgesamt 3 Milliarden Franken wieder aus.

«Es ist nicht Aufgabe eines Schweizer Unternehmens, das zwar börsenkotiert, aber dennoch mehrheitlich vom Bund kontrolliert ist, in ausländischen Märkten mitzumischen.»

Danach: Interesse an Netzbetreibern unter anderem in Österreich und Tschechien. Als die Swisscom dann 2005 die irische Grundversorgerin Eircom kaufen wollte, wurde die Politik aktiv. In letzter Minute verbot der Bundesrat die Übernahme. Seither gibt es ein explizites Verbot, sich an ausländischen Grundversorgungsunternehmen zu beteiligen. Und das zu Recht.

Es ist nicht Aufgabe eines Schweizer Unternehmens, das zwar börsenkotiert, aber dennoch mehrheitlich vom Bund kontrolliert ist, in ausländischen Märkten mitzumischen. Fastweb konnte man legitimieren, weil die Swisscom über die digitalaffine Tochter viel Know-how einkaufen konnte, das sie selbst nicht hatte. Doch bei der Beteiligung an Vodafone Italien geht es um etwas anderes: Damit soll das Nachbarland zu einem starken, zweiten Kernmarkt werden. Und das ist sicher nicht Aufgabe eines faktischen Staatskonzerns.

Soll die Swisscom also vom Kauf zurücktreten? Nicht unbedingt. Wenn der Vodafone-Deal für das Unternehmen sinnvoll ist, dann soll es ihn auch abschliessen. Allerdings nur mit einem Versprechen seines Eigentümers: endlich die volle Privatisierung durchzuführen.

Die Public-Private-Partnership der Swisscom ist ein unsäglicher Zwitter. Nicht nur sitzt der Staat bei diesem privatwirtschaftlich operierenden Börsenkonzern im Beifahrersitz und damit in einer Mithaftung. Auch verzerrt die Konstellation den Markt auf eine grauenhafte Weise, wie die vergangenen Jahre immer wieder gezeigt haben.

Auch wenn es niemand zugeben will: Die Swisscom hat den direkten Draht in die Politik. Die Kombination aus Grundversorgungsauftrag und Dividenden an den Staat hält Bundesbern gefügig. Es wäre an der Zeit, das endlich aufzutrennen, die Swisscom in die unternehmerische Freiheit zu entlassen und gleichzeitig den Staat aus seiner Verantwortung zu nehmen.

Nicht zuletzt würde ein Verkauf der 51-Prozent-Beteiligung an der Swisscom auch Geld in die Staatskasse spülen, das für volkswirtschaftlich oder politisch Sinnvolleres eingesetzt werden kann als für eine Beteiligung an einem italienischen Telekom-Unternehmen. Die Zeiten, als die Staatskontrolle vermeintlich nötig war, um auf die Zahl der Telefonkabinen oder die Festnetzanschlüsse in abgelegenen Regionen Einfluss zu nehmen, sind definitiv vorbei.