Die Rettung für den seit Jahren kriselnden Schweizer Modehändler Charles Vögele soll aus Italien kommen. Richten sollen es nach dem Willen des Verwaltungsrates die Sempione Retail bestehend aus dem italienischen Modekonzern OVS und zwei Investoren. Charles Vögele befindet sich seit Jahren in der Krise. Letztmals einen Gewinn eingefahren hat der Modekonzern mit dem Billigimage 2010. In den vergangenen fünf Jahre häuften sich Verluste von fast 340 Millionen Franken an. Im vergangenen Geschäftsjahr lag der Verlust bei 62 Millionen Franken.

Übernahmegerüchte um Vögele kursierten daher in den vergangenen Jahren immer wieder. Das Management versuchte auch regelmässig unter anderem mit Filialschliessungen und einem neuen Firmenauftritt das Ruder herumzureissen. Eine Trendwende stellte sich aber nicht ein, wie auch der kürzlich veröffentlichten Halbjahresverlust 2016 von 32 Millionen Franken beweist.

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Tiefer Taucher der Aktie

Überdeutlich lässt sich der Wertverlust des Unternehmens am Aktienkurs ablesen. 2011 lag dieser noch bei fast 70 Franken, aktuell wird die Vögele-Aktie noch bei 6,40 Franken gehandelt. Die Sempione Retail biete in ihrem am Montag bekannt gegebenen öffentlichen Kaufangebot einen Angebotspreis von 6,38 Franken pro Aktie. Sollten alle Aktien angedient werden, würde dies einem Kaufpreis von rund 56 Millionen Franken entsprechen. Das Angebot steht unter der Bedingung einer Mindestkontrollquote von 70 Prozent.

Der Verwaltungsrat empfiehlt den Aktionären die Annahme des Angebots. Vögele-Verwaltungsratspräsident Max Katz stellte in der Medienmitteilung fest, dass der Modekonzern in den letzten Jahren wesentliche Fortschritte im Turnaround verzeichnet habe. Im Hinblick auf die aktuelle Marktentwicklung und die Bereinigung des gesamten Textilmarktes könne durch die Übernahme der Turnaround und eine Rückkehr zur Profitabilität beschleunigt werden.

Läden werden in OVS umgetauft

Sollte der italienische Modekonzern OVS Charles Vögele übernehmen können, wird der Name Charles Vögele verschwinden. Die Umbenennung und die Umgestaltung der Läden soll bis 2018 abgeschlossen sein.

Die Charles-Vögele-Läden werden künftig den Namen OVS tragen. «Wir werden bis im Sommer 2017 einen erster Teil der Charles Vögele-Läden umbenannt und umgestaltet haben», sagte OVS-Chef Stefano Beraldo an einer Medienkonferenz in Zürich. Anfang 2018 soll dann die Integration des Schweizer Modekonzerns in OVS abgeschlossen sein.

Marke ist belastet

Die Abkehr von der Traditionsmarke erklärte Charles Vögele Verwaltungsratspräsident Max E. Katz mit der Vergangenheit. Durch die anhaltenden Schwierigkeiten des Unternehmens sei die Marke belastet, sagte er. Beraldo behielt sich dabei vor, den Namen Charles Vögele allenfalls doch noch länger bestehen zu lassen, sollte die Umbenennung wider Erwarten nicht erfolgreich sein.

Keine genaueren Angaben konnte beiden Manager zu den Auswirkungen der Übernahme auf den Personalbestand machen. Klar sei einzig, dass der Personalbestand am Hauptsitz eine Reduktion erfahren werde, sagte Katz. Über den Umfang etwas zu sagen, sei jedoch noch zu früh.

Börse reagiert erfreut

Die Anleger reagierten am Montag wohlwollend auf das Angebot – obwohl die offerierte Prämie nur gut zwei Prozent über dem Schlusskurs vom Freitag liegt. An der Börse stieg die Charles-Vögele-Aktie bis kurz nach 11 Uhr um 2,08 Prozent auf 6,38 Franken.

Die Übernahmeprämie wird von ZKB-Analyst Marco Strittmatter zwar als «mager» bezeichnet. Dennoch sei das Kaufangebot – auch für die Aktionäre – wohl ein «letzter Ausweg» bei Charles Vögele. Positivere Worte findet der Vontobel-Analyst René Weber. Er begrüsst, dass eine Lösung für den Modekonzern gefunden werden konnte und bezeichnet das Angebot als fair. Das öffentliche Angebot sei «die beste Lösung, die Charles Vögele erhalten kann».

Schwierige Rahmenbedingungen

Für Charles Vögele haben sich nach eigenem Bekunden durch die Aufhebung des Euro-Mindestkurses im letzten Jahr die Rahmenbedingungen im wichtigsten und einzig profitablen Markt Schweiz drastisch verschärft.

Auch im europäischen Textilmarkt intensivierten sich Wettbewerb und Preisdruck in den letzten Jahren deutlich. Anfang Juni hatte Charles Vögele denn auch den Rückzug aus dem belgischen Markt angekündigt. Das 1999 gestartete Geschäft mit 41 Filialen und 210 Beschäftigten hatte nie operative Gewinne geschrieben. Bereits 2013 zog sich das Modehaus aus Tschechien und Polen zurück.

OVS will international expandieren

OVS-Konzernchef Stefano Beraldo erklärte am Montag, dass sich für OVS, dank attraktiver Standorte von Vögele vor allem in der Schweiz und Österreich, eine einmalige Gelegenheit biete, die internationale Expansion zu beschleunigen. Hauptkundengruppen beider Unternehmen sei die Familie.

Im Geschäftsjahr 2015 erzielte die an der italienischen Börse kotierte OVS einen Nettoumsatz von 1,3 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Charles Vögele erwirtschaftete 2015 einen Umsatz von gut 0,8 Milliarden Franken.

(sda/ccr)

Seit der Aufhebung des Euromindestkurses sei die Situation zunehmend schwierig geworden, begründet der VR-Präsident Max E. Katz im Videointerview die Empfehlung an die Aktionäre für die Annahme des Angebots. Der angebotene Preis sei für beide Seiten «fair» und die geringe Prämie sei auch auf Spekulationen im Vorfeld des Kaufangebots zurückzuführen. Weiter spricht Katz zur den geprüften Alternativen und kommentiert das voraussichtliche Verschwinden der Marke Charles Vögele.