Mehr als ein Drittel der Berufspiloten fliegt immer noch nicht für den Lebensunterhalt, zeigt eine weltweite Umfrage, über die die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet. Die Daten belegen den anhaltenden Schaden, den das Coronavirus in der Branche angerichtet hat, während die Krise in ihr drittes Jahr geht.
Airlines hatten vielen Mitarbeitenden, auch im Cockpit, gekündigt. Mittlerweile gerieten manche Airlines aber auch unter Druck, weil sie zu viele Mitarbeitende entlassen hatten und plötzlich das Personal fehlte, als die Nachfrage nach Flugreisen wieder anzog.
Nur noch zwei Drittel in ihrem Beruf tätig
Dennoch ergab die Pilotenumfrage, dass nur noch 62 Prozent der Pilotinnen und Piloten in ihrem Beruf tätig sind, 20 Prozent sind arbeitslos. Etwa 6 Prozent sind gemäss der Umfrage beurlaubt, die unter 1743 Berufspiloten vom britischen Unternehmen Goose Recruitment und FlightGlobal durchgeführt wurde.
Die Ergebnisse zeigen zwar eine Verbesserung gegenüber dem vergangenen Jahr, als die meisten Piloten nicht flogen, aber die Umfrage war durchgeführt worden, bevor die Omikron-Variante zu weiteren Störungen führte. Die jüngste Umfrage ergab auch eine wachsende Unzufriedenheit innerhalb des Berufsstandes, was eine langfristige Erholung der Luftfahrt untergraben könnte.
Rund 55 Prozent der befragten Pilotinnen und Piloten gaben an, dass sie jungen Menschen den Beruf nicht empfehlen würden, fast doppelt so viele wie vor der Pandemie, während 56 Prozent angaben, dass sie in den nächsten zwölf Monaten einen Berufswechsel in Erwägung ziehen.
«Für viele bleibt die Situation düster», hiess es in einer Mitteilung von Goose und FlightGlobal. «Die Arbeitsplatzunsicherheit ist gross und das Vertrauen gering.»
Bei der Swiss wurden keine Pilotinnen und Piloten entlassen
Und wie sieht die Lage für die Pilotinnen und Piloten bei der grössten Airline der Schweiz, der Swiss, aus? Dort mussten Hunderte Mitarbeitende, auch beim Kabinenpersonal, das Unternehmen bereits verlassen.
Roman Kälin, Sprecher des Pilotenverbands Aeropers, sagt: «Bei der Swiss wurden keine Pilotinnen und Piloten entlassen. Allerdings wurde das Instrument der Kurzarbeit angewandt, das Arbeitspensum im Jahr 2022 wird zum Teil reduziert, ausserdem gab es Frühpensionierungen.»
Vollbeschäftigung auf Langstreckenflügen
So herrsche auf der Langstreckenflotte der Swiss, wo die Boeing 777-300 im Einsatz sind, nahezu Vollbeschäftigung, was Pilotinnen und Piloten angehe. «Auch die A220-Flotte ist sehr gut ausgelastet, mit Blick auf die restliche Airbus-Flotte gibt es aber einen kleinen Teil der Piloten und Pilotinnen, die für einen längeren Zeitraum nicht geflogen sind, die werden nun aber zunehmend reaktiviert», sagt Kälin.
In der Krise wurde auch debattiert, ob Piloten der Swiss Lokführer werden sollten. «Das Angebot für Piloten und Pilotinnen, als Lokführer zu arbeiten, wurde nicht wahrgenommen. Die Ansprüche und Wünsche der Bahnbetreiber und der Airlines gehen diesbezüglich zu weit auseinander», so Kälin.
Derweil ringen Swiss und Aeropers um einen neuen Gesamtarbeitsvertrag (GAV): «Die Swiss und Aeropers sind weiterhin in Verhandlungen um einen neuen GAV, zum aktuellen Stand können wir derzeit keine Auskunft geben.» Der bisherige GAV läuft noch bis Ende März 2022, Kündigungen sind laut dem laufenden Vertrag bis Ende 2023 ausgeschlossen.
Streitpunkt Impfung
In Bezug auf Impfungen sprachen sich 68 Prozent der Befragten in der Umfrage dafür aus, dass die doppelte Dosis für Piloten obligatorisch sein sollte. In Nordamerika ist die Zahl mit 57 Prozent niedriger, wo 20 Prozent der Pilotinnen und Piloten immer noch nicht vollständig geimpft sind, obwohl mehrere Fluggesellschaften dies zur Voraussetzung für eine Anstellung machen, so die Meinungsforscher.
Auch bei der Swiss ist das Impfthema höchst relevant. Die Airline bestätigt, dass wegen ihres Impfobligatoriums den ersten Mitarbeitenden gekündigt worden sei.
Mit Blick auf die Umfrage ist aber auch positiv zu vermerken, dass 60 Prozent der Befragten glauben, dass die Branche innerhalb von zwei Jahren wieder das Vorkrisenniveau erreichen wird. Allerdings ist fast ein Viertel der arbeitslosen Piloten «überhaupt nicht» zuversichtlich, wieder ins Cockpit zurückkehren und fliegen zu können.
Immerhin: Hierzulande hat sich der Luftverkehr im vergangenen Jahr leicht erholt. Die Flugbewegungen im Luftraum über der Schweiz und in den von Skyguide verwalteten und überwachten Gebieten hätten um 30 Prozent zugelegt, teilte Skyguide am Donnerstag mit. Die Flughäfen Genf und Zürich hätten 18 Prozent mehr Starts und Landungen als im Vorjahr verzeichnet.
(mit Material von Bloomberg)